Wie Sommerregen in der Wueste
stützte sich mit einer Hand auf den Tisch auf. Erst jetzt erkannte sie, dass sie sich geirrt hatte. Es lag doch Wut in seinem Blick und ein fast aggressives Begehren. Aber als er dann sprach, war seine Stimme sanft.
»Offensichtlich haben wir einen weiteren Bezugspunkt, Rotschopf.« Er öffnete die Tür. »Wir sehen uns um sieben.«
Mindestens ein halbes Dutzend Mal an diesem Abend begann Amy mit einer plausiblen Erklärung im Kopf die Nummer von Craigs Hotel zu wählen. Doch jedes Mal legte sie wieder auf. Sie wollte sich Craig gegenüber nicht als Feigling offenbaren.
Ich bin verpflichtet zu gehen, erinnerte sie sich selbst, als sie erneut ihren Kleiderschrank durchforstete. Es war nichts weiter als ein geschäftliches Treffen. Es galt, Barlow zu zeigen, wie gut sein Architekt und seine Ingenieurin einen geselligen Abend gemeinsam meistern konnten.
Als es an der Tür läutete, sah Amy auf ihre Uhr und stöhnte entnervt auf. Über ihre inneren Kämpfe hatte sie ganz die Zeit vergessen und war nicht einmal angezogen. Sie zog den Gürtel ihres Bademantels fest und öffnete.
Craig musterte sie in ihrem kurzen Bademantel von oben bis unten und lächelte herausfordernd. »Nettes Kleid.«
»Ich habe mich verspätet. Geh schon ohne mich vor.«
»Ich warte.« Ohne Aufforderung trat er ein und sah sich um.
Sie mochte eine Frau sein, die präzise mit Zahlen umzugehen verstand, doch sie lebte in einem Chaos. Bunte Kissen lagen verstreut über einer verblichenen Couch, Zeitschriften stapelten sich auf einem nicht zur übrigen Einrichtung passenden Stuhl. Für jemand, der davon lebte, Zahlen und Zeichnungen in Bauten und Formen zu übertragen, mangelte ihr wirklich das grundsätzliche Gespür für Gestaltung – oder sie machte sich nichts daraus. Über allem lag eine ansehnliche Staubschicht, mit Ausnahme einer Sammlung von Kristallen, die im Fenster hingen und das letzte Licht des Abends auffingen.
Das, mehr als alles andere im Raum, verriet ihm, dass Amy nur wenig Zeit hier verbrachte, aber auf das, was ihr wichtig war, achtete.
»Es dauert nicht lange«, meinte Amy. »Wenn du etwas trinken möchtest, die Küche ist gleich dort.«
Sie verschwand und zog die Schlafzimmertür fest hinter sich ins Schloss. Himmel, Craig sah umwerfend aus! Es war ungerecht, dass er so sexy, so selbstbewusst, so hundertprozentig perfekt daherkam. In seinen Arbeitssachen war er schon unverschämt attraktiv, aber in diesem cremefarbenen Jackett, das seine sonnengebräunte Haut besonders betonte, wirkte er einfach unwiderstehlich. Wie sollte sie seiner Anziehungskraft widerstehen, wenn er sich ihr jedes Mal noch attraktiver zeigte?
Vergiss es, dachte sie, als sie ihren Schrank in Augenschein nahm. Sie würde schon mit Craig fertig werden.
Craig fand in ihrer Küche die gleiche Unordnung wie im Wohnzimmer vor. Ganz offensichtlich war Amy keine Frau, die viel Zeit am Herd verbrachte. Die Tatsache, dass eine Keksdose und eine Packung Beuteltee auf zwei Herdplatten standen, machte das überdeutlich.
Im Kühlschrank entdeckte er eine Flasche Wein, eine Dose mit Erdnussbutter und ein einsames Ei. Ein Blick in den Schrank offenbarte zwei nicht zusammenpassende Weingläser und die Taschenbuchausgabe eines bekannten Krimis.
Craig nahm einen Schluck Wein und schüttelte den Kopf. Hoffentlich konnte er ihr einmal etwas über die Qualität von Wein beibringen. Beide Gläser nahm er mit hinüber ins Wohnzimmer und lauschte auf die Geräusche, die von nebenan aus dem Schlafzimmer kamen. Offensichtlich suchte Amy etwas und zog dafür jede einzelne Schublade heraus.
»Ich habe uns Wein eingegossen«, rief er hinüber. »Willst du deinen?«
»Nein – ja, verdammt.«
»Ich halte mich ans Ja.« Craig ging zur Tür und öffnete sie.
Große schlanke Frauen in schwarzen Kleidern haben doch etwas Unwiderstehliches an sich, dachte Craig. Das Kleid war vorn tief ausgeschnitten. Die paillettenbesetzte Borte um den Ausschnitt wiederholte sich am Saum, der über dem Knie endete. Craigs Blick fiel auf lange, schlanke, in hauchzarten dunklen Strümpfen steckende Beine. Doch mit dem Verschluss hatte Amy Probleme. Sie kämpfte mit Haken und Ösen.
»Irgendetwas hat sich verklemmt.«
Craig trat über schwere Arbeitsstiefel und schwarz glänzende, hochhackige Sandaletten hinweg, die aus nichts als nur ein paar Lederriemchen zu bestehen schienen.
»Sie entwerfen diese Dinger so, dass man sich regelrecht hinein- und wieder hinauskämpfen muss.«
»Ja.« Er gab
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