Wie Tau Auf Meiner Haut
zerstören.
Kris drückte die Gläser heraus und gab Grace das Gestell zurück. Grace setzte es
auf ihre Nase und betrachtete sich im Rückspiegel. Von nahem konnte man gut
sehen, dass keine Gläser in dem Gestell waren, eine Überwachungskamera aber
würde es nicht erkennen können.
»Wir hätten das wirklich besser ausspionieren sollen und uns unsere eigenen
Uniformen kaufen sollen«, bemerkte sie und zuckte mit den Schultern. »Aber
vielleicht geht es ja auch so. «
Es ging tatsächlich so.
Kris kam mit vor Aufregung und von der Kälte gerötetem Gesicht wieder zum
Transporter zurück. Keuchend stieg er ein, und seine Brillengläser beschlugen
sofort. Er nahm sie ab und hielt sie vor das Heizungsgebläse, während er sie
kurzsichtig angrinste. »Eine Kamera gibt es«, meldete er atemlos. »Aber es ist
keine richtige Überwachungskamera. «
»Woher willst du das wissen? «
»Ich habe sie ausprobiert. «
»Kris! «
»War kein Problem. Sie ist in einer Ecke angebracht, wo sie den
Dienstboteneingang abdeckt. Ich bin an dem Gebäude entlanggegangen und
habe mich außerhalb ihres Reichweitekegels aufgehalten. Von der Kamera gingen
keine Kabel ins Gebäude zurück. Und was noch besser ist... « Er hielt feixend
inne.
»Was denn? « drängte sie ungeduldig, als er die Pause zu lange ausdehnte. Er
lachte begeistert auf.
»Die Tür steht sperrangelweit offen! «
Also konnte Parrish und der Stiftung nicht das ganze Gebäude gehören, dachte
Grace.
»Es ist eine von den Türen, die sich jedes Mal selbst verriegeln, wenn sie
zugehen«, erklärte Kris. »Die Dienstboten werden es wohl satt haben, die Tür
ständig wieder aufzuschließen, also haben sie eine Gummimatte in die Tür
gelegt, damit sie nicht zugehen kann. «
Dass den Leuten immer etwas einfiel, um es sich ein wenig bequemer zu
machen. Mit dieser einen kleinen Änderung hatten sie das ganze
Sicherheitssystem des Gebäudes außer Kraft gesetzt.
»Wir brauchen Uniformen. «
Er strahlte sie triumphierend an. »Vor der Tür steht ein riesiger Laster. Ich habe
ihn mir mal angesehen. Die vorderen Türen sind verschlossen. Eine Stahlwand
trennt den vorderen Bereich von dem Rest des Wagens, vermutlich, um die
hinteren Türen ungehindert offen stehen zu lassen. Jedenfalls liegt im hinteren
Teil jede Menge Zeugs, unter anderem auch ein paar schmutzige Overalls. « Er
setzte sich die Brille wieder auf. »Was brauchen wir mehr? « Da hatte er recht,
mehr brauchten sie weiß Gott nicht.
Die Kamera am Dienstboteneingang war keine Überwachungskamera, die im
Hauptgebäude jedoch schon. Parrish beobachtete, wie zwei Putzkräfte die Tür
aufstießen. Er hatte ein wenig die Stirn gerunzelt, als die erste Truppe die Matte
in die Tür gelegt hatte. Aber im Augenblick kam ihm die geöffnete Tür sehr
entgegen. Sie würde Grace das Eindringen erleichtern, falls sie auf das
Lockmittel hereinfallen sollte. Sowie sie allerdings das Gebäude betreten hatte,
würde er eine neue Reinigungsfirma mit der Arbeit betrauen. Die Stiftung selbst
hatte natürlich viel strengere Sicherheitsvorkehrungen, aber dennoch durfte man
solch schluderhaftes Verhalten nicht entschuldigen.
Die beiden trugen Werkzeugkästen und hatten um ihre weiten Overalls
Werkzeuggürtel geschnallt. Die eine war eine dünne Frau, die eine hässliche
Baseballkappe auf ihr hässliches, blondes Kraushaar gestülpt hatte. Riesige
Brillengläser dominierten ihr Gesicht. Der Mann war groß, dicklich und
ungeschickt. Er trug Handschuhe und eine merkwürdige Fellkappe mit
Ohrenklappen. Er schien nicht so recht zu wissen, wohin er gehen sollte. Die Frau
führte ihn das kurze Stück Flur bis zum Aufzug.
Die beiden interessierten ihn nicht. Er hielt fieberhaft nach der kleinen Maus
Ausschau, die hoffentlich auf sein Lockmittel hereinfallen würde. Vielleicht wollte
sie ja auch gar nicht kommen. Wenn sie ihn hatte schießen sehen, dann würde
sie sicherlich nicht in seiner Nähe sein wollen, außer wenn sie sich rächen wollte.
Er war sich jedoch sicher, dass Grace niemanden umbringen konnte. Bei
bestimmten Menschen konnte er den Killerinstinkt förmlich spüren. Bei Conrad
zum Beispiel, nicht aber bei Grace. Auf der anderen Seite hatte sie ihn und auch
alle anderen damit überrascht, dass sie sowohl die Polizei als auch seine besten
Männer acht Monate lang an der Nase herumgeführt hatte. Sie hatte sich als
ungewöhnlich einfallsreich erwiesen. Wenn sie nicht in der
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