Wie Tau Auf Meiner Haut
den Kopf. »Glaubst du immer
noch, dass sie wegen der Papiere in deinem Besitz hinter dir her sind? «
»Ich weiß, dass es so ist. « Sie starrte aus dem Fenster, das von ihrem Atem
langsam beschlug. »Ich habe diese Dokumente übersetzt, und ich weiß genau,
warum er sie haben will. «
Kris ballte seine Hände zu Fäusten und blickte auf ihr zartes Profil. Er wollte sie
irgendwohin mitnehmen und ihr etwas zu essen kaufen. Er wollte eine Decke um
sie schlingen, er wollte... er wollte irgendwo rein schlagen. Sie sah so
zerbrechlich aus. Ja, das war das richtige Wort: zerbrechlich.
Grace war immer schon ein ganz besonderer Mensch für ihn gewesen. Er hatte
sie fast sein ganzes Leben lang gekannt und hatte sich, seitdem er siebzehn war,
ein wenig in sie verliebt. Sie war stets nett zu ihm gewesen und hatte ihn, anders
als die anderen Erwachsenen, wie ihresgleichen behandelt. Grace war ein wirklich
guter Mensch, sie war klug und freundlich, und ihr Mund machte ihn ganz
schwindelig. Er hatte davon geträumt, sie zu küssen, sich dann aber nie getraut.
Es war zwar schofelig von ihm, aber als sie ihn gestern angerufen hatte, hatte er
wieder daran gedacht, sie zu küssen und sogar überlegt, dass das doch jetzt in
Ordnung sei, da Ford nicht mehr lebte. Aber als er sie jetzt ansah, wurde ihm
klar, dass niemals wieder etwas in Ordnung sein würde. Sie war still und traurig
und distanziert, und ihr Mund sah so aus, als ob er niemals wieder lächeln
würde.
Er riss sich von seinen Gedanken los und holte vom Rücksitz einen
Computerausdruck hervor. »Hier«, sagte er und legte ihn ihr in den Schoss.
Vielleicht konnte er sie niemals küssen, aber er würde alles tun, um ihr zu
helfen. »Das ist der Bauplan vom Stiftungsgebäude. «
Grace legte ihre Sonnenbrille auf das Armaturenbrett. »Wo hast du denn den
her? « fragte sie überrascht und blätterte durch die Seiten.
»Nun, das Gebäude ist relativ neu. Eine Kopie des Plans war bei der
Stadtverwaltung zu bekommen, vermutlich wegen irgendwelcher Notfälle oder
so. «
Sie blickte ihn von der Seite an. »Du bist also zur Stadtverwaltung gegangen und
hast dir dort eine Kopie geben lassen? «
»Nicht ganz. Ich habe ihn aus ihren Computern herausgefischt. «
»Hoffentlich ohne Alarm auszulösen. «
»Also bitte«, rügte er sie. »Es war ein Kinderspiel. « Sie sollte ihn dafür nicht
tadeln, denn schließlich war sie es, die ihn dazu aufforderte, ein noch viel
gefährlicheres Verbrechen als Computerhacken zu begehen. »In den
Stiftungscomputer zu gelangen wird nicht ganz so einfach sein«, warnte sie.
»Nein, aber ich habe mir schon einen Plan gemacht. Deine Idee mit den
Reinigungskräften ist gut. Wir klauen uns zwei Arbeitsanzüge und gehen einfach
rein. Wir müssen nur in das Gebäude gelangen, in die Büros brauchen wir gar
nicht. Schau mal hier«, sagte er und deutete auf den Computerausdruck. »Hier
ist der Personalfahrstuhl. Damit fahren wir in das erste Kellergeschoss. Dort
gehen wir durch den Notausgang zur Elektronik. Ich klinke mich dann ins
System, ziehe mir eine sliste heraus, und danach sehen wir weiter. «
»Und was ist mit dem Alarm? «
»Nun, es ist ein in sich geschlossenes System, also werden sie sich um Hacker
keine Sorgen machen. Bestimmte Daten sind möglicherweise mit einem
Sicherheitscode versperrt, das System selbst jedoch nicht. Ich werde mich dann
um die kodierten Daten kümmern. «
Für ihn schien alles so einfach zu sein. Grace aber erwartete nicht, dass die
Stiftungsdaten so leicht zugänglich sein würden wie die der Stadtverwaltung.
Dazu war Parrish zu klug, und er hatte zu vieles, was er verstecken musste. »Es
muss irgendwo eine Liste der Passwörter für die kodierten Daten geben, aber die
könnte sonst wo sein. Vielleicht hebt Parrish sie bei sich zu Hause auf, oder sie
werden in einem Panzerschrank im Büro aufbewahrt. Da werden wir wohl nicht
herankommen. «
Er schüttelte grinsend den Kopf. »Du würdest dich wundern, wie viele Menschen
eine Liste mit Passwörtern in ihrer Schreibtischschublade aufbewahren. Wenn wir
sicher sind, dass alle nach Hause gegangen sind, sollten wir einmal einen Blick
dort hineinwerfen. «
»Einige der Passwörter kenne ich«, erwiderte sie. »Die werden wir als erstes
versuchen. « Ihr schauderte bei dem Gedanken, in die leeren Büros zu gehen,
um dann vielleicht zu entdecken, dass sie gar nicht leer waren, sondern dass
Parrish Überstunden machte.
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