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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Profis in ihrem Metier. Sie waren
    wohl kaum so nachlässig, Fingerabdrücke zu hinterlassen. Kein Nachbar würde
    sich an vor dem Haus geparkte fremde Autos erinnern, denn sie hatten ihre
    Wagen andernorts abgestellt und waren zu Fuß gekommen. Es gab weder
    Zeugen noch Beweise, die auf irgend jemand anderen als auf sie hinwiesen.
    Selbst wenn es ihr wie durch ein Wunder gelänge, die Polizei von ihrer Unschuld
    zu überzeugen, hatte sie noch keinen Beweis dafür, dass Parrish der Täter war.
    Sie hatte alles gesehen und konnte nichts beweisen. In der Logik der Polizisten
    hatte er nicht einmal ein Motiv gehabt, während gegen sie viele
    Verdachtsmomente sprachen. Welche Beweise hätte sie schon vorbringen
    können? Einen Haufen Papiere in verschiedenen Altsprachen, die sie noch nicht
    einmal entziffert hatte und die Parrish jederzeit von ihr einfach dadurch hätte
    erhalten können, dass er sie darum gebeten hätte?
    Es gab kein Motiv, jedenfalls keines, das sie hätte beweisen können. Wenn sie
    jedoch jetzt aufgab, dann würde Parrish die Dokumente bekommen und sie
    selbst ermordet werden. Dafür zumindest würde er sorgen. Er würde es so
    aussehen lassen, als habe sie sich erhängt. Oder aber eine Überdosis Rauschgift
    würde ihrem Leben ein Ende setzen, wobei die Frage, wie sie im Gefängnis an
    das Gift gekommen war, einen Skandal auslösen würde. Wie auch immer, für sie
    jedenfalls wäre das Ergebnis immer das gleiche. Sie musste am Leben bleiben,
    sie durfte der Polizei nicht in die Hände fallen. Das war ihre einzige Chance, wenn
    sie den Grund herausfinden wollte, warum Parrish die beiden Männer umgebracht
    hatte - und wenn sie sich an ihm rächen wollte. Um jedoch in der Freiheit
    überleben zu können, benötigte sie dringend Geld. Dazu wiederum musste sie
    den Geldautomaten benutzen, auch wenn das den Verdacht gegen sie weiter
    verstärken würde. Würde man ihr Geldguthaben einfrieren? Dafür wäre
    vermutlich eine richterliche Verfügung notwendig. Das wiederum bedeutete einen
    zeitlichen Vorsprung für sie, einen Vorsprung, den sie in diesem Moment gerade
    dabei war zu vergeuden, indem sie hinter einer Mülltonne versteckt die Zeit
    vertrödelte, anstatt endlich die Straße zu überqueren und soviel Geld wie möglich
    abzuheben.
    Doch sie fühlte sich benommen und unfähig, völlig normale Verrichtungen
    auszuführen. Die dreihundert Meter zum Automaten hätten ebenso gut hundert
    Kilometer sein können. Die schwarz glänzende Oberfläche des nassen Asphalts
    spiegelte die fast unwirklich verzerrten Lichter: die bunten Farben der

    Leuchtreklamen, das kalte Weiß der Straßenbeleuchtung, der ewig rot-gelb-
    grüne Wechsel der Ampel, die einen nicht vorhandenen Verkehr regelte. Um zwei
    Uhr morgens fuhr nur gelegentlich ein Auto vorbei. In den letzten fünf Minuten
    war nicht ein einziger Wagen hier entlanggefahren. Kein Mensch war zu sehen,
    also genau der richtige Zeitpunkt, um den Automaten zu benutzen. Doch sie
    hockte immer noch da, wobei die überhängende Dachtraufe und die schwere
    Mülltonne sie zumindest teilweise vor dem Regen schützten. Ihr Haar klebte am
    Kopf, die feuchten Flechten hingen schlaff und schwer auf ihrem Rücken. Ihre
    Kleider waren ebenfalls durchnässt, und obwohl es eine für Minneapolis
    ungewöhnlich warme Nacht war, hatte die klamme Feuchtigkeit ihrem Körper alle
    Wärme entzogen. Sie zitterte vor Kälte und drückte einen Müllbeutel gegen die
    Brust. Es war einer jener kleinen Beutel, wie man sie in den Abfallkörben
    öffentlicher Gebäude findet. Sie hatte ihn aus der öffentlichen Bibliothek
    mitgenommen. Der Computer und die wertvollen Papiere waren so gut
    geschützt. Als es zu regnen begonnen hatte, war sie um die Sicherheit der
    kostbaren Dokumente sehr besorgt gewesen. Der einzige Schutz, der ihr
    eingefallen war, war ebenjene Tüte. Möglicherweise war es keine besonders
    kluge Idee gewesen, die Bibliothek aufzusuchen. Schließlich war es ein öffentlich
    zugänglicher Ort, noch dazu einer, den sie regelmäßig aufsuchte. Andererseits,
    wie oft würde die Polizei schon in Bibliotheken nach Mordverdächtigen suchen?
    Parrish konnte sie durch den Gardinenschlitz hindurch jedenfalls nicht deutlich
    erkannt haben. Aber der Gedanke war nicht abwegig, dass sie diejenige war, die
    durch das Fenster hineingespäht und alles gesehen hatte. Bestimmt waren er
    und seine Männer auf der Suche nach ihr. Aber selbst wenn Ford ihnen gesagt
    hatte, dass sie in der

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