Wie Tau Auf Meiner Haut
angestrengt und blass, seine Augen merkwürdig ausdruckslos.
Grace trat einen Schritt vor und zählte noch vier weitere Leute.
Zunächst war da Ford, ebenso blass wie Bryant. Seine Augen aber funkelten vor
Wut, so wie sie es noch nie bei ihm gesehen hatte. Parrish stand, groß und edel,
mit seinen teuer gestylten blonden Haaren mit dem Rücken zum Fenster. Der
Mann, den sie vorhin schon gesehen hatte, stand neben ihm, ein weiterer lehnte
bewaffnet im Türrahmen. Seine Pistole hatte ebenso wie die von Parrish eine
Schalldämpfung. Der dritte Mann würde sicherlich genau wie die beiden anderen
auch bewaffnet sein. Sie konnte sich keinen Reim auf die Situation machen. Aber
eines war ihr vollkommen klar: Sie musste die Polizei holen. Sie konnte von den
Siebers aus anrufen. Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück.
»Geht jetzt ins Schlafzimmer, alle beide«, hörte sie Parrish sagen. »Und macht
keine Dummheiten, beispielsweise uns überrumpeln zu wollen. Ich habe keine
Ahnung, wie weh es tut, erschossen zu werden. Aber ich werde es demonstrieren
müssen, falls ihr nicht tut, was wir verlangen. «
Warum wollte er sie im Schlafzimmer haben? Sie hatte genügend mitbekommen,
um zu wissen, dass sie eigentlich hinter ihr her waren. Er schien sich wegen der
Dokumente, die sie dabei hatte, Sorgen zu machen. Wenn Parrish jedoch die
Dokumente haben wollte, dann brauchte er es ihr lediglich zu sagen. Schließlich
war er ihr Chef, und sie bearbeitete die Aufgaben, die sie von ihm aufgetragen
bekam. Es würde ihr das Herz brechen, die geheimnisvollen Dokumente wieder
abzugeben, aber sie hätte ihn nicht daran hindern können. Warum also hatte er
sie nicht einfach angerufen und sie aufgefordert, sie am nächsten Morgen
abzugeben? Warum war er mit einer Pistole bewaffnet zu ihr gekommen und
hatte auch noch zwei bewaffnete Kerle mit dabei? Darauf konnte sie sich einfach
keinen Reim machen.
Sie wollte schnell zu den Siebers rennen, ging aber so um das Haus, dass sie in
das Schlafzimmer blicken konnte. Sie wartete darauf, dass das Licht anging und
sie die Stimmen aus dem Schlafzimmer hören konnte. Dann erst merkte sie,
dass Parrish die beiden zu Bryants Schlafzimmer führte, das auf der anderen
Hausseite lag. Sie hatten das Haus so geteilt, dass Bryants Schlafzimmer
zusammen mit der Küche im hinteren Teil des Hauses lag. Parrish musste sie
also erst den vorderen Flur entlangführen, um zu der Verbindungstür zu Bryants
Teil zu gelangen. Erst dann konnten sie das Schlafzimmer erreichen.
So schnell sie konnte, lief Grace zurück, achtete allerdings darauf, vollkommen
im Schatten zu bleiben. Der Wasserschlauch lag wie eine dünne Schlange
zusammengerollt unter dem hervorstehenden Wasserhahn. Sie wich ihm aus,
ebenso einem großen Siebgitter, das einer der Männer gegen die Hauswand
gelehnt hatte. Dies war ihr Zuhause. Sie kannte alle seine Eigenheiten, die
kleinen Fallen für den Unaufmerksamen. Sie wusste, welche der Dielen knarrten,
sie kannte die Risse in der Decke und die Wurzelknollen im Garten.
Aus Bryants Schlafzimmer schien bereits Licht. Mit an die Wand gepresstem
Rücken ging sie seitlich weiter, bis sie direkt neben seinem Fenster stand.
Langsam drehte sie ihren Kopf gerade so weit, dass sie in das Zimmer
hineinsehen konnte.
Einer der Männer trat auf das Fenster zu. Grace riss ihren Kopf zurück und blieb
regungslos stehen. Sie wagte noch nicht einmal Luft zu holen. Er zog die
Gardinen vor das Fenster, so dass jetzt weniger Licht nach draußen drang. Das
Blut pulsierte in ihren Ohren, und panische Angst schwächte sie. Sie konnte nicht
atmen, ihr Herz fühlte sich an, als ob es tatsächlich in ihrem Hals schlagen und
sie ersticken würde. Wenn der Mann sie gesehen hätte, wäre sie gefangen
gewesen, denn sie hätte sich unmöglich bewegen können.
»Setz dich auf das Bett«, hörte sie Parrish durch ihren heftigen Herzschlag
hindurch.
Endlich begannen Graces Lungen wieder zu arbeiten. Sie atmete tief ein, um ihre
Nerven zu beruhigen, dann wechselte sie erneut ihre Haltung.
Die Gardine war nicht ganz zugezogen. Sie platzierte sich so, dass sie durch den
Schlitz hindurch Ford und Bryant sehen konnte...
Parrish hob ganz ruhig seine Pistole und schoss Ford in den Kopf, dann wechselte
er blitzschnell die Richtung und erschoss Bryant. Ihr Bruder war bereits tot, noch
bevor der Körper ihres Mannes auf die Seite gefallen war.
Nein, nein! Vollkommen gelähmt lehnte sie an
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