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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Niall
    von Schottland vor so langer Zeit geschehen war. Die schwache Batterie des
    Computers war schon beinahe leer. Sie hätte sie während der Dusche aufladen
    können, aber sie hatte die Stunde einfach so verstreichen lassen. Sie könnte
    auch jetzt noch den Computer anschließen und ihn aus der Steckdose speisen,
    bis ihre Kleidung trocken wäre.
    Sie widerstand der Versuchung. Sie würde vielleicht ganz schnell das Haus
    verlassen müssen, da wollte sie nicht erst noch ihre Sachen zusammensuchen
    müssen. Wenn sie zu arbeiten anfing, würde sie darüber womöglich die Zeit
    vergessen. Das wäre nicht das erste Mal. Und heute hatte sie noch so viele Dinge
    zu erledigen. Bisher hatte sie sich Nachts fortbewegt und sich tagsüber versteckt,
    aber das musste sie jetzt ändern. Sie hatten sie Nachts verfolgt und gewusst,
    dass sie die Nacht für ihre Flucht benutzte. Also musste sie sowohl diese
    Angewohnheit als auch ihr äußeres Erscheinungsbild ändern.
    Im Badezimmer fand sie ein paar Haarnadeln, mit denen sie ihre Haare auf dem
    Kopf feststeckte. Da sie aus Erfahrung wusste, dass die seidigen Strähnen sich
    schon bald lösen würden, stülpte sie sich die Baseballmütze auf den Kopf, die
    alles an ihrem Platz hielt.
    Eine besonders große Veränderung war es nicht, aber zusammen mit der neuen
    Kleidung würde es vielleicht ausreichen. Sie musste sich so schnell wie möglich
    eine Perücke zulegen. Damit konnte sie ihr Aussehen öfters einmal verändern.
    Außerdem wollte sie noch nach einem Messeretui Ausschau halten.
    Ihre Verfolger würden davon ausgehen, dass sie ihrem bisherigen Muster treu
    blieb. Das wollte sie jedoch durchbrechen. Nach dem Kauf einer Perücke würde
    sie sich in einem billigen Motel in Eau Claire einmieten und dort ein paar Tage
    bleiben. Sie musste sich ausruhen, sie musste sich beruhigen, sie musste
    arbeiten. Sie hatte keinen sehnlicheren Wunsch, als sich in ihrer Arbeit zu
    verlieren.
    Der Plan ging auf. Nachdem sie das Haus aufgeräumt hatte und all die Zeichen
    ihres Aufenthaltes verwischt hatte, ging sie hinaus und schloss hinter sich die
    Tür. Dann warf sie den Stein durch die Glasscheibe, um so die zerbrochene
    Scheibe zu erklären. Nach einer schier endlosen Weile fand sie einen Laden, der
    billige Perücken verkaufte. Lange probierte sie alle aus, ehe es ihr gelang, eine
    mit blonden Locken unter ihrem Pulli zu verstecken. Sie bezahlte eine dunkelrote
    im Pagenschnitt. Während der Verkäufer die rote abrechnete, steckte sie das

    Geld für die blonde Perücke unter die Kasse. Wenn ihre Verfolger sich wirklich
    gut auf ihr Handwerk verstanden, dann würden sie sie mit der roten Perücke in
    Verbindung bringen. Von der blonden jedoch würde niemand etwas wissen.
    Das Motelzimmer mietete sie mit der blonden Perücke. Das Hotel war ziemlich
    heruntergekommen, aber das Wasser funktionierte und das Bett, obwohl holprig
    und mit mieser Bettwäsche bestückt, war doch immerhin ein Bett. Außer dem
    kurzen Nickerchen unter dem Auto hatte sie überhaupt nicht geschlafen.
    Dennoch widerstand sie dem Bedürfnis, sich hinzulegen. Statt dessen zog sie
    sich die juckende Perücke vom Kopf und baute den Laptop auf dem wackeligen
    Tisch auf. Sie wandte sich, um wach zu bleiben, den Feinheiten der Sprachen zu,
    die bereits vor Christopher Kolumbus' Geburt ausgestorben waren.
    Grace liebte ihre Arbeit. Sie liebte die Herausforderung, die zersprengten oder
    unvollständigen Überbleibsel der menschlichen Mühen, mit denen sie Gedanken,
    Bräuche oder Träume dokumentiert hatten, zusammenzutragen. Manche
    benutzen Hammer und Meißel, andere in Tinte getunkte Gänsekiele in dem
    Bemühen, die Gegenwart zu Transzendieren und die Vergangenheit um der
    Zukunft willen aufzuzeichnen. Der Mensch hatte zu schreiben begonnen, als er
    anfing, in Abstrakta zu denken, und sich mit seiner rein körperlichen Existenz
    nicht mehr zufrieden gegeben hatte. Wenn sie einen alten Steinbrocken
    betrachtete und über den grob eingeritzten Zeichen grübelte, die die Zeit schon
    fast wieder weggewischt hatte, fragte sie, wer diese Menschen gewesen sein
    mochten, was sie gedacht haben mochten und was ihnen so wichtig gewesen
    war, dass sie stundenlang mit verschränkten Beinen und erlahmenden Armen
    über einem Stück Stein gesessen und Zeichen mit wenig mehr als einem
    weiteren scharfkantigen Stein hineingeritzt hatten.
    Die Dokumente über den geheimnisvollen Niall von Schottland waren jedoch
    schon sehr viel

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