Wie Tau Auf Meiner Haut
anderes zuteilen, aber sie würde auch dann nicht ihre Wäsche
gelegt oder ihren Abwasch erledigt bekommen, es sei denn, sie bezahlte diese
Arbeiten extra.
Frau Eriksson setzte sich auf das Sofa und begann die Wäsche zu legen. Sie
schleuderte die Kleidungsstücke hoch und machte ein missmutiges Gesicht,
Graces Gedanken aber kehrten zu Parrish zurück.
Jeder Muskel ihres Körpers verkrampfte sich. Das Entsetzen, ihm in die Hände zu
geraten, überstieg ihre Vorstellungskraft. Er musste sie gar nicht mehr
umbringen, denn allein durch seine Berührung würde sie dem Wahnsinn
verfallen.
Wie hatte er das wissen können? Woher hatte er geahnt, dass sie es war, die ihn
angerufen hatte? Welche barbarischen Instinkte verrieten ihm mit dieser
traumwandlerischen Sicherheit ihre Identität? Hatte er die Polizei von
Minneapolis verständigt, dass sie wieder in der Gegend war?
Parrish telefonierte tatsächlich sofort, allerdings mit Conrad und nicht mit der
Polizei. »Frau St. John hat mich gerade angerufen«, sagte er sanft, wobei sich
Freude und Erregung in seine Stimme mischten. »Vermutlich wollte sie nur
herausfinden, ob ich hier bin. Wahrscheinlich hat sie Annalise am Telefon
erwartet. Nimm sofort Kontakt mit unserem U-Boot in der Telefongesellschaft auf
und finde heraus, von wo sie telefoniert hat. « Er blickte auf seine Rolex. »Der
Anruf kam genau dreiundzwanzig Minuten nach zwölf. «
Ohne Conrads Antwort abzuwarten, legte er auf und lehnte sich in seinem
riesigen Ledersessel zurück. Er atmete schwer, denn die Erregung war ihm in alle
Glieder gefahren. Grace! Wer hätte nach sechs verdammt frustrierenden
Monaten, in denen sie in Chicago einfach nicht mehr aufzutreiben gewesen war,
angenommen, dass sie selbst den Kontakt aufnehmen würde?
Conrad war sich sicher gewesen, dass er ihren Arbeitsplatz in Chicago ausfindig
gemacht hatte. Es war ein billiges italienisches Restaurant, in dem die Bedienung
schwarz bezahlt wurde. Die Frau war dünner gewesen, aber sie hatte
gelegentlich eine kleine Tragetasche mit dabeigehabt, hatte sich sehr
zurückgehalten und hatte blonde Locken gehabt. Eine ähnliche Frisur hatte man
ihm auch aus der Newberry-Bibliothek gemeldet. Newberry war eine der besten
Recherchebibliotheken im ganzen Land. Das wiederum wusste Grace. Sie
brauchte die dort untergebrachten Nachschlagewerke. Parrish war sich sicher,
dass sie noch an den Dokumenten arbeitete, und Grace war sehr gut in ihrer
Arbeit. Sie würde sehr wohl wissen, warum er die Dokumente unbedingt haben
wollte. Aber dann war sie wieder verschwunden. Niemand dort hatte ihre Adresse
gekannt. Conrad hatte Buslinien, Züge und Flüge überprüft, aber niemand mit
Blondgelockten Haaren und einer Computertragetasche war dort gesehen
worden. Noch nicht einmal Conrad hatte einen Hinweis auf ihre Spur finden
können.
Wo war sie jetzt? In Minneapolis - oder versteckte sie sich in irgendeiner kleinen
Ortschaft? Sie hatte zwar kein Wort gesagt, aber das verräterische Einatmen
überzeugte ihn davon, dass sie die Anruferin gewesen sein musste.
Schon bald würde er vielleicht nicht ihren jetzigen Aufenthaltsort wissen, aber
doch den Ort, von wo aus sie den Anruf gemacht hatte. Die Polizei brauchte eine
gesetzliche Verfügung, um solche Details von der Telefonbehörde zu erfahren, er
dagegen war durch solch lachhafte Einschränkungen nicht behindert. Conrad
würde also wissen, wo er mit der Suche beginnen musste. Jetzt hatte er
zusätzlich seinen Stolz mit in die Waagschale geworfen, denn er krankte immer
noch an der Tatsache, dass eine kleine, unscheinbare Person wie Grace St. John
ihn an der Nase herumgeführt hatte.
Warum aber hatte sie herausfinden wollen, ob er im Büro war? Er lachte leise.
Hatte die kleine Grace vor, sich an ihm zu rächen? Hielt sie sich etwa für fähig, in
sein Büro zu kommen und ihm die Pistole an den Kopf zu halten? Sie kannte
doch die Sicherheitsvorkehrungen des Gebäudes und wusste genau, dass sie
über den Eingangsbereich nicht hinauskommen würde. Vielleicht aber sollte er
sie näher zu sich heranlassen? Er könnte sie ohne große Umstände überwältigen,
und dann hätte er sie zu seiner Verfügung.
Er könnte spätabends arbeiten. Das Gebäude wäre vollkommen verlassen, sie
würde sich sicherer fühlen. Er könnte mit den Sicherheitskräften absprechen,
dass sie in die andere Richtung schauten, es ihr andererseits aber nicht zu leicht
machten, so dass sie
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