Wie Tau im Wuestensand
um noch mal nach ihm zu sehen. Ihr Mund öffnete sich, aber sie brachte kein
Wort hervor.
Ein einziger Blick auf ihn reichte
aus, daß sie vollkommen vergaß, was sie hatte sagen wollen.
Soeben suchte er seine Sachen
zusammen. Die Sonne verwandelte seine Haut in polierte Bronze. Seine
Körperbehaarung leuchtete wie geschmolzener Bernstein und glänzte bei jeder
seiner Bewegungen. Seine Muskeln spannten und entspannten sich und zeugten von
seiner Kraft, die für ihn genauso selbstverständlich war, wie seine fünf
Finger an jeder Hand.
Als sich Linc auf die Seite drehte,
glitt der Schlafsack von seinen Hüften, so daß er vollkommen nackt dastand.
Für einen Augenblick überlegte
Holly, ob sie alarmiert oder ob es ihr peinlich sein sollte, aber keines von
beidem traf zu. Lincs Schönheit war nicht durch kleinliche Moralvorstellungen
wie richtig oder falsch, anständig oder unanständig außer Kraft zu setzen.
Als sie schließlich von seinem
erregten Körper aufblickte, begegnete sie seinem Blick.
Er hatte sie bei ihrer Musterung
beobachtet. Ein Lächeln breitete sich langsam auf seiner Miene aus. Hollys Herz
schmolz dahin. Leidenschaftliches Verlangen war deutlich an ihrem Zittern
abzulesen. Sie erinnerte sich an das Gefühl, fast nackt in seinen Armen zu liegen,
sein Atem an ihrer Haut, sein Mund lediglich durch etwas dünnen Stoff von ihrem
Körper getrennt.
»Komm zu mir, Holly.«
Seine Stimme flehte sie ebenso an
wie sein erregter Körper. Der Araberhengst wieherte nun ununterbrochen.
Holly stöhnte frustriert auf, wandte
sich um und trat ins Freie.
Nach dem gedämpften Licht des Zelts
war die Sonne überwältigend. Aus dem Boden dampfte es zwar noch hier und da,
wo sich der Regen in Nebel auflöste, aber es gab nur noch wenige Pfützen. Wenn
die Erdoberfläche erst einmal aufgeweicht war, sog sie das Wasser wie ein
Schwamm auf.
Sie bahnte sich ihren Weg durch das
sperrige Gebüsch. Da ihre Arme daran entlangstreiften, bekam sie einige Nässe
ab; der strenge Geruch von Salbei lag in der Luft.
Der Hengst stand da mit erhobenem
Kopf und so weit nach vorn gerichteten Ohren, daß sich die Spitzen fast berührt
hätten. Die Decke, die ihm Holly letzte Nacht umgebunden hatte, hing auf einer
Seite herab. Ihre Bluse aber war immer noch um seine Vorderhufe gebunden, so daß
das Tier nur humpeln konnte.
Als sie sich dem Tier näherte,
schnaubte er und musterte sie aus dunklen, müden Augen.
Holly sprach leise und beruhigend
auf ihn ein.
»Guten Morgen, Sand Dancer«, sagte
sie. »Du siehst ja wirklich nicht besonders schön aus mit deiner weißen Fessel
und der elenden Decke. Und der Strick macht es auch nicht besser, nicht wahr?«
Sand Dancer schnaubte und reckte
seine Nase in Richtung der Fremden.
Holly bewegte sich nicht, während
das Pferd sie beschnupperte und ihren Geruch aufnahm. Dann stupste er sie mit
seiner samtenen Nase als Zeichen dafür, daß er sie als Freundin akzeptierte.
Sie streichelte über seine Ohren und
bewunderte seine ungewöhnliche Pracht.
Sand Dancers Nase stupste Holly noch
einmal, allerdings nicht mehr ganz so zärtlich.
»Bist ein freundliches Biest, nicht
wahr?« sagte sie lachend.
»Ganz wie sein Besitzer«, trompetete
Linc aus dem Hintergrund.
Erschrocken
blickte Holly über die Schulter.
Er stand etwas abseits – ohne Hemd,
weil es beim Fallen zerrissen war. Aber wenigstens hatte er seine noch feuchten
Jeans angezogen. Sie schmiegte sich ganz nach Hollys Geschmack dicht an seine
Beine.
»Sand Dancer geht es gut«, sagte sie
schnell. »Und dir?« Holly zuckte zusammen, als sie den Sprung in ihrer Stimme
vernahm. Sie hätte genausogut Lincs Wirkung auf sie in alle Welt hinausposaunen
können.
Er hob
seine Augenbraue.
»Kalte
Dusche oder nasse Jeans«, feixte er.
»Beides sehr wirkungsvoll. Für eine
Weile jedenfalls.«
»Ich meinte ...« Holly spürte, wie
sie rot wurde, und seufzte. »Himmel, in deiner Gegenwart benehme ich mich wie
ein neunjähriges Mädchen.«
»Dann mußt du mit neun schon sehr
reif gewesen sein«, zog er sie auf.
Sie
errötete noch mehr.
Er lächelte
und beließ es dabei.
»Mein Kopf tut mir weh«, gab er zu.
»Eine Schulter ist ganz steif. Und das rechte Knie schmerzt auch etwas.«
»Ach«,
sagte Holly geknickt.
»Mach kein trauriges Gesicht, Süße.
Ich hatte schon schlimmere Verletzungen, nachdem ich nur über meine eigenen
Quadratlatschen gestolpert bin.«
»Irgendwie kann ich mir dich nicht
als ungeschickt vorstellen«, erwiderte
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