Wie Tau im Wuestensand
Altweiberknoten.«
»Hauptsache,
sie halten!«
Er schnitt
den letzten Knoten auf und zog die Decke weg.
Sand
Dancers Zügel waren ordentlich am Sattelknauf befestigt. Der Gurt hing etwas locker
durch, aber nicht so viel, daß der Sattel sich hätte verdrehen können. Linc
schaute umher. Wohlgefällig betrachtete er den schützenden Unterschlupf, den die
Felsen und das Gebüsch geboten hatten.
Dann fiel sein Blick auf die
Fußfessel. Genau wie der Sattel war auch sie weder zu locker noch zu fest
gebunden.
»Mit Sand Dancer ist doch alles in
Ordnung?« fragte Holly besorgt.
»Sand Dancer geht es besser, als er
es nach seinem gestrigen Benehmen verdient hätte.«
Erleichtert tätschelte sie ihn.
»Bei seinem Geplärre dachte ich
schon, er hätte sich verletzt«, erklärte sie.
»Dieser verwöhnte Bursche fühlte
sich nur einsam und wollte auf sich aufmerksam machen.«
Linc stand behende auf und blickte
Holly durchdringend an.
»Was ist gestern abend eigentlich
passiert?« fragte er. »Ich kann mich nach Sand Dancers Fall an fast nichts mehr
erinnern.«
»Ich habe dich oben auf dem Bergkamm
gesehen. Dein Pferd war beinahe in Agonie.«
Linc lächelte gequält. »Das weiß ich
allerdings noch.«
»Du hättest abspringen sollen«,
tadelte Holly ihn. »Ich habe es dir wieder und wieder zugerufen, aber du
konntest mich nicht hören. Dann fing es an zu regnen ...«
Ihre Stimme brach ab, als sie sich
an ihre schreckliche Angst um Linc erinnerte.
»Und Sand Dancer stürzte«, fuhr sie
schließlich fort. »Du bist abgesprungen, hast dich zweimal überschlagen, aber
da war dieser Felsbrocken. 0 Linc, ich bin furchtbar erschrocken!«
Zärtlich berührten Hollys
Fingerspitzen Lincs Lippen, als ob sie sich vergewissern wollte, daß ihm nichts
fehlte. Er küßte ihre Finger und flüsterte ihren
Namen. »Als ich dich endlich erreichte, lagst du mit dem Gesicht nach oben
reglos im Regen«, sagte Holly mit gebrochener Stimme. »Ich dachte, du wärst
tot.«
Sie versuchte zu lächeln.
An Lincs Gesichtsausdruck konnte sie
jedoch ablesen, wie wenig ihr das gelungen war.
»Ich war froh, als ich dich stöhnen
hörte«, setzte sie hinzu. »Nach einer Weile bist du aufgestanden und auf das
Zelt zugestolpert.«
Jetzt war ihr Lächeln echt.
»Ich wünschte, ich hätte davon ein
Video machen können.« Holly umklammerte seine Arme. »Donner und Blitze und Regen,
als wäre das Ende der Welt gekommen! Wir beide sind am äußersten Rand des
Unwetters entlanggeschlittert. Ich fühlte mich wie ein Schleppkahn, der einen
von der Route abgekommenen Ozeandampfer hinter sich herlotst.«
Linc sah sie sehr ernst an. Er
erinnerte sich an die erschütternde Wucht des Gewitters, die Sand Dancer in
Panik versetzt hatte.
»Wir haben Glück gehabt, daß wir
nicht vom Blitz getroffen worden sind«, sagte er.
»Amen!« Holly schlug die Augen gen
Himmel. »Nachdem du das Zelt erreicht hattest, habe ich dir die nasse Kleidung
ausgezogen und dich in den Schlafsack gesteckt.«
Linc lächelte zerknirscht. »Dabei
bist du sicherlich rot geworden.«
»Dazu hatte ich viel zuviel um die
Ohren«, stellte sie richtig. »Plötzlich wolltest du nämlich aufstehen und dich
um Sand Dancer kümmern.«
»Freut mich zu hören, daß ich nicht
vollkommen den Verstand verloren hatte.«
»Aber in deinem Zustand war das
absolut unmöglich, deshalb ...«
»Deshalb was?«
Schulterzuckend zeigte sie auf die
Schnurreste, die herumlagen.
»Deshalb habe ich dann jede Menge
Altweiberknoten im Regen bewerkstelligt«, erwiderte sie.
»Du hättest warten sollen, bis der
Regen aufgehört hat.«
»Selbst halb tot vor Kälte und Regen
bist du mit einer Kopfverletzung immer noch stärker als ich. Und du wolltest
um keinen Preis warten.«
»Soll das heißen, daß ich dich
wieder in diesen Sturm hinausgejagt habe, nur um Sand Dancer zu versorgen?«
fragte Linc gepreßt.
»Entweder du oder ich. Und gestern
abend war ich einfach in besserer Form.«
»Mein Gott, Holly!« Er zog sie an
sich. »Du hättest mich gehen lassen sollen. Du hättest dich verletzen können.«
»Aber du warst es bereits«, erklärte
sie kurz und bündig. »Trotzdem ...«
»Linc«, unterbrach ihn Holly
genervt. »Für wen hältst du mich bloß? Du warst verletzt!«
»Und du warst mitten in einem
Gewitter allein mit einem Hengst, der bei jedem Blitz auskeilte.«
»Ich hatte ihm die Augen verbunden«,
präzisierte sie.
Linc legte seine Hände um ihr
Gesicht und betrachtete ihre äußerlich so
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