Wie Tau im Wuestensand
Mann!«
Holly nahm
das Tuch weg, das sie um Beth' Schultern gelegt hatte
während des Schminkens.
»Okay«,
erlaubte Holly, »du kannst jetzt aufstehen.«
Mit einem unterdrückten Jubelschrei
sprang Beth auf und huschte auf die verspiegelte Schiebetür des Gästeschranks
zu. »Oh ...«, hauchte sie.
Mehr brachte sie einfach nicht
heraus. Ihre Augen wurden ganz groß, als sie ungläubig ihr Spiegelbild
anstarrte.
Ihre Haare hatten den Farbton der
Sonne am späten Nachmittag. Sie kringelten sich über der sanften Schwellung
ihrer Brüste. Der schimmernde Rock fiel wie eine Glocke von ihrer schmalen
Taille bis zu ihren silbernen Sandalen. Kleine, tropfenförmige Ringe
leuchteten in ihren Ohren in Harmonie mit ihren strahlend blauen Augen.
»Ich kann es einfach nicht glauben«,
stotterte sie, »daß ich ... so aussehe!«
Lächelnd zupfte Holly eine letzte
blonde Strähne zurecht. »Doch, das darfst du ruhig«, sagte sie. »Du bist eine
Schönheit, Beth.«
Ein Schatten legte sich über das
Gesicht des jungen Mädchens.
»Ich sehe aus wie meine Mutter«,
sagte sie plötzlich niedergeschlagen.
Holly fuhr zusammen, als sie den
Schmerz in Beth' Blick bemerkte.
»War sie eigentlich ...« Beth
zögerte. Dann sprach sie ganz schnell, als ob es dadurch weniger schmerzhaft
wäre. »Sind solche Frauen wirklich so schlecht?«
Holly konnte einerseits nicht lügen,
und andererseits wollte sie ihr nicht allzu weh tun.
»Deine Mutter war eine sehr
unglückliche Frau«, sagte sie schließlich. »Unglückliche Menschen tun
unglückliche Dinge.«
Vorübergehend sah Beth viel älter
aus als ihre fünfzehn Jahre.
»Und ich bin ihr so ähnlich«,
grollte sie.
»Nur äußerlich, Beth. Du bist ein
guter Mensch. Wie auch immer deine Mutter gewesen oder nicht gewesen ist, das
hat nichts mehr mit dir hier und jetzt zu tun.«
»Linc denkt da ganz anders.«
»Zwei sehr schöne Frauen haben ihn
zutiefst verletzt.«
»Ja«, flüsterte Beth.
»Also werden zwei andere
wunderschöne Frauen ihm zeigen müssen, daß Schönheit und Gemeinheit nicht ein
und dasselbe sind.«
Holly hob Beth' Kinn und blickte
forschend in die klaren Augen des Mädchens.
»Wirst du mir dabei helfen?« fragte
Holly.
Beth nickte ernst.
Sie bedankte sich und schaute auf
die Uhr. »Oh, es wird Zeit, mit meiner Raupe-in-Schmetterling-Verwandlung zu
beginnen. Wartest du auf mich?«
Beth schien zwar überrascht, nickte
dann aber zustimmend. »Klar«, sagte sie. »Kann ich dir helfen?«
»Nein. Dich will ich nämlich auch
überraschen.«
Beth lachte, stellte aber, ohne zu
murren, den kleinen Fernseher an.
Holly zog die Badezimmertür hinter
sich zu. Geduscht und ihre Haare gewaschen hatte sie bereits. Jetzt mußte sie
nur noch ihr Kleid anziehen, das Make-up auftragen und ihre Mähne ausbürsten.
Mit flinken Bewegungen zog sie ihr
Lieblingskleid aus der Reisetasche. Wie immer gefiel ihr das lange Schwarze am
besten. Es machte eine schlichte, aber elegante Figur. Das Top schmiegte sich
wie ein Hüter ihrer Anmut an ihren Körper.
Der Rücken war frei, die schwarze
Seide fiel lediglich von der Taille bis zu den Knöcheln hinab. Der Rock schwang
aufregend bei jeder ihrer Bewegungen.
Die Schulterstücke bildeten jeweils
ein umgekehrtes »V«, die mit einer unglaublich feinen Goldkette in die
Halseinfassung übergingen. Die Applikation
wiederholte sich in Form eines Krönchens in Hollys Dékolleté.
Das Gold erwärmte sich auf ihrer
Haut und glitzerte bei jedem ihrer Atemzüge. Obwohl nur sehr wenig Haut durch
die eng aneinanderliegenden Fäden sichtbar war, reizten sie doch die Finger
eines Mannes dazu, unter dem sinnlichen Schimmer des hochkarätigen Metalls nach
weiteren Schätzen zu forschen.
Holly strich erst das Kleid glatt,
dann legte sie einen Umhang um, der ihr vom Kinn bis zu den Zehenspitzen
reichte. Sie öffnete ihren Schminkkoffer. Zufrieden machte sie sich an die
Arbeit.
Die Grundierung, die sie auftrug,
war so transparent, daß man sie überhaupt nicht bemerkte. Wenig Rouge betonte
die schräge Linie ihrer Wangenknochen. Etwas parfümiertes Öl ließ ihre
schwarzen Augenbrauen glänzen.
Lidschatten betonte das goldene
Braun ihrer Augen. Sie malte einen Lidstrich, der fast ganz in ihren Wimpern
verschwand. Trotzdem verschaffte ihr dieser schmale Strich goldschimmernde
Katzenaugen. Wimperntusche betonte die Dichte und ungewöhnliche Länge ihrer
Wimpern, ein weicher, rosaroter Lippenstift und etwas Gloss brachten die
Sinnlichkeit ihrer Lippen
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