Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)
hat gar nichts gesagt. Ich habe ihm eine Nachricht hinterlassen, aber er hat mich nicht zurückgerufen.«
»Du hast was? Ihm eine Nachricht hinterlassen? Dass er Vater wird?«
Aus ihrem Mund klang es ziemlich unrühmlich.
»Wann hast du ihn angerufen?«, wollte Julia wissen.
»Vor einer Woche. Acht Tagen.«
» Vor acht Tagen? Warum hast du so lange gewartet?«
»Ich weiß es nicht! Ich habe darauf gewartet, dass ich in der richtigen Stimmung war, und so ist immer mehr Zeit vergangen.«
»Ruf ihn noch einmal an. Irgendetwas ist passiert, vielleicht hat er sein Handy verloren.«
»Selbst wenn, könnte er doch seine Nachrichten von einem anderen Telefon aus abrufen.«
»Nein. Irgendetwas stimmt da nicht. Du musst es weiter versuchen.«
»Julia«, erwiderte ich ruhig. »Danke, aber ich regle das.«
Sie lehnte sich mit verschränkten Armen in ihrem Stuhl zurück. Trügerisch ruhig. Ich nahm an, sie ringe um Fassung und überlege, was als Nächstes zu tun sei.
»Weiß dein Vater, dass du schwanger bist?«
O nein! »Ja. Aber auch erst seit kurzem.«
Damit hatte sie sichtlich zu kämpfen.
»Nur, weil er in meiner Nähe wohnt. Außerdem wusste ich, dass wir uns zum Mittagessen treffen würden und du es dann auch erfahren würdest.«
Ich glaube, das half.
»Mom, hör auf, ihn zu hassen«, erlaubte ich mir zu sagen. »Ich hasse ihn auch nicht mehr.«
»Sag du mir nicht, was ich tun soll!« Sie sah sich nach der Kellnerin um und entdeckte sie, wie sie uns ängstlich hinter einer großen Topfpflanze hervor beobachtete. »Die Speisekarte!«, blaffte Julia, woraufhin die arme Frau zu uns eilte.
Nach ungefähr sieben Monaten Schwangerschaft hatte ich statt der empfohlenen zwölfeinhalb erst zehn Kilo zugenommen. Ich sah zwar nicht aus wie ein Wal, aber alles an mir war geschwollen. Mein Gesicht. Meine Finger. Meine Knöchel. Als ich mich zufällig in der Fensterscheibe eines Restaurants sah, stellte ich fest, dass ich watschelte.
Es war ein schneidend windiger, kalter Donnerstag, ein paar Tage nach dem Mittagessen mit Julia. Nach der Arbeit hatte ich im Supermarkt um die Ecke ein paar Einkäufe erledigt und war jetzt auf dem Weg nach Hause. Ich stand an der Kreuzung Siebte und Christopher und wartete auf grünes Licht.
Die Ampel sprang um, und auf halbem Weg über die Straße erkannte ich plötzlich, dass Ty an der Ecke unmittelbar vor mir stand.
Beinahe hätte ich alles fallen gelassen.
Er setzte die Sonnenbrille ab und starrte mich an, während ich mich zögernd näherte.
Seine Haare waren länger geworden. Und sein schönes Gesicht! Fast blieb mir das Herz stehen. Doch in seiner Miene zeichneten sich heftige Gefühle ab, die neu und überraschend waren. Schock. Sorge. Wut.
Als ich ihn erreichte, sagte ich: »Ach, du bist schon früher zurückgekommen.« Blöd!
Er nahm mir die Einkaufstüten ab.
Offenbar war er sprachlos. Vor unserem Haus blieb er einfach stehen und starrte mich an, während ich mit den Schlüsseln herumfummelte. Mist, meine Finger gehorchten mir nicht! Endlich bekam ich die Tür auf.
Er folgte mir mit den Tüten hinauf. Auf dem dritten Treppenabsatz ging mir die Luft aus, so dass ich stehenblieb und Atem schöpfte.
»Entschuldige«, schnaufte ich. Unser Sohn wählte diesen Moment, um mir einen Kniestoß in die Niere zu verpassen. Ich zuckte zusammen, fasste mir an den Rücken und sagte au! Tyler beobachtete mich einfach nur, als hätte er noch nie eine schwangere Frau gesehen, und als würde ihn schon allein der Anblick vollkommen aus der Fassung bringen.
Wenn er doch nur etwas gesagt hätte!
Er folgte mir in unsere Wohnung. Peg war bei einer Probe, Gott sei Dank.
Er ließ die Tüten auf den Küchentisch fallen und begann, nervös hin und her zu tigern. Ich packte die Einkäufe aus und beobachtete ihn verstohlen. Was sollte ich jetzt tun? Was sollte ich sagen? Und was war überhaupt los? Warum war er hier? Hatte er meine Nachricht erhalten?
Ich ging ins Wohnzimmer, setzte mich aufs Sofa und sah zu, wie er erregt auf und ab wanderte. Er wirkte so aufgewühlt, und ich fragte mich, ob er vielleicht Angst hatte, etwas zu sagen.
Endlich blieb er vor mir stehen und hockte sich hin, blass und ernst. Er hatte sich ein paar Tage lang nicht rasiert. Er sah erschöpft aus. Wie gerne ich ihn berührt hätte! Er war so nahe, dass ich nur die Hand hätte ausstrecken müssen.
Er stieß ein einziges, hartes Wort aus.
» Wann? «
»Der achte Juni ist der errechnete Geburtstermin.«
Noch
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