Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)
sagte ich. »Aber ihr könnt das nicht verstehen.«
»Für wen hältst du meinen Bruder eigentlich?«
Jean legte eine Hand auf ihren Arm. »Beck.«
»Wir haben das nicht geplant«, erwiderte ich. »Ich war mir nicht sicher, ob er es wollte, bei all dem anderen, was zurzeit in seinem Leben passiert.«
Jean schüttelte den Kopf. »Ach, Kind, du kennst ihn nicht.«
»Du hast ihn nicht verdient«, fügte Rebecca hinzu. Jean sah sie warnend an.
»Du weißt nicht, wie das ist«, entgegnete ich.
»Erzähle es uns«, bat Jean und zog mich zu sich auf die Couch.
»Wir … Wir haben …« O Mann, war das peinlich. Ich konnte sie kaum ansehen. »Wir waren … zusammen. Und nicht besonders vorsichtig. Und anschließend hat er gesagt, wir hätten es sein sollen. Vorsichtiger.« Ich warf ihnen einen Seitenblick zu. Jean hatte rosafarbene Wange, Rebecca kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, hörte mir aber zu.
»Und dann musste er weg, für sechs Monate. Und wann immer ich daran gedacht habe, ihn anzurufen und es ihm zu erzählen, erinnerte ich mich daran, dass er gesagt hatte, wir hätten vorsichtiger sein sollen. Ich dachte, er würde sich vielleicht nicht über das Baby freuen. Ich hätte es nicht ertragen, das aus seiner Stimme herauszuhören. Ihr ahnt nicht, wie weh er mir tun kann! Mehr als jeder andere.«
Bis dahin hatte ich mich wacker gehalten. Doch dann ließ sich Rebecca, deren Wut offenbar verraucht war, uns gegenüber in dem Armsessel nieder, rieb sich das Gesicht und ließ ihre Knöchel knacken genau wie Ty, und da war es vorbei – meine Schultern zuckten, und die Tränen strömten mir übers Gesicht.
Jean klopfte mir den Rücken und tupfte mir mit einem Taschentuch das Gesicht ab.
»Ty hat uns erzählt, du hättest ihm eine Nachricht hinterlassen, nachdem er sein Handy verloren hatte«, sagte sie, nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte. »Wie schlimm es für dich gewesen sein muss, dass er nicht zurückgerufen hat.«
»Ja. Es war schrecklich.«
»Mich hat er auch nicht zurückgerufen«, knurrte Rebecca. »Ich könnte ihm immer noch deswegen in den Hintern treten.«
»Manchmal ist er ein bisschen nachlässig«, entschuldigte ihn Jean. »Er ist so damit beschäftigt, Songs zu schreiben, dass er darüber alles andere vergisst.«
»Zum Beispiel, sich ein neues Handy zu kaufen«, sagte Rebecca. »Oder zu lernen, wie man Nachrichten von einem anderen Telefon aus abhört.«
»Genau«, sagte ich.
»Ty hat gesagt, es ist ein Junge«, sagte Rebecca beinahe freundlich.
Ich nickte.
»Mein erstes Enkelkind!« Jean schlug erfreut die Hände zusammen.
Ihre Begeisterung war ansteckend. »Ich habe Ultraschallbilder, wollt ihr sie sehen?«
Natürlich wollten sie. Und sie waren gebührend sprachlos und entzückt von der zarten Vollkommenheit seines winzigen Kopfes, der Wirbelsäule, des Arms und der Hand.
»Ich wünschte, Nathan könnte sie sehen«, seufzte Jean.
»Ich könnte ein Stück die Straße runtergehen und sie für euch kopieren.«
»Noch besser: Warum kommst du nicht mit ins Hotel und zeigst ihm die Originale?«
»Warum wohnt ihr in einem Hotel?«
»Ty ist dort untergebracht, seine Wohnung ist bis zum Sommer untervermietet. Komm mit, dann können wir alle zusammen essen gehen.«
Ich war auf gar keinen Fall darauf vorbereitet. Und Tyler bestimmt auch nicht. »Ich glaube, heute Abend lieber nicht. Vielen Dank.«
Ich warf einen Blick auf Rebecca. Sie lächelte mir grimmig zu und sagte: »Lass ihr ein bisschen Zeit, Mom.«
Ich stand mit ihnen auf und versuchte etwas zu spät, eine gute Gastgeberin zu sein, indem ich ihnen Tee anbot, bevor sie gingen. Sie lehnten ab.
Wir gingen in einen Copyshop und machten Kopien von den Ultraschallbildern, damit Jean sie Nathan zeigen konnte. Als ich wieder raufging, fiel mir ein, dass auch Ty sie heute Abend sehen würde. Ich musste mich eine Weile auf die Stufen setzen und trauern.
Was würde er denken? Würde er genauso verwundert und demütig vor ihnen sitzen wie ich? Ich wünschte, ich hätte sein Gesicht sehen können, wenn er sie betrachtete. Normalerweise sahen sich Eltern die Ultraschallbilder ihrer Kinder gemeinsam an.
Den Sonntag verbrachte ich damit, zu rekapitulieren, wie ich dieses traurige Schlamassel hatte verursachen können. Es lief darauf hinaus, dass ich a) unvernünftig geliebt hatte und b) mehrere hundert falsche Entscheidungen mit Schneeballeffekt getroffen hatte.
Es half mir, am Montag zur Arbeit zu gehen und mich auf andere
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