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Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Titel: Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelle Sumners
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Ich hatte das Gleichgewicht verloren und war Yoko Ono auf den winzigen Fuß getreten. Als ich auf der Damentoilette eine Kabine öffnete, überraschte ich Liza Minnelli auf dem Klo. Sie trug es mit Humor, aber hätte sie nicht abschließen können? Damit will ich sagen, dass ich der Albtraum der New Yorker Kulturschickeria bin. Doch Dan verlangte so wenig von mir und war seinerseits stets bereit, mir alles zu geben. Zu seiner Ausstellungseröffnung zu erscheinen war ja wohl das Mindeste, was ich für ihn tun konnte.
    »Na schön«, murmelte ich widerstrebend. »Ich komme.«

    An einem Samstagnachmittag einige Tage später besuchten Steven und ich einen Musikladen am Times Square. Steven stand in der Jazzabteilung, hatte Kopfhörer auf und wippte leicht zur Musik, was mir etwas peinlich war. Ich ging rüber zur Rockmusik und sah die CDs durch. Sieh da, Aerosmith . Beim Gedanken an das Stück Janie’s Got a Gun fiel mir sofort mein Chef Bill ein.
    Steven und ich hatten Karten für ein Kino einen Block weiter, und es wurde Zeit, sich auf den Weg zu machen. Ich durchquerte den Laden, um Steven einzusammeln, als ich mich plötzlich hinter einen fast lebensgroßen Pappaufsteller der Band Hoobastank ducken musste.
    Tyler. In der Soulabteilung. Mit einem Mädchen. Sie klebte förmlich an ihm, groß, lange blonde Haare, enge Jeans, eine Hand auf seinen Po gelegt.
    Ich überlegte, wo die Fluchtwege waren. Es gab verschiedene Möglichkeiten, ungesehen um die beiden herumzukommen.
    »Grace, wir müssen los!«, schrie Steven mir von der Jazzabteilung aus zu. »Der Film beginnt in sieben Minuten!«
    Ty wurde auf Steven aufmerksam, und sein Blick schweifte langsam zu mir.
    Er war ganz im Johnny-Cash-Look. Schwarze Jeans, schwarzes Westernhemd. Cowboystiefel. Kaugummi. Er schob sich die Sonnenbrille auf den Kopf und lächelte. Ich stellte folgende Mutmaßungen an:
Er war stoned. Auf eine elegante Jim-Morrison-Art.
Er war sexuell befriedigt. Noch ganz frisch.
Das Mädchen an seiner Seite (das mich ebenfalls anlächelte) war die Schnepfe, die ich String-Girl getauft hatte und die einmal auf dem Kneipenklo behauptet hatte, ich sei nicht Tys Typ.
    »Oh, hi«, sagte ich und kam hinter Hoobastank hervor.
    »Hey, Grace«, sagte er mit breitem Slang. »Lange nicht gesehen.«
    »Stimmt. Ziemlich lang.« Ich wusste, dass ich so lächelte, wie meine Mutter es oft tut. Das heißt: nicht richtig. Ich verzog nur die Lippen. Ich versuchte, den Mund zu entspannen, aber es gelang mir nicht.
    »Das ist Roberta«, sagte er. String-Girl verkroch sich noch tiefer in seinen Arm, die linke Brust unter seine Achsel geklemmt. Zu dumm, dachte ich, dass du einen Namen hast, der an eine stämmige Lkw-Fahrerin mit Damenbart erinnert.
    »Aha«, sagte ich. »Steven hast du ja schon einmal kennengelernt.«
    »Na klar, hallo«, sagte Tyler und gab Steven die Hand.
    »Und, was macht die Musik?«, fragte Steven. »Grace sagt, du bist inzwischen ziemlich erfolgreich.«
    »Einigermaßen. Vor kurzem habe ich einen Plattenvertrag unterschrieben.«
    »Wahnsinn!«
    Tyler grinste nur und mampfte träge seinen Kaugummi. Seine geröteten Augen wanderten zu mir und verengten sich leicht. Er wollte etwas sagen, weiß Gott was. Ich kam ihm zuvor.
    »Also, unser Film fängt gleich an. War nett, dich zu sehen!« Ich verabschiedete mich mit einem kurzen Wink, packte Steven und zerrte ihn durch den Laden.
    Draußen brachte er mich zum Stehen. »Was ist denn los?«
    »Du weißt, wie sehr ich es hasse, den Anfang eines Films zu verpassen.«
    »Ja, schon. Aber warum hast du dich da drin so komisch benommen?«
    »Wie, komisch?«
    Steven sah mich nur an.
    Ich suchte krampfhaft nach einer plausiblen Erklärung. »Na ja, ich glaube, er war high, oder? Und du weißt doch, dass es nichts bringt, sich mit Leuten in so einem Zustand zu unterhalten. Am besten, man verzieht sich so schnell wie möglich.«
    Steven schien mir nicht so recht zu glauben, akzeptierte dann aber meine Erklärung. Unterwegs legte er den Arm um mich. »Ja, wahrscheinlich hast du recht.«
    Streng genommen war es nicht gelogen.
    Seit jeher war ich stolz darauf gewesen, immer die Wahrheit zu sagen, egal unter welchen Umständen. Und jetzt verstellte ich mich ständig. Gab aalglatte Halbwahrheiten von mir. Wechselte das Thema, bevor ich bestimmte Fragen beantworten musste. Die Freundschaft mit Tyler Wilkie hatte mich zu einer Lügnerin gemacht.

    In dieser Woche nahm ich meine spitzen hochhackigen Schuhe mit zur Arbeit, und

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