Wie verkuppelt man eine Familie?
…“
„Wie auch immer, dein Haar gefällt mir. Es ist so schön dicht und hat eine wundervolle Farbe. Allerdings brauchst du dringend einen neuen Schnitt. Nun, das wird sich alles finden.“
Garnet horchte alarmiert auf. „ Was wird sich wobei finden?“
„Es geht um die Überraschung, die dein Daddy und ich für dich haben!“ Patricia trat einen Schritt zurück und zog einen Umschlag aus der eleganten Handtasche. „Vier Tage Wellness in Charleston, nur für dich. Ich nehme Petie in der Zeit zu mir, damit du dir nicht mal für eine Sekunde Gedanken machen musst. Ich kann es kaum erwarten, etwas Zeit mit meinem Enkelsohn zu verbringen, und dein Daddy empfindet ganz genauso. Es ist bloß ein kleines Geschenk zu deinem Geburtstag, meine Süße.“
„Der ist erst in einem Monat, Mom! Und ich kann nicht einfach verreisen und Plain Vanilla sich selbst überlassen.“
„Aber natürlich kannst du! Es ist doch bloß ein Laden. Und das Timing ist der wesentliche Faktor. Du wirst nicht jünger, Schätzchen. Wenn man die dreißig überschritten hat, braucht es ein wenig extra Pflege, um so gut wie möglich auszusehen. Aber jetzt zu etwas anderem: Wo steckt mein Petie? Und wer ist dieser hübsche junge Mann?“
Garnet, wie immer atemlos nach einer Begegnung mit ihrer Mutter, drehte sich um und stellte fest, dass Will mit hochrotem Gesicht so still und steif dastand wie eine Statue. Sie legte ihm einen Arm um die Schultern, damit er sich anlehnen konnte, auch wenn er größer und schwerer als sie war. Seinen verdatterten Gesichtsausdruck konnte sie bestens nachvollziehen. „Das ist Will, Mom. Will MacKinnon. Er arbeitet an zwei Nachmittagen in der Woche für mich.“ Sanft drückte sie seine rechte Schulter, um ihm zu signalisieren, dass er die Hand ausstrecken sollte.
Er tat es. Anscheinend vergaß er seine gute Kinderstube nicht, auch wenn er sich überrumpelt fühlte.
Patricia schüttelte ihm die Hand. „Nun, es ist sehr schön, dich kennenzulernen, Will. Stammst du von Walker MacKinnon ab?“
„Nein, Ma’am. Mein Daddy ist Tucker MacKinnon. Walker heißt bloß mein Grandpa.“
„Aha.“ Patricia blickte abwägend von Will zu ihrer Tochter. Aus ihren Augen sprachen Kalkül und allerhand Vermutungen.
„Nein!“, sagte Garnet.
„Habe ich etwas gefragt?“
„Du hast über eine Möglichkeit nachgedacht und die Antwort lautet Nein.“
„Ich habe lediglich gedacht, dass Will aus einer wundervollen Familie kommt. Wie nett, dass du …“
„ Nein , Mom.“ Garnet beabsichtigte nicht, sich aufzuregen, sie war lediglich kurz davor, weil Patricia nur einen adligen Namen zu hören brauchte, um von einer Hochzeit in Weiß, von Fotos in Gesellschaftsspalten und Neidern im Country Club zu träumen.
Zum Glück ahnt Tucker nichts von dem kupplerischen Unfug, den sich meine Mutter einfallen lassen kann, dachte Garnet. Sonst müsste es mir äußerst unangenehm und peinlich sein, wenn beide aufeinandertreffen.
Genau in diesem Moment hörte sie seinen Pick-up um die Ecke fahren.
In Gedanken versunken bog Tucker auf den Parkplatz von Plain Vanilla ein. Pete saß quietschvergnügt auf dem Beifahrersitz und redete praktisch nonstop. „Also kann ich die Website morgen ändern?“
„Sicher“, erwiderte Tucker, obwohl er nicht wusste, worum es im Einzelnen ging.
Einem Kind gegenüber zu versagen, gefiel ihm gar nicht. Sein ganzes Leben lang hatte er Herausforderungen gesucht und bewältigt, an die andere Leute nicht einmal denken wollten. Aber Pete ließ sich einfach nicht bewegen, an die frische Luft zu gehen. Er sagte nicht Nein, denn dazu war er zu höflich. Er verhielt sich nur wie ein kleiner Bulldozer, der den einmal gewählten Pfad einhielt und stets eine Möglichkeit fand, sich zu drücken, wenn er in eine andere Richtung fahren sollte.
Tucker war daran gelegen, Garnet die Situation in Ruhe zu erklären, um weder wie ein Versager noch wie ein Sklaventreiber dazustehen. Und er wollte ihr seine jüngste Idee so schnell wie möglich unterbreiten. Sein Plan drehte sich natürlich nur um die Jungen, aber – rein zufällig – war es auch ein Weg, um zu testen, wie sie zum Thema Familie eingestellt war.
„… also können Sie mir ruhig Ihre Steuersachen zeigen. Ich mach das gern. Das ist keine Arbeit für mich … Oh weh!“
Tucker folgte Petes Blick zu einem silbergrauen Mercedes. „Was ist?“
„Das Auto gehört meiner Grandma.“ Pete seufzte so schwer wie ein uralter Mann. „Ich habe sie lieb.
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