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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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Sitzen im Tempel unserer Zivilisation geflohen. Jetzt können wir diesen Tempel wieder nach alten Wahrheiten herrichten. Diese Wiederherstellung misst sich daran, wie stark wir wieder gesellschaftliche Werte zur Geltung bringen, die nobler sind als der schiere finanzielle Profit … Wir brauchen Schutzmechanismen gegen die Rückkehr des Bösen: Es muss eine strikte Überwachung sämtlicher Bankgeschäfte und Kredite geben; und Investitionen, so dass dem Spekulieren mit fremder Leute Geld ein Ende bereitet wird.«
    Das Frustrierende ist, dass die Menschheit über Generationen hinweg doch zu erschreckender Vergesslichkeit neigt, weshalb auch eine Idee wie die Ultraliberalisierung der Finanzmärkte wundersam wiederkehren kann, die kaum ein halbes Jahrhundert zuvor verheerenden Schaden angerichtet hat. Das Ergebnis hätte man wissen können.
    Das Gute ist, dass man aus den Erfahrungen der 30er Jahre lernen und mindestens drei Lehren ziehen kann, wenn es darum geht, Exzesse zu beheben. Immerhin schrumpfte die aufgeblähte Finanzbranche damals anschließend ebenso spektakulär – auf ein Maß, wie es auch jetzt womöglich wieder sinnvoll wäre.
    Erste Lehre: Alles schon mal dagewesen
    Als in den Morgenstunden des 24. Oktober 1929 an der New Yorker Börse Panik auszubrechen begann, hatten die USA eine Zeit scheinbar unbegrenzten Glücks hinter sich – und eine Entwicklung, die in vieler Hinsicht von ähnlichem Ambiente und vergleichbaren Finanzexzessen geprägt war wie die vor Ausbruch der Finanzkrise 2007.
    »Die Leute rissen sich um Aktien, um in den Genuss der Wertsteigerung zu kommen«, schrieb später John Kenneth Galbraith in seinem legendär gewordenen Buch Der große Crash 1929 . Es habe kaum jemals eine Zeit gegeben, in der man schneller reich werden konnte als in den Jahren bis 1928 – dem Jahr, bevor der Einbruch kam.
    Was die Euphorie der »Roaring Twenties« ursprünglich ausgelöst hat? Da spielten die Erfolge der großen Industriekonglomerate offenbar ebenso eine Rolle wie die Technologieschübe der vorangegangenen Jahrzehnte, die zu ganz neuem Lebenskomfort geführt hatten – ob dank elektrischen Lichts oder der Kanalisation. Und auch manches Wundermittel aus der Finanzwelt wie die freizügige Vergabe von Krediten, um mit dem geliehenen Geld (noch mehr) Aktien kaufen zu können, so der Bonner Wirtschaftshistoriker Moritz Schularick. Und es gab jene Investmenttrusts, die aus einer Aktie gleich den Kauf der nächsten finanzierten, was nach Galbraiths Interpretation dazu führte, dass es am Ende kaum noch einen Zusammenhang zwischen den gehandelten Wertpapieren und den tatsächlich vorhandenen Werten gab. Stichwort: Leverage – Hebelwirkung.
    Auch wenn manches im Detail anders war – im Prinzip sind die Parallelen erschreckend. Nach Berechnungen des Wirtschaftshistorikers Thomas Philippon war der Anteil des Finanzsektors am US-Bruttoinlandsprodukt in den 20er Jahren rapide hochgeschnellt – vonetwas mehr als 3 auf rund 6 Prozent. Das ist vergleichbar mit der sprunghaften Entwicklung, die es seit den 1980er Jahren erneut gab.
    Ähnliches gilt für die Bezahlung von Bankmanagern – ebenfalls keine Besonderheit heutiger Zeit. Wie Philippon herausfand, lagen die durchschnittlichen Gehälter von Bankern Ende der 20er Jahre zwischen 50 und mehr als 60 Prozent über dem, was im Rest der Wirtschaft verdient wurde. Ebenfalls eine fast perfekte Parallele zu dem, was passierte, seit die Bezahlung Anfang der 90er Jahre hochzuschießen begann. Vor Ausbruch der Finanzkrise 2007 waren Banker sogar mehr als 70 Prozent besser bezahlt als der Rest.
    Kein Zufall. Nach Philippons Analyse korreliert die Bezahlung mit dem Grad der Finanzmarktliberalisierung – wobei auch hier gilt, dass der Freiheitsgrad der 1920er auf atemberaubende Art vergleichbar mit dem der 1990er und 2000er Jahre war. Die Liberalisierung habe jedes Mal zu hoher Kreativität geführt, komplexe Finanzprodukte zu entwickeln, so Philippons Erklärung. Das zog, zusammen mit der guten Bezahlung, wiederum hochqualifizierte Kräfte an. Damals wie diesmal. Was an sich ja noch nicht verboten ist und durchaus auch eine bessere Bezahlung als im Schnitt der Wirtschaft rechtfertigt. Wie Philippon berechnete, schossen die Gehälter aber beide Male auch stark über das hinaus, was durch die höhere Qualifikation angemessen gewesen und im Rest der Wirtschaft ebenfalls bezahlt worden wäre. Sprich: Es gab Ende der 1920er wie in den 2000er Jahren eine zusätzliche

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