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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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ist, ob nicht jene Rezepte erneut helfen könnten, mit denen die Welt nach den 30er Jahren wieder in einen Zustand zurückfand, in dem Banken ganz normale Wesen ohne Sonderstatus und Boni waren und die Wirtschaft offenbar trotzdem blühte, vielleicht auch: gerade deshalb.
    Zweite Lehre: Bankenirrwitz ist kein Schicksal
    Es mag schwer fallen, sich eine Welt ohne große Banken vorzustellen – nach drei Jahrzehnten, in denen wir fast täglich die große Wichtigkeit und (Narren-)Freiheit von Finanzakteuren zu spürenbekamen, in denen uns die Börsenkurse vor den Abendnachrichten zelebriert wurden, in denen es bei Banken die schönsten Empfänge in den höchsten Chefetagen gab und der Chef der Deutschen Bank (und nicht etwa der von Obi) selbstverständlich zu den engsten Vertrauten der Bundeskanzlerin zählte, wenn es um wirtschaftliche Probleme geht. Umso faszinierender ist, was in den zehn bis 15 Jahren nach dem Crash 1929 passierte. Auch damals muss es den Beteiligten erstmal schwergefallen sein, sich eine Welt ohne hochbezahlte und großspurig auftretende Banker vorzustellen. Und doch kam irgendwann ein Bruch, der die nächsten Jahrzehnte bestimmen sollte.
    Nach dem Börsendesaster von 1929 dauerte es noch eine Weile, bis die Illusionen manches Bankers verflogen waren, wonach sich die Dinge schon wieder irgendwie einrenken würden. Zunächst nahm auch der Abstand der Bankergehälter irrwitzigerweise noch einmal zu – was, wie erwähnt, vor allem daran lag, dass die Löhne im Rest der Wirtschaft noch schneller sanken. Die Illusion schwand mit der Bankenkrise von 1931. Da wurde selbst denen bange, die vorher gepredigt hatten, so eine Krise müsse man halt aushalten. Und da gewannen jene an Gewicht, die das Bankgewerbe ordentlich schrumpfen wollten.
    Was nach der Krise folgte, gehört mit Sicherheit zu den atemberaubendsten Strukturbrüchen der Wirtschaftsgeschichte. Wie gesehen, ließ sich die US-Finanzbranche ihr Wirken am Ende der unbeschwerten 20er Jahre rund 6 Prozent der gesamten US-Wirtschaftsleistung kosten. 1 Der Einbruch, der dann folgte, war noch spektakulärer als der Aufstieg. Bis Ende der 30er Jahre war die Bankerbranche so viel stärker geschrumpft als der Rest der US-Wirtschaft, dass der Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt nur noch bei 4 Prozent lag. Kurz nach Kriegsende waren es sogar nur noch 2,5 Prozent – weniger als zu Beginn der Boomphase nach dem Ersten Weltkrieg.
    Geschrumpft wurden da auch die Bankgehälter. In der zweiten Hälfte der 30er Jahre begann die Bezahlung von Finanzbeschäftigten in den USA dramatisch zu sinken. 2 Lagen die Gehälter noch 1933 mehr als 60 Prozent höher als im Rest der Wirtschaft, waren es 1941 nur noch 40 Prozent. Bis Ende der 50er Jahre setzte sich der Trend fort, bis schließlich aller Bonus weg war und ein Banker im Schnitt kaum noch besser bezahlt wurde als andere Menschen. Und das sollte für weitere zwei Jahrzehnte etwa so bleiben – bis ziemlich genau 1982, also dem Jahr, in dem Ronald Reagan die große Finanzmarktreform anschob.
    Als die Banker noch bescheiden waren
    Um wieviel die Gehälter in der Finanzindustrie über dem Schnitt der Wirtschaft liegen, in %

    Quelle: Philippon
    Lässt sich die Erfahrung aus der Zeit nach 1933 wiederholen und der Bankensektor auf ähnlichem Wege diesmal erneut schrumpfen? Um das beantworten zu können, ist es nötig, genauer hinzusehen und auszumachen, was genau damals zum Schrumpfen führte. Einen Teil hat dazu beigetragen, dass die Banken in den Jahren bis 1933 ziemlich brutal fallen gelassen wurden, es eine regelrechte Pleitewelle gab, die sowohl auf das Volumen der Bankgeschäfte alsauch auf die Bezahlung dämpfend wirkte. Das taugt als Rezept nur sehr bedingt. Denn: Diese Bereinigung sei damals viel zu schnell und zu brutal vonstatten gegangen, sagt Philippon. Was zur Großen Depression stark beitrug. Nicht zu Unrecht ziehen heutige Krisenmanager daraus ja den Schluss, Banken erstmal zu stabilisieren.
    Einen zweiten Beitrag zum beschleunigten Bankenschrumpfen leistete damals de facto der Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg. Die Kriegswirtschaft nährte vor allem die Industrie. Das Wirtschaftsgeschehen hing an staatlichen Militärausgaben. Da ließ schon deshalb der Einfluss (privater) Banker weiter ab. Effizient, aber natürlich nicht nachahmenswert.
    Das größte Nachahmungspotenzial liegt in dem, was Roosevelt von 1933 an anschob. Sein Vorgänger Herbert Hoover hatte sich in der Krise lange Zeit noch an die

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