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Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Titel: Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Skidelsky , Edward Skidelsky
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eine neue Vorliebe für die wilde Natur, für Moore und Berge als Gegensätze zu den Weiden und Weinbergen, die es früheren Generationen von Dichtern und Malern angetan hatten.
    Die frühesten Umweltgruppen – der National Trust in Großbritannien, der Bund Heimatschutz in Deutschland, der Sierra Club in Amerika – waren Produkte des romantischen Kults um alte Gemäuer und »unberührte« Landschaften. Ihre Mitglieder waren Enthusiasten aus der Mittelschicht mit konservativer, patriotischer Gesinnung. Sie hatten prinzipiell nichts gegen Industrieanlagen, sofern sie nur diskret versteckt wurden. Die vielen Wandervereine, die Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, waren proletarisch und linksorientiert, aber auch sie hatten nur eine vorübergehende Auszeit von der Industriekultur im Sinn, nicht ihre Abschaffung. Die Arbeiter wussten ganz genau, welche Hand sie fütterte.
    Aber zur frühen Umweltschutzbewegung gehörten auch andere, radikalere Stimmen; für sie war der Feind die Technik an sich, nicht nur ihr gelegentlicher Missbrauch. Ludwig Klages, der charismatische deutsche Philosoph und Dichter, gab den Ton vor. Fortschritt »geht in Wahrheit auf
Vernichtung des Lebens aus«,
schrieb er 1913. »Er trifft es in allen seinen Erscheinungsformen, rodet Wälder, streicht die Tiergeschlechter, löscht die ursprünglichen Völker aus, überklebt und verunstaltetmit dem Firnis der Gewerblichkeit die Landschaft und entwürdigt, was er von Lebewesen noch überlässt, gleich dem ›Schlachtvieh‹ zur bloßen Ware.«[ 20 ] Der Philosoph Martin Heidegger war genauso unbedingt. In seinem Aufsatz über moderne Technik aus dem Jahr 1953 beschreibt er sie als etwas, das alles annektiert, auch das, was ihr zu entkommen versucht:
    Das Wasserkraftwerk ist nicht in den Rheinstrom gebaut wie die alte Holzbrücke, die seit Jahrhunderten Ufer mit Ufer verbindet. Vielmehr ist der Strom in das Kraftwerk verbaut. Er ist, was er jetzt als Strom ist, nämlich Wasserdrucklieferant, aus dem Wesen des Kraftwerks […] Aber der Rhein bleibt doch, wird man entgegnen, Strom in der Landschaft. Mag sein, aber wie? Nicht anders denn als bestellbares Objekt der Besichtigung durch eine Reisegesellschaft, die eine Urlaubsindustrie dorthin bestellt hat.[ 21 ]
    Klages war Antisemit, Heidegger ein unbelehrbarer Nazi – und beide sind inoffizielle Vordenker der modernen grünen Bewegung. Nach dem Zweiten Weltkrieg überarbeiteten Adorno und Horkheimer ihre Ideen, sodass sie für die Linke akzeptabel wurden, und Adornos alter Kollege Herbert Marcuse exportierte sie nach Amerika. (»Die ökologische Bewegung«, sagte Marcuse gewohnt unerbittlich, »darf nicht nur nach der Verschönerung des Bestehenden streben, sondern muss eine radikale Veränderung der Institutionen und Unternehmen zum Ziel haben, die unsere Ressourcen verschwenden und die Erde verschmutzen.«)[ 22 ] In den letzten Jahrzehnten hat man den Umweltschutz als eine »progressive« Bewegung wahrgenommen. Nur ein paar orthodoxe Marxisten hegen noch den Verdacht, sein wahres Ziel könnte sein, die Armen dort zu halten, wo sie sind.
    Bis in die 1960er-Jahre war die radikale Kritik an der Technik eine Sache von Studenten, Künstlern und Intellektuellen. Zwei Entwicklungen brachten sie ins allgemeine Bewusstsein: zum einen das Aufkommen der Ökologie, der Wissenschaft von den Lebewesen in ihrem natürlichen Lebensraum. Die Ökologie förderte ein neues Bewusstsein für die Interdependenzalles Lebendigen und die Gefahren menschlicher Eingriffe. Sie lieferte wissenschaftliche Unterstützung für die alte mystische Vorstellung, dass die Natur ein »Gleichgewicht« verkörpert und wir uns selbst schaden, wenn wir dieses Gleichgewicht stören. Rachel Carsons Buch
Der stumme Frühling
aus dem Jahr 1962, eine Streitschrift gegen den Missbrauch von Pestiziden, war ein einflussreicher Ausdruck dieser Denkweise. In den 1960er-Jahren tauchten auch Malthus’ Sorgen wegen Bevölkerungswachstum und Ressourcenknappheit wieder auf. Paul Ehrlichs Buch
Die Bevölkerungsbombe
erschien 1968, gefolgt von
Die Grenzen des Wachstums
(1972) und
Die Rückkehr zum menschlichen Maß
des Ökonomen E. F. Schumacher (1973). Die neue Welle umweltschützerischer Argumentation umgab eine radikale Aura, aber ihr wahres Ziel war die langfristige »Nachhaltigkeit« der Industriegesellschaft, nicht ihre Abschaffung. Sie beeindruckte praktisch orientierte Männer und Frauen, die mit Entfremdung und Technik als »Gestell« im Sinne

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