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Wie viel kann eine Frau ertragen

Wie viel kann eine Frau ertragen

Titel: Wie viel kann eine Frau ertragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Schwarz
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haben wir uns zwei Hefte zugelegt und uns Liebesbriefe geschrieben. Gesprochen haben wir in der Schule nicht und schon gar nicht Händchen gehalten. Diese Hefte haben wir dann immer wieder getauscht, er bekam meins und ich seins. Was war unsere Liebe schön. Ja, so war meine erste große Liebe.
     
     
     
     

Die neue Wohnung
     
     
    Ein halbes Jahr lebten wir in der kleinen Wohnung. Im Herbst 1973 wurde uns im gleichen Dorf eine Dreizimmerwohnung zur Verfügung gestellt. Wenn man die Wohnung betrat, kam man gleich in den Flur, links war das Schlafzimmer der Eltern, geradeaus links das Kinderzimmer, geradeaus rechts war Wohnzimmer, rechts ging man in die Küche. Rechts um die Ecke war das Bad und daneben ein WC. Jetzt wohnten wir in dieser Wohnung.
     
    Mein Vater und mein Bruder Rudi haben in der gleichen Firma gearbeitet. Damit wir noch mehr Geld hatten, hat unser Vater eine Arbeitsstelle für die Stiefmutter besorgt. Sie war quasi angestellt und mein kleiner Bruder Waldemar und ich mussten die Hallen fegen. Und das jeden Tag, im Sommer und im Winter. In Estland war so etwas möglich. Vormittags waren wir beide in der Schule, fast jeden Tag sechs Stunden, und dann noch mit dem Bus nach Hause. Sehr oft waren wir erst um 14:30 Uhr zu Hause. Zur Arbeit aber sollten wir um 16:00 Uhr hin. Meistens waren es dann auch zwei bis zweieinhalb Stunden, die wir fegen mussten. Dann haben noch Vater und mein Bruder Rudi uns geholfen. Zu dem Zeitpunkt war ich vierzehn und mein Bruder knapp zwölf Jahre jung. Wenn wir dann am Fegen waren, haben andere Mitarbeiter geguckt und auch getuschelt, immer wieder in unsere Richtung gezeigt. Bei uns war Kinderarbeit an der Tagesordnung, so etwas gab es auch nur bei uns, hatte ich das Gefühl.
     
    Einmal, als wir zur Arbeit waren, hat die Stiefmutter meine Schultasche durchgewühlt. Dieses Heft von Michael hat sie natürlich gefunden. Und wo ist es gelandet? Aber klar doch, bei meinem Vater! Die beiden haben zusammen unsere Liebesbriefe gelesen. Meinen Eltern passte dieser Junge einfach nicht, weil seine Eltern nicht so gut zusammengelebt haben. Seine Mutter war wohl eifersüchtig auf seinen Vater. Die Eltern von Michael waren mit meinen in einer Gemeinde, sie kannten sich und mochten sich auch nicht. Mein Vater sagte dann zu mir: „Wenn die Mutter von Michael eifersüchtig ist, dann wird auch Michael es sein. Es ist sehr schwer, mit einem eifersüchtigen Menschen zusammenzuleben.“ Oh Gott, ich war doch erst dreizehn, bis zum Heiraten waren wir noch nicht.
    Wir haben uns in der Schule gesehen und auch dann, wenn ich mal mit meinem kleinen Bruder meine Schwester Elvira und ihren Mann besuchen durfte. Dieser Michael war meine erste Liebe, und das mit dreizehn.
     
     
     

Gewalt – mein Begleiter
     
     
    Ich kam in die siebte Klasse. Im Großen und Ganzen habe ich gut gelernt. Als Fremdsprache hatte ich Deutsch. In unserer Klasse waren nur zwei Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit hatten. Wir hatten eine Dozentin, die selbst eine Deutsche war und mit einem Oberoffizier verheiratet war. Ihr Mann war aber ein Russe. Obwohl sie selbst eine Deutsche war, hasste sie die deutschen Schüler und mich besonders. Wahrscheinlich, weil ich mir mit der Zeit nicht alles habe gefallen lassen. Auf jeden Fall bekam ich im Deutschunterricht regelmäßig eine Zwei (hier ist es eine Fünf). Die Zensuren wurden in ein Jahresheft eingetragen und wir mussten die Unterschrift der Eltern nachweislich mitbringen. Auf jeden Fall hat mein Vater diese schlechten Zensuren nicht gesehen. Er bekam dann einen Brief nach Hause. Abends sagte er dann zu mir: „So viele Zweier, die du im Jahresheft hast, sovielmal bekommst du dann mit dem Gürtel!“ Aus Angst vor dieser Prügel habe ich kaum geschlafen, konnte nicht mehr normal denken, aber es musste ja weitergehen.
    Am anderen Morgen musste er erst zur Arbeit, um ein paar Stunden freizunehmen. Danach ist er dann zur Schule, hat mit unserer Deutschlehrerin gesprochen und war natürlich nicht begeistert. Ich aber hatte den ganzen lieben Tag so viel Angst, das kann man gar nicht beschreiben. Als unser Unterricht zu Ende war, bin ich mit einer Mitschülerin zu Fuß zum Busbahnhof. Unterwegs fragte sie mich dann, was jetzt wohl passieren würde, nachdem mein Vater in der Schule war, ob ich eine Strafe bekommen würde. Da habe ich ihr dann gesagt, dass er mich mit dem Gürtel verprügeln würde, so viele Zweier – so viele Schläge. Sie meinte nur, ihre Eltern

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