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Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Titel: Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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der Hund vor seiner eigenen Courage erschrickt und/oder der Überraschungseffekt nicht mehr da ist. Doch durch die erste positive Erfahrung wagen sich fast alle Hunde dennoch wieder an die Hand. So wird auch Marcy immer mutiger, und nach kurzer Zeit haben ihre Augen einen freudigen Glanz bekommen. Ihre Haltung hat das Geduckte und Angespannte verloren und drückt jetzt einen eher kindlichen, verspielten Charakter aus.
    Eine meiner Lieblingsszenen des Filmes wird etwas später bei diesem zweiten Besuch gedreht. Wir fahren hinaus auf einen Feldweg, um uns anzusehen, wie Marcy mittlerweile bei Spaziergängen auf fremde Hunde reagiert. Ich habe alle meine Hunde dabei und laufe mehrfach in jeder möglichen Besetzung mit ihnen an Isabell und Marcy vorbei. Bis auf die Tatsache, dass mein Mitja dringend Pipi muss und deshalb zur anderen Seite zieht, passiert gar nichts. Marcy und Isabell gehen so ungerührt ihres Weges, dass ich mir die Augen reiben würde, wenn ich nicht mehrere Leinen in der Hand hätte.
    »Wir haben eben täglich geübt und die Situationen in der Stadt bewusst gesucht, so wie du gesagt hast«, erklärt Isabell in ihrem unnachahmlich schleppenden Sprechtempo dieses kleine Wunder. Ich schaue die junge Frau an und bin mir plötzlich ganz sicher, dass sie eine Wundertüte ist, die bisher nur ein Wesen auspacken durfte. Und das heißt Marcy.
    2 Nach Maja Maike Nowak, Die mit dem Hund tanzt, z. B. in den Geschichten »Die Tankstelle« und »Die Genauigkeit in Person«.

Und ich bewege mich doch
    Schon von Weitem ist zu sehen, dass die struppige, große Hündin schon unzählige Male Junge hatte. Ihr Gesäuge hängt wie ein schwerer, leerer Sack an ihr herunter. Ihre Rute ist zwischen die Hinterbeine geklemmt. Die Schlappohren sind so weit nach hinten gelegt, dass sie sich fast im Nacken berühren. Ihr Kopf ist stark abgeduckt. Die Hündin wirkt wie eingefroren.
    Die Frau, die sie an der Leine hält, verstärkt diesen reglosen Eindruck in gewisser Weise. Sie sitzt in einem Rollstuhl und blickt bewegungslos nach vorn. Als sie mich aus dem Auto aussteigen sieht, verändert sich ihr Gesichtsausdruck. Sie zieht die Brauen amüsiert in die Höhe und sagt: »Mit so einem Geländewagen wollte ich auch mal um die Welt, jetzt ist es leider so einer geworden.« Dabei zeigt sie auf ihren Rolli. Ich brauche einen kurzen Moment, um mich zwischen meiner Betroffenheit und ihrem Angebot zur Unbefangenheit einzufinden. Die Frau ist ungefähr vierzig Jahre alt, also zehn Jahre jünger als ich selbst. Ohne es zu wollen, schießt mir sofort durch den Kopf, was ich in ihrer Lage nicht mehr tun könnte: mit meinen Hunden in der Natur laufen, völlig selbständig sein, rennen, um den Bus zu erreichen (in dieser Reihenfolge).
    »Ich grüße Sie«, sage ich und betrachte ihr Gesicht von oben. Es ist mir unangenehm, auf sie herabzuschauen. Mir wurde jedoch bereits von mehreren Rollifahrern versichert, dass es für sie ebenso unangenehm wäre, wenn man sich neben sie hockte wie zu einem Kind. Die Oberlippe der Frau liegt wie ein sehr zarter, weit ausgebreiteter Schwalbenflügel über einem schmalen Unterlippenstrich. Ihre dunklen Haare sind zu einem Bubikopf geschnitten und betonen die Apartheit ihrer hohen Wangenknochen. Der angestrengte Ausdruck in ihren braunen Augen bildet einen Kontrast zu dem lockeren Tonfall, den sie mir anbot.
    Während ich auf sie zugehe, flieht die Hündin hinter den Rollstuhl und kippt diesen dabei fast um. Um einen Sturz der Frau zu verhindern, springe ich nach vorn und drücke die Armlehnen nach unten. Die Hündin, der eine Flucht wegen der Leine nicht gelingt, friert sofort in eine geduckte Haltung ein.
    »Sehen Sie, das Hundemädchen hat große Angst und will gar nicht rausgehen«, sagt die Frau und streckt mir zur Begrüßung die Hand entgegen. »Guten Tag.«
    Ich reiche ihr rasch die Hand und trete wieder zurück, damit ich die Hündin nicht noch mehr ängstige. »Sie hätten nicht extra auf der Straße warten müssen. Ich wäre doch zu Ihnen hineingekommen«, fasse ich meine Verwunderung über den Empfang zusammen.
    »Aber ich wollte, dass Sie das gleich mal sehen. Das ist ja der Grund, weshalb wir überhaupt nicht hinausgehen können. Im Übrigen habe ich eine Frage: Könnten wir uns vielleicht duzen, dann wäre ich weniger aufgeregt?« Sie blickt mich erwartungsvoll an.
    Ich nicke. »Gern, ich bin Maja.«
    »Danke, das hilft. Ich heiße Beate«, stellt sie sich vor.
    Gekonnt fährt sie mit ihrem

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