Wie war das noch - Schulwissen neu aufpoliert
Männer vor, verrückt zu sein, und gehen einer Ärztin in die Falle, die es tatsächlich ist. Dürrenmatt schockiert seine Zuschauer mit Furcht erregender Fantasie. Dermaßen wachgerüttelt müssen sie, zu moralischen Widersprüchen Stellung beziehen.
Beispiel »Der Besuch der alten Dame«: Eine Multimillionärin verspricht den Einwohnern einer verarmten Kleinstadt viel Geld, wenn sie einen ihrer Mitbürger umbringen, der ihr vor Jahren Leid angetan hatte.
Auch mit einer Kriminalgeschichte (»Der Richter und sein Henker«) fesselt Dürrenmatt seine Leser.
Jurek Becker (1937 — 1997), der einen großen Teil seiner Kindheit in Konzentrationslagern verbringt und erst mit acht Jahren Deutsch lernt, schreibt den bewegenden Roman »Jakob der Lügner«: die Geschichte eines Jungen, der im polnischen Ghetto seinen Mithäftlingen Hoffnung auf Befreiung macht, indem er so tut, als würde er in einem Radio Erfolgsnachrichten hören. Das Buch wird zweimal verfilmt. Becker schreibt später weitere Romane (»Bronsteins Kinder«, »Amanda herzlos«) und das Drehbuch zur Fernsehserie »Liebling Kreuzberg«.
Siegfried Lenz (1926 geboren) gehört zu den populärsten Schriftstellern der Nachkriegszeit. Vor allem sein Roman »Die Deutschstunde« macht ihn zum Bestseller-Autor. Darin beschreibt ein jugendlicher Strafgefangener in einem Aufsatz, wie sein Vater während der NS-Zeit als Polizist mit den Worten »Pflicht ist Pflicht« übereifrig das Malverbot gegen einen Künstler überwacht. Lenz schreibt auch heitere Geschichten, zum Beispiel über seine ostpreußische Heimat, die heute zu Polen gehört (»So zärtlich war Suleyken«).
Günter Grass (1927 geboren) wird als 32-Jähriger mit dem Roman »Die Blechtrommel« schlagartig berühmt, nachdem er zuvor Gedichte und erste Dramen schrieb. Mit seinem bis heute bekanntesten Werk will der in Danzig geborene Autor zeigen, dass die großen Verbrechen der Nazizeit ihren Ursprung in den kleinen Alltäglichkeiten haben, in den Wohnküchen ganz normaler Leute. Er beschreibt das Geschehen aus der Sicht eines kleinwüchsigen Jungen: »Ich erblickte das Licht dieser Welt in Gestalt zweier Sechzig-Watt-Glühbirnen. Noch heute kommt mir deshalb der Bibeltext ›Es werde Licht, und es ward Licht‹ wie der gelungenste Werbeslogan der Firma Osram vor.« Auch drastische und sexuell freizügige Szenen, 1959 noch ungewohnt, sorgen dafür, dass »Die Blechtrommel« provoziert und weltweit Erfolg hat.
Grass engagiert sich politisch viele Jahre lang für die SPD. Zu seinen bekannten Werken gehören neben der »Blechtrommel« die Novelle »Katz und Maus«, in der es um Jugendliche während der Nazizeit geht, sowie die Romane »Hundejahre«, »Der Butt« und »Die Rättin«.
Als Heinrich Böll 1972 erfuhr, dass er den Nobelpreis für Literatur bekommen werde, soll er gefragt haben: »Warum ich – warum nicht Grass?« Der musste noch einige Jahre warten. Doch 1999 bekam auch er ihn schließlich, genau 40 Jahre nach der Veröffentlichung seiner »Blechtrommel«.
Martin Walser (1927 geboren) bekommt schon für eine Geschichte aus seinem ersten Erzählband den Literaturpreis der »Gruppe 47« (siehe Seite 90). In seinen Büchern schildert er häufig, wie Frauen und Männer der deutschen Mittelschicht beruflichen und privaten Problemen ausgesetzt sind. In der Novelle »Ein fliehendes Pferd« ist es ein Lehrer, der mit seiner Frau Urlaub macht und sich unter Druck gesetzt fühlt. In anderen Büchern beschäftigt sich der produktive Autor auch mit dem Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland.
Weit über ihre Heimat hinaus findet die bekannteste Schriftstellerin der DDR Anerkennung: Christa Wolf (1929 geboren) schildert in ihrem Roman »Nachdenken über Christa T.« das Leben einer an Krebs verstorbenen Freundin und in der Erzählung »Kein Ort. – Nirgends« eine fiktive Begegnung des Schriftstellers Heinrich von Kleist (siehe Seite 80) mit einer Kollegin. In ihrem erfolgreichsten Buch – »Kassandra« – macht Wolf die gleichnamige Hellseherin aus der griechischen Mythologie zur Hauptfigur und verknüpft deren Leben mit der Gegenwart (Kassandra sagt immer die Wahrheit, ist aber dazu verflucht, dass ihr keiner glaubt).
Im Roman »Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud« (2010) beschreibt Wolf die Reise einer Autorin, die unschwer als sie selbst zu erkennen ist: Sie hat ihr Leben überwiegend im kommunistischen Ostdeutschland verbracht und hält
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