Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Sofa.
Constanze schüttelte den Kopf. »Sie sprachen von einem zweiunddreißigjährigen Insassen. Und Silas ist im Moment in Frankfurt. Er geht nicht an sein Handy. So viele Zufälle kann es nicht geben.«
»Warten wir’s erst mal ab.« Susanne strich ihr über den Rücken. »Frank hat sich gleich nach deinem Anruf ans Telefon gehängt. Vielleicht erfährt er über seinen Detektivkreis mehr als das, was wir aus den Nachrichten wissen.« Sie legte einen Arm um Constanze. »Was auch immer Silas zugestoßen ist, Biene. Wir werden nicht aufgeben, bis wir es herausgefunden haben.«
Constanze nickte unter Tränen. In diesem Moment klingelte das Telefon. Sie zuckten zusammen.
Susanne hob ab. »Ja?« Sie lauschte einen Moment. »Hallo, wer ist denn da?« Sie schüttelte verständnislos den Kopf, dann legte sie auf. »Es hat sich niemand gemeldet.«
Eine Minute später begann der Apparat, erneut zu klingeln. Susanne griff wieder nach dem Hörer. »Hallo?« Sie drehte sich um und nickte Constanze kurz zu. »Ja, Frank? Ach du warst das gerade eben.« Sie hörte einige Augenblicke zu, dann schluckte sie. »Mmh. Und was heißt das?« Kurze Pause. »Ja.« Wieder eine Pause. »Bist du sicher?«
Constanze verfolgte in stummem Entsetzen das kurze Gespräch. Schon bevor ihre Freundin das Telefon einhängte, sah sie deren Gesicht an, welch schlechte Nachrichten sie hatte. Susanne drehte sich mit Tränen in den Augen zu ihr um. »Sie …« Erschüttert griff sie nach Constanzes Händen. »Sie haben über das Nummernschild den Besitzer des Fahrzeugs ermittelt«, erzählte sie krächzend. »Es ist auf Daniel Lander eingetragen … Du hattest recht.«
Eine Woge der Übelkeit donnerte über Constanze hinweg. »O Gott, nein. Nein!« Wimmernd presste sie die Hand vor den Mund. Silas war tot. Er war tot. Tot. Tot.
Eine eiskalte Leere breitete sich in ihr aus, fast, als würde jede Zelle ihres Körpers unwiderruflich absterben.
»Es tut mir so leid, Liebes.« Erschüttert drückte Susanne sie an sich.
Aneinandergeklammert saßen sie auf dem Sofa. Weinend. Fassungslos. Constanze wusste nicht, wie lange. Es konnten Stunden gewesen sein oder nur Minuten. Irgendwann ließ ein leises Geräusch sie aufsehen. Ihr Magen knotete sich zusammen, als sie Eliah blass und verängstigt am Fuß der Treppe stehen sah.
»Warum weinst du, Mama? Ist dir wieder schlecht?« Besorgt kam er näher.
Constanze rutschte vom Sofa, fiel vor ihrem Sohn auf die Knie und schloss ihn in die Arme. Eliah legte seine kleinen Hände um ihren Nacken.
»Ich muss dir was sagen, Eliah.« Constanze schluckte unter Tränen. »Silas.« Ihre Stimme kam von sehr weit her. »Er hatte einen Unfall.«
Eliah hob den Kopf und löste sich von ihr. »Was? Wann denn? Hat er dir davon erzählt?«
»Er …« Constanze schluckte und kniff die Augen zu. Sie brauchte all ihre Kraft, um ihn wieder anzusehen. »Es ist etwas Furchtbares passiert, Eliah.« Ihre Finger schlossen sich um seine. »Silas … er … er ist …« Sie brach ab, konnte das Unbegreifliche einfach nicht aussprechen.
»Muss er für länger in Frankfurt bleiben? Aber er kommt doch wieder, oder?«
Constanze begann haltlos zu weinen, dann schüttele sie abgehackt den Kopf. »Nein.« Sie biss sich auf die Lippe. »Nein, er kommt nicht wieder.«
Eliah sah sie bestürzt an. »Nie mehr?«
Constanze brachte keinen Ton mehr heraus, aber das musste sie auch nicht. Eliah las die schreckliche Antwort in ihrer Miene.
»Nein«, rief er. »Das stimmt nicht. Er kommt wieder. Ganz bestimmt. Er hat’s versprochen.« Er wiederholte die Worte immer wieder, selbst noch, als Constanze ihn erneut in die Arme schloss. Das Gesicht an ihrem Hals vergraben, ließ er seinen Tränen freien Lauf.
Constanze weinte mit ihm. Schock und Entsetzen über das, was in Frankfurt geschehen war, stürzten zentnerschwer auf ihr Herz. Jetzt blieb nichts mehr, kein Irrtum, keine Hoffnung. Nur noch gnadenloser Verlust.
Sie bemerkte kaum, wie sich Susanne neben sie setzte. Sie knieten zu dritt auf dem Boden. Gemeinsam gelähmt von dem unfassbaren Schock.
Erst als Eliah erschöpft in einen unruhigen Schlaf fiel, schaffte Constanze es, sich mit Susannes Hilfe langsam wieder aufzurichten. Millionen von Nadeln stachen in ihre tauben Beine, während sie sich kraftlos auf die Füße kämpfte. Eliah immer noch an sich gedrückt, wankte sie neben Susanne die Treppe hinauf und legte sich mit ihm auf Silas’ Bett. Mechanisch zog sie ihm Schuhe und Hose aus,
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