Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
nett, mir mal kurz wegen einem aufdringlichen Nachbarn zu helfen? Unmöglich! So etwas Blödes konnte sie beim besten Willen nicht sagen.
Was also sonst?
Dass sie ihn mochte? Dass seine Berührung sie völlig aus dem Konzept brachte? Unmöglich hoch zehn.
Aufgewühlt arbeitete sie sich die Treppe hinauf. Egal welche Worte auch immer durch ihren Kopf rauschten, eines blieb gewiss. Sie musste den ersten Schritt machen. Einen Schritt, der definitiv in seine Richtung ging …
Constanze blieb keuchend stehen und ruhte sich ein Weilchen aus. Vielleicht machte sie sich völlig umsonst verrückt. Vielleicht hatte er gar keine Zeit. Vielleicht fand er einen Ball uninteressant. Vielleicht. Vielleicht. Vielleicht.
Es gab tausend plausible Gründe, die Daniel als Entschuldigung anführen konnte. Warum nur hatte sie dann das untrügliche Gefühl, er würde sofort zusagen?
7.
Zu viele Fragen
D as Handy gab ein melodisches Summen von sich. Silas drehte den Kopf, blieb aber lang ausgestreckt auf dem Bett liegen. Er kniff die Augen zusammen und entzifferte die angezeigte Zahlenfolge. Wieder die unbekannte Nummer, die schon mehrfach im Display erschienen war. Stirnrunzelnd nahm er das Telefon vom Nachttisch. Wer das auch war, er musste herausfinden, woher diese Person seine Nummer hatte. Er drückte eine Taste.
»Ja?«
»Aha, du lebst also noch«, meldete sich eine tiefe Männerstimme mit hörbar südländischem Akzent.
»Nevio.« Silas entspannte sich. »Hey, altes Haus. Was gibt’s?«
»Das Übliche.« Nevios Grinsen spiegelte sich in seinem Tonfall wider. »Ich dachte schon, du hättest das Zeitliche gesegnet. Hab schon einige Male versucht, dich zu erreichen.«
»Du warst das also.« Silas runzelte die Stirn. »Ich hab deine Nummer nicht erkannt, sonst hätte ich dich zurückgerufen.«
»Ich habe ein neues Telefon.« Nevio schnaubte schicksalsergeben. »Maria hat mein altes in der Toilette versenkt, weil ich ihr nicht erlaubt habe, es mit in die Schule zu nehmen.«
Er lachte lauthals. »Wie geht’s dem kleinen Sonnenschein?«
»Wird immer hübscher, genau wie ihre Mutter.«
Silas winkelte ein Bein an und legte locker einen Arm über den Kopf. »Sag Jara einen Gruß von mir, ja?«
»Sag ihr selbst einen, sie steht neben mir.«
Silas hörte ein kurzes Rascheln, dann meldete sich eine weiche Frauenstimme. »Hallo Sil. Wir haben uns echt Sorgen gemacht. Wo hast du denn gesteckt? Nimmt dich dein letzter Auftrag so in Anspruch oder hast du endlich die passende Señorita gefunden?«
Silas schüttelte den Kopf. Jara war einfach unglaublich. Seit er denken konnte, pflegte sie unbeirrbar die Hoffnung, er würde irgendwann eine genauso glückliche Familie gründen wie sie und Nevio. Nun, da hatte er wohl Neuigkeiten für sie. »Möglicherweise beides.«
Sie schnappte nach Luft »Du machst einen Scherz.«
»Eigentlich nicht.«
»Ist sie nett? Wie hast du sie denn kennengelernt?« Jara war nicht mehr zu bremsen. »Ist sie hübsch? Triffst du dich regelmäßig mit ihr?«
Silas schloss grinsend die Augen. Typisch Jara. Zwanzig Fragen auf einmal. »Zu eins:«, begann er, »Ja, unheimlich nett. Zu zwei: beruflich.« Er hörte Nevio im Hintergrund bildgewaltig fluchen. »Zu drei: sehr. Und zu vier: Ich arbeite dran.«
Jara verarbeitete die Informationen in Rekordzeit, dann ging sie auf Nevios Kommentar ein. »Beruflich? Sie ist aber nicht zufällig die Person, die du …« Sie brach ab.
»Zufällig doch.« Er hörte Nevio gleich noch mal fluchen.
»Oje«, fasste Jara die Situation zusammen.
»Ja.« Silas rieb sich seufzend die Stirn. »Oje trifft’s ziemlich.«
»Und was jetzt? Bringst du sie mit nach Chile?«
»Darüber habe ich noch nicht nachgedacht«, antwortete er langsam. Jedenfalls nicht, bis Jara ihn mit der Nase drauf gestoßen hatte. »So nah bin ich ihr bisher nicht gekommen.«
»Aber das wirst du noch«, zog Jara die richtigen Schlüsse. »Hast du dich in sie verliebt?«
Diese Frage war wirklich starker Tobak. Und es gab nur zwei Menschen, denen er darauf eine ehrliche Antwort geben würde. Einer davon befand sich am anderen Ende der Leitung, der andere gleich dahinter. »Weiß nicht, kann schon sein«, sagte er nachdenklich. Dann lauschte er verwirrt seinen eigenen Worten nach. Irgendwie klangen sie falsch.
Warum eigentlich?
Plötzlich traf ihn die Erkenntnis wie ein Keulenschlag. Kann schon sein? Vollkommener Bockmist! Er hatte sich in Constanze verliebt. Hals über Kopf. Bis in das
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