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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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blieb an der kleinen Narbe auf ihrem Handgelenk hängen. Ein kaum sichtbarer weißer Strich war von ihrem Sturz in die Scherben der Vase übrig geblieben. Nachdenklich strich sie mit dem Daumen über die Narbe. Damals hatte sie sich geschworen, nie mehr zuzulassen, dass jemand ihr oder Eliah ein Leid zufügte. Und genau deshalb brauchte sie Gewissheit.
    Entschlossen sprang sie auf und rannte die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. Sie warf die Schlüssel aufs Bett, nahm eine Jeans sowie ein T-Shirt aus dem Schrank und zog sich in Windeseile an. Aus reiner Vorsicht steckte sie ihren kleinen Revolver in die Handtasche. Sie hatte ihn in der Nacht ihrer Flucht aus Michaels persönlichem Vorrat entwendet – damals in der festen Überzeugung, ihn einmal gut gebrauchen zu können. Hoffentlich behielt sie damit nicht auch noch recht. Daniels Waffe hingegen verstaute sie ganz oben in den Tiefen ihres Kleiderschranks.
    Nur wenige Minuten später stieg sie ins Auto. Auf dem Weg zu Daniels Haus vergewisserte sie sich immer wieder im Rückspiegel, ob ihr jemand folgte. Es war traurig, wie schnell sie wieder ihre alten, Michael-geprägten Gewohnheiten annahm.
    Langsam rollte sie die Kiesauffahrt hinauf. Wäre Daniel zu Hause, hätte er längst das Knirschen der Räder gehört und wäre hinausgekommen. In ihrer Entschlossenheit, sein Haus zu durchsuchen, hatte sie sich keinen Plan B zurechtgelegt für den Fall, dass er ihr plötzlich gegenüberstand. Zum Glück erwies sich das als überflüssig, denn das Anwesen lag verlassen da.
    Nichts deutete darauf hin, dass Daniel zu Hause war.
    Mit wackligen Knien stieg sie aus und schritt die wenigen Stufen zum Eingang hinauf, zögerte, dann drückte sie vorsichtshalber die Klingel. Sie hielt den Atem an und wartete auf eine Reaktion. Es kam keine. Sie klingelte erneut. Immer noch rührte sich nichts. Nicht die geringste Kleinigkeit.
    Constanze holte tief Luft. Also gut, jetzt oder nie. Sie hob die Hand und schob resolut den Schlüssel ins Schloss.
    Lauschend hielt sie inne.
    »Hallo? Bist du zu Hause?«, krächzte sie derart leise, dass Daniel sie ohnehin nicht gehört hätte. Constanze räusperte sich, brachte es aber nicht fertig, noch einmal lauter zu rufen.
    Schluss damit, das war reine Zeitverschwendung. Daniel war nicht da, sonst hätte er sich längst bemerkbar gemacht.
    Fast widerwillig trat sie in die Eingangshalle mit dem dunklen Eichentisch. Das Innere des Hauses lag friedlich und schweigend da. Nur das regelmäßige Ticken der Standuhr unterbrach die Stille. Scham und Angst fochten in ihrem Inneren ein erbittertes Duell, trotzdem durchquerte sie den Raum und ging zuerst in die Küche.
    Eine einzelne Kaffeetasse stand auf der Anrichte, daneben eine benutzte Frühstücksschüssel. Die Morgenzeitung lag im Papierkorb und ein Geschirrtuch hing in einem Winkel über der Spüle, der die Vermutung nahelegte, sein Nutzer hätte es im Hinausgehen lässig über die Schulter geworfen. So, wie sie Daniel kannte, konnte das durchaus möglich sein. Er warf Dinge ziemlich treffsicher durch die Gegend. Das hatte sie schon beim Wettbewerb im Park herausgefunden. Langsam drehte sie sich im Kreis. Was tat sie hier?
    Sie kehrte in die Eingangshalle zurück, ließ ihre Handtasche auf den Tisch fallen und blickte sich unschlüssig um. Da sie die Räume im Erdgeschoss weitgehend kannte, war es ratsam, erst einmal das Obergeschoss in Angriff zu nehmen. Leise ging sie die L-förmige Treppe hinauf und stand wenig später in einem geräumigen Schlafzimmer.
    Die Luft roch angenehm nach Duschgel und Aftershave. Genau wie Daniel. Sein Duft war ihr mittlerweile so vertraut, dass sie einen Augenblick lang das irrige Gefühl hatte, er stünde direkt hinter ihr. Sie ging weiter in den Raum hinein. Als sie unwillkürlich immer wieder über die Schulter sah, schimpfte sie sich eine hysterische Ziege. Daniel war definitiv nicht hier, auch wenn ihre Sinne es ihr noch so oft vorgaukelten. Sie hatte kaum zu Ende gedacht, da pendelte ihr Blick zu den zerknitterten Laken des großen Doppelbetts. Zögernd trat sie näher. Noch ehe sie sich dessen bewusst war, fasste sie auf das kühle Leinen. Nur wenige Stunden zuvor hatte Daniel hier geschlafen. Sie schluckte, weil ihr Herz noch rascher zu pochen begann. Allein, ihn sich in diesem Bett vorzustellen … total entspannt, die schwarzen Haare hoffnungslos zerzaust, bekleidet mit …
    Automatisch sah sie sich um. Was er wohl nachts trug? Sie konnte nirgends etwas entdecken,

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