Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
musste mehrmals schlucken, um sich nicht zu übergeben. Also doch. Frank hatte recht gehabt. Daniel war im Auftrag ihres Exmannes hier. Deshalb gab es diesen Strafzettel aus Baden-Baden, deshalb war er kurz nach Michaels Entlassung aufgetaucht, deshalb hatte er all diese Informationen über sie gesammelt.
Wenn man die richtigen Fragen stellt, bekommt man fast alles raus. Das hatte Daniel gestern erst gesagt. Und wie wörtlich er das gemeint hatte, konnte sie mit eigenen Augen ablesen. Er besaß wahrlich jedwede Information, die nötig war, um sie zu finden. Jede noch so winzige Einzelheit – sogar die Daten ihres Zeugenschutzprogramms.
Fassungslos suchte sie nach einer Erklärung, wo er das geheime Material überhaupt herhatte. Von Michael bestimmt nicht. Nicht einmal sie hatte Einsicht in sämtliche Unterlagen gehabt. Also wie war ihm das gelungen? Wie hatte er sich Zugang verschafft? An solche Daten kam normalerweise niemand heran.
Niemand, bis auf … bis auf …
Constanze schüttelte immer wieder abwehrend den Kopf. Nein. Nein! Das konnte doch nicht sein. Der Gedanke war so furchtbar, dass sie ihn nicht zulassen wollte. Sie presste die Hände vor den Mund. Wozu die Waffe im Wagen? Der Waffenkoffer, der Metallschrank. Daniel Lander hatte nicht nur den Auftrag erhalten, sie aufzuspüren. Eine Million Euro wären dafür auch eine unglaubwürdige Summe. Daniels Auftrag lautete, sie zu töten. Plötzlich rasten ihre Gedanken wie die Niagarafälle. Eine Million Euro. Das war selbst für einen Auftragskiller eine ungeheure Summe, sogar für Profis. Aber … für den Besten der Besten? Für …?
Es konnte doch nicht sein, dass hier der Magier seine Finger im Spiel hatte? Ausgerechnet er. Ausgerechnet der schlimmste Killer, von dem sie je gehört hatte. Und Michael kannte ihn, hatte bereits in der Vergangenheit darüber nachgedacht, seine Dienste in Anspruch zu nehmen oder es sogar getan.
Fieberhaft versuchte sie, sich zu beruhigen. Sie irrte sich. Sie irrte sich. Ganz bestimmt. Sie war keine so große Nummer, als dass es dafür den Magier brauchte.
Aber Michael machte keine halben Sachen. Hatte er nicht oft genug betont, dass er sie töten würde? Je länger sie darüber nachdachte, desto logischer erschien es ihr. Schon früher hatte ihr Exmann die Besten engagiert, die er kriegen konnte. Und der Magier war der Beste. Unbestreitbar. Das wusste sogar Constanze. Natürlich würde Michael sich an ihn wenden.
Sie starrte auf die offene Mappe. Jetzt war ihr auch klar, wie Daniel sie gefunden hatte, wie es ihm gelungen war, an die Unterlagen zu kommen, warum er sich blind mit Computern auskannte und sich in jeder Gesellschaftsschicht derart souverän bewegte. Er war der Magier, er hatte …
Ihr schwindelte, als ihr plötzlich aufging, was sie gerade herausgefunden hatte. Daniel war der Magier. Er war dieser geheimnisvolle Killer, über den so viel spekuliert wurde.
Großer Gott!
Sie kippte gegen die Werkbank. In ihren Ohren begann es verdächtig zu rauschen. Schwer atmend hielt sie sich an der Kante fest, versuchte irgendwie, die grausige Wahrheit zu verarbeiten. Daniel war ein Killer. Gekommen, um sie zu töten. Nur aus diesem Grund war er in diesem Aufzug gewesen, nur aus diesem Grund hatte er sich ihr genähert.
Wieso eigentlich? Wieso hatte er das getan? Er hätte doch einfach … Es wäre ihm ein Leichtes gewesen … Warum war sie überhaupt noch am Leben?
Constanze begriff es nicht. Normalerweise kannte der Magier keine Gnade. Wer auf seiner Liste stand, verschwand auf Nimmerwiedersehen von der Bildfläche. Nicht einmal die Leichen tauchten wieder auf. Daniel hätte ein Dutzend Gelegenheiten gehabt, sie umzubringen.
Bei dem Gedanken, was alles zwischen ihnen vorgefallen war, brach sie endgültig zusammen. Weinend rutschte sie zu Boden. Das Dröhnen in ihren Ohren schwoll an, röhrte immer lauter, bis es alles überdeckte, was noch um sie war. Ihr Gesichtsfeld begann sich gefährlich zu verengen und sie spürte, wie die Finsternis nach ihr griff. Nein! Sie durfte nicht ohnmächtig werden. Nicht jetzt. Auf keinen Fall jetzt. Mit letzter Kraft zwang sie sich, tief und gleichmäßig zu atmen. Nach einigen bangen Momenten schwand der Druck von ihren Ohren und ihr Blick klärte sich. Trotzdem brauchte sie noch mehrere Sekunden, bis sie begriff, dass das Dröhnen unverändert laut blieb. Sie horchte. Das Geräusch kam nicht aus ihrem Kopf. Es kam von irgendwo anders her. Genauer gesagt von
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