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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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hinterherzurennen, auf der Suche nach Menschen, die aus dem Üblichen herausragen? Ist es schon so weit?
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    Demagogen, denen nachgelaufen wurde, hat es auch in den Anfängen der Bundesrepublik gegeben. Das ist eine menschliche Eigenschaft, die man nie ganz ausschließen kann. Aber ich räume Ihnen ein, es ist Anlass zum Nachdenken, warum Leute wie Sarrazin und Guttenberg solche Aufmerksamkeit finden. Und das ja wohl nicht in erster Linie wegen ihrer Charakterfestigkeit. Die besitzt hingegen Joachim Gauck zweifellos ebenso wie ein Profil. Aber worin besteht das Profil der beiden anderen? Immerhin existieren auch erfreuliche Gegenbeispiele, die man gelegentlich erwähnen sollte. Wer ist denn der angesehenste Politiker in der ganzen Bundesrepublik?
    Â 
    Helmut Schmidt.
    Â 
    Ja. Und es ist eine Auszeichnung für unser Volk, dass ein Mann wie Schmidt nach Beendigung seines politischen Lebens immer noch präsent ist und dieses unglaublich hohe Maß an Zustimmung findet.
    Â 
    Aber vielleicht auch deshalb, weil die gegenwärtigen Politiker bei den Menschen nicht die Zustimmung finden. Es könnte da ein bestimmtes Vakuum entstanden sein.
    Â 
    Sie wollen damit doch nicht sagen, dass Leute von Schmidt auf Sarrazin ausweichen, weil es keine anderen gibt? Wo ist zwischen Schmidt und Sarrazin auch nur die geringste Übereinstimmung? Zwischen Guttenberg und Schmidt? Das kann ich nun überhaupt nicht sehen.

    Â 
    Deswegen habe ich ja ein positives Beispiel mit angeführt, nämlich Joachim Gauck.
    Â 
    Ja, das ist er. Ich hätte mir gewünscht, dass er sich seinerzeit nach seinem Ausscheiden aus der nach ihm benannten Behörde erneut parteipolitisch engagiert hätte. Umso mehr freue ich mich, dass er vor einigen Jahren als Nachfolger von Hans Koschnick den Vorsitz der von mir mitgegründeten Vereinigung »Gegen Vergessen – Für Demokratie« übernommen hat. Man darf in diesem Zusammenhang aber auch erwähnen, von wem Herr Gauck als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen worden ist – nämlich von zwei Parteien, der SPD und den Grünen. Also von denen, deren personelle Auswahlen kontinuierlich kritisiert werden.
    Â 
    Ich bin gar nicht weit von Ihnen entfernt – ich frage tatsächlich nur, ob Sie das Gefühl haben, dass der jetzige politische Nachwuchs dazu geeignet ist, am Ende zu einer »Lichtgestalt« wie Helmut Schmidt zu werden?
    Â 
    Da darf ich mich nicht übernehmen, meine konkreten Kenntnisse über die Nachwuchspersonen tendieren gegen null. Von denjenigen, die heute der Bundestagsfraktion angehören, kenne ich vielleicht noch zehn Prozent. Darum möchte ich auch keine Urteile fällen. Und was Helmut Schmidt angeht: Dass er einmal eine Lichtgestalt werden würde, hat 1951, 1952 noch keiner vorausgesehen.
    Â 
    1982 wieder nicht …
    Â 
    Langsam, langsam! Nach der Flutkatastrophe in Hamburg 1962, da war schon erkennbar, dass er eine besondere Rolle spielt. Und wenn ich noch einmal über den Nachwuchs nachdenke: Mir gefällt zum Beispiel der haushaltspolitische Sprecher der SPD, der Carsten Schneider. Das, was ich da aus der Ferne mitbekomme, hat Hand und Fuß. Auch Manuela Schwesig, die stellvertretende Parteivorsitzende und Landesministerin in Schwerin, gefällt mir. Hubertus Heil …
    Â 
    Da kann man geteilter Meinung sein.

    Â 
    Ganz ungeteilte Meinungen über Personen sind selten. In meinen Augen hat auch Andrea Nahles eine Menge dazugelernt. Ja, Schneider, Heil, Schwesig und Nahles, diese sind mir jetzt eingefallen. Zum politischen Nachwuchs der anderen Parteien kann ich aus dem Stand nichts sagen.
    Â 
    Und es gibt nichts, wo Sie aus Ihrer Warte heraus sagen würden, was man beim politischen Nachwuchspersonal verbessern könnte?
    Â 
    Man sollte ihnen eine Chance geben und ihnen sagen: »Behaltet euer Leben in eigener Hand, lasst euch von dieser Politikmaschine, die in Berlin offenbar noch schnellere Umdrehungen hat und stärkere Merkwürdigkeiten als in Bonn, nicht völlig vereinnahmen. Sagt auch zu Verpflichtungen, die euch angetragen werden, einmal nein. Und vor allen Dingen: Haltet den Kontakt mit den Bürgern.« Das Bürgerbüro ist nicht nur etwas, was man später als Visitenkarte herzeigen kann. Allein das Erfolgserlebnis, das sich einstellt, wenn man einem Menschen in einer konkreten Situation geholfen hat, ist für die politische

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