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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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liegen übrigens die Gründe dafür, warum ich dagegen bin, dass Parteien zu reinen Wahlvereinen werden. Manche loben das amerikanische Beispiel, wo sich bei den Parteien alles auf die Wahlen fokussiert. Ich möchte, dass Parteien weiterhin Mitglieder und Grundsatzprogramme haben und klipp und klar ihre Ziele, ihre Argumente und Motive benennen. Da lässt sich ihr Handeln auch besser kontrollieren.

    Â 
    Ich will zwei Beispiele anfügen, bei denen kritisiert wurde, dass Politikerentscheidungen weit entfernt von Lebensrealitäten sind. Das eine betrifft die umstrittenen Neuregelungen der Leiharbeit, das andere die Vereinbarung zwischen CDU, FDP und SPD über die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze. Man hatte das Gefühl, dass bei der Diskussion über die Anhebung alle möglichen Argumente herangezogen wurden, nur nicht die der betroffenen Menschen.
    Â 
    Das verstehe ich nicht. Für die betreffenden Menschen war es doch eine relevante Frage, ob für die Kinder, die in Armut aufwachsen, etwas Merkliches geschieht.
    Â 
    Richtig.
    Â 
    Das war ein zentraler Punkt, und in dieser Hinsicht hat sich doch einiges verbessert. Natürlich liegt es immer noch unterhalb des Wünschenswerten, aber die Verbesserung, was Ausbildung und Schule anbelangt, war schon ganz beachtlich. Klar wäre es sinnvoller gewesen, 40 oder 50 Euro monatlich zuzulegen, statt im ersten Schritt fünf Euro und im zweiten zwei Euro. Aber da muss ich die Frage der Deckung aufwerfen: Wo hätten die Parteien das Geld hernehmen sollen? Eine gute Sache war auch, dass die Kommunen bei dieser Gelegenheit eine erhebliche Entlastung erfahren haben. Also, ich finde den Kompromiss nicht so schlecht. Und was die Leiharbeit betrifft, da ist doch ein Fortschritt erzielt worden. Und ebenso bei den Mindestlöhnen.
    Â 
    Meine Frage zielte weniger auf die Höhe der Anhebung, sondern mehr auf das Zustandekommen der Berechnungsgrundlage. Das war auch das, was das Gericht, das Sie schon ein paar Mal gelobt haben, bemängelt hat – die sei nicht nachvollziehbar.
    Â 
    Nach Meinung der Verhandelnden des Bundestags und des Bundesrats ist die verwendete Berechnungsgrundlage jetzt verfassungsgemäß.
    Â 
    Der Kompromiss, der da ausgehandelt wurde, war tatsächlich ein solcher. Man hat hier etwas zugegeben, da etwas weggenommen, einiges ganz weggelassen.

    Â 
    Es wird sicher Klagen wegen der Erhöhungen geben, auch wegen der Berechnungsgrundlagen. Die bisherige Regelung war so, dass Kinder einen Prozentsatz bekommen haben. Das hat man nun korrigiert, dahingehend, dass Kinder nicht bei einem bestimmten Prozentsatz stehen bleiben, sondern dass sie für ihre schulischen Ausgaben, für eine Vereinsmitgliedschaft und so weiter zusätzliche Mittel erhalten. Damit versuchte man den konkreten Situationen gerechter zu werden, wie es gleichfalls das Bundesverfassungsgericht zu verstehen gab. Ob die neue Berechnungsart, auf die man sich geeinigt hat, rechtens ist …
    Â 
    â€¦ das wird das Gericht entscheiden.
    Â 
    Ja. Gott sei Dank ist das in solchen Fällen möglich.
    Â 
    Doch muss man erst vors Verfassungsgericht ziehen, sehenden Auges, nur weil nicht transparent gemacht wurde, wie die Erhöhung zustande kam?
    Â 
    Dass es in der Politik auch Kompromisse geben muss, ist unvermeidlich. Dass ihre Ergebnisse in Karlsruhe angefochten werden können, eine verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeit.

Über Glaubwürdigkeit, politische Vorbilder und Katastrophen
    Die von Ihnen geschätzte Süddeutsche Zeitung verbreitet, dass die Politik mittlerweile eher in Karlsruhe entschieden und gemacht wird als in den dafür zuständigen politischen Gesetzgebungsorganen.
    Â 
    Mehrfach hat das Heribert Prantl geschrieben, in einzelnen Fällen mit Recht. Gelegentlich sollen aber auch in Berlin politische Entscheidungen getroffen worden sein, das habe ich jedenfalls gehört.
    Â 
    Und gelegentlich werden dort auch Gesetze verabschiedet.
    Â 
    Genau. Und zum Beispiel demnächst über eine Bundeswehrreform und über die Euro-Rettung. Weiterhin über den Atomausstieg. Sie sehen, ich bin gegen Generalisierungen.
    Â 
    Wenn Parteien ohne störende Einflüsse von fachlicher Seite Kompromisse aushandeln, haben Sie da nicht das Gefühl, dass das Ende der Volksparteien, das wieder viel beschworen wird, tatsächlich naht? Und wenn dem so ist, wäre das denn ein Übel?
    Â 
    Wir machten

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