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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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ich mir die Nacharbeit nur intensiver wünschen.
    Â 
    Welchen Zeitrahmen sehen Sie vor sich? Wann sind wir mit der EU fertig?
    Â 
    Konkrete Zeitprognosen abzugeben – da würde ich mich überheben. Die Entwicklung hängt immer vom jeweiligen Druck ab, dem die europäischen Länder ausgesetzt sind. Gegenwärtig geht es in Richtung härterer Verschuldungsgrenzen, da ist der alte Vertrag zu weich. Auch arbeitet man an einer besseren Abstimmung in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Ebenso an neuen Regeln für den Finanzmarkt, und an mehr Gemeinsamkeiten in der Außenpolitik. Ich kann keine exakten Fristen nennen, aber der Druck ist spürbar. Manchmal würde ich mir noch ein stärkeres Engagement seitens des Europäischen Parlaments wünschen. Martin Schulz, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, zu dem ich eine nähere Beziehung habe,
sagt das auch. Aber wer nimmt einen Fraktionsvorsitzenden im Europäischen Parlament wahr? Haben Sie schon einmal einen in Ihre Sendung eingeladen?
    Â 
    Martin Schulz.
    Â 
    Martin Schulz war da?
    Â 
    Ja, natürlich.
    Â 
    Aber da sind Sie wieder einmal eine positive Ausnahme. Na gut.
    Â 
    Sie sprachen davon, dass das föderale System Deutschlands auf Europa übertragen wird – gerade das wird doch kritisiert. Diese Entwicklung hätte in Deutschland dazu geführt, dass wir jetzt nur noch drei Geber-und ansonsten Empfängerländer haben. Diese Situation sei für kein Land ein Ansporn, weder für die, die geben, also gut wirtschaften und dann etwas abgeben müssen, noch für die, die empfangen, weil sie wenig Antrieb verspüren, sich zu verbessern. Sie haben ja gesehen, dass sie dann selbst wiederum abgeben müssen.
    Â 
    Langsam. Da muss man den Finanzausgleich im Einzelnen betrachten, den ja jedes föderale System hat. Innerhalb der Bundesrepublik, das ist bekannt, gibt es erhebliche wirtschaftliche Unterschiede. Aber wollen Sie das den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern vorwerfen oder den Menschen in Bremen? Das kann man doch nicht. Und weil diese Unterschiede nicht in absehbarer Zeit behoben werden können, benötigen wir einen Ausgleich. Und hat der bisherige Ausgleich wirklich Schäden angerichtet? Ich werde in diesem Fall auch nie müde, an das Beispiel Bayern zu erinnern. Dieses Bundesland war jahrzehntelang ein Nehmerland, auch noch zur Zeit von Franz Josef Strauß. Und Respekt – Bayern ist zum Geberland geworden. Aber heute soll es sich deswegen nicht nur auf die Brust klopfen, sondern soll sagen: »Das, was wir empfangen haben, das geben wir jetzt anderen zurück, denn wir haben durch den Finanzausgleich einen besseren Status erreicht.«
    Â 
    Solidarität sollte also als oberstes Prinzip vorherrschen – auch auf dieser Ebene?

    Â 
    Ja. Und natürlich wäre es schön, wenn noch ein bisschen mehr Geberländer existieren würden ... Aber letztlich ist auch das System des Finanzausgleichs etwas, das immer wieder neu verhandelt werden muss.
    Â 
    Sie erwähnten Martin Schulz – und da wären wir wieder bei der Frage nach den Persönlichkeiten, die Politik braucht, um ein Anliegen nach vorne zu bringen. Habermas konstatierte bei den Politikern einen ähnlichen Impuls wie bei vielen Bürgern. Beide reagieren angesichts der Komplexität der Probleme, angesichts des schrumpfenden eigenen Spielraums nicht mit einem Verhalten, bei dem man dieser Entwicklung Aktionen entgegensetzt, sondern sie werden nur je nach öffentlicher Stimmungslage aktiv. Das ist jedenfalls der einfachere Weg zunächst einmal. Und was die Wahlen angeht, die ja in regelmäßigen Abständen stattfinden, da fühlen sie sich sicherer.
    Â 
    Es wäre in der Tat nicht verkehrt, auch zwischen den Wahlen darauf zu hören, was die Bürger sagen und wünschen. Dazu müsste man mehr mit den Menschen reden. Aber Politiker laufen aus den von Ihnen genannten Gründen Gefahr, passiv zu werden, weil sie der Berliner Politikbetrieb geradezu auffrisst. Dann wird für den Kontakt mit »normalen« Menschen die Zeit zu knapp. Da tritt dann auch eine gewisse Erschöpfung ein. Ich selbst habe das immer vermieden und in diesem Zusammenhang von dem Expander gesprochen, den man ständig auseinanderzieht – irgendwann schnurrt er dann nicht mehr zusammen.
    Â 
    Wir haben über den Wert Nächstenliebe gesprochen, über den Satz:

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