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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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Pass nach, nicht im Herzen.
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    Aber man kann doch nicht leugnen, dass man im täglichen Leben immer häufiger Menschen mit türkischen oder anderen ausländischen Namen begegnet, die flüssig Deutsch, ja, sogar einen bayerischen oder einen anderen Dialekt sprechen. Kann man da wirklich sagen, dass sie nicht auch Deutsche im Herzen geworden sind?
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    Ist eine zu niedrige Geburtenrate nicht auch ein klassisches Feld für Werte und Weltbilder? In islamischen Ländern ist zu sehen, dass es eine Korrelation zwischen gläubigen Familien und Kinderreichtum gibt. In Israel ist das Ziel, möglichst viele Kinder zu haben, beinahe Staatspolitik.
Fast könnte man meinen, dass dies nicht nur eine private, sondern auch eine ideologische Frage ist. Wir hatten das auch in Deutschland, im »Dritten Reich« – und haben uns dann mit einer berechtigten Skepsis davon abgewendet.
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    Gehen wir etwas weiter zurück, ins Mittelalter oder bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Da war nicht nur der christliche Glaube ein Grund für die größere Kinderzahl, sondern die Vorsorge für das eigene Alter. Es gab ja keine sozialen Sicherheitssysteme, also musste man sich an die Kinder halten. Sie sollten die Eltern, wenn sie nicht mehr arbeiten konnten, ernähren. Und haben das ja auch getan. Außerdem gab es keine Mittel zur Empfängnisverhütung.
    Forsche ich bei meinen eigenen Vorfahren nach, so waren da sechs Kinder oder sogar acht selbstverständlich. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging die Zahl deutlich zurück, selbst im katholischen Bereich waren es oft nur zwei, drei Nachkommen. Ganz unabhängig davon, ob es wirklich eine Korrelation zwischen Religion und Kinderzahl gibt – es ist eine der höchstpersönlichsten Entscheidung des Menschen, ob Kinder gewollt sind oder nicht. Aber den Gedanken, dass vom Vorhandensein von Kindern und deren Zahl auch heute die Sicherheit der eigenen Generation und der eigenen Existenz abhängt, den sollte man sich gelegentlich durch den Kopf gehen lassen.
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    Diesen Gedanken haben wir an den Staat delegiert, nicht wahr? In dem Moment, wo der Staat Geld von den Kindern nimmt und anschließend an die Älteren verteilt – ich spreche da vom Generationenvertrag –, hat man dem Einzelnen die Verantwortung genommen.
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    Das ist mir zu generell. Wahr ist, dass von der Kinderzahl die Finanzierung des Rentensystems abhängt. Auch kann und soll der Einzelne für sein Alter durchaus einiges selbst tun. Der Staat fördert das ja.
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    Aber als Einzelner kann ich mich immer aus der Affäre ziehen, indem ich sage, dass die anderen ja Kinder bekommen, ich selbst muss dies ja gar nicht.
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    Das könnte eine höhere Belastung Kinderloser rechtfertigen.

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    Die Familie und ihr damit verbundenes Bild waren einst eher eine konservative Domäne, junge Linke konnten mit »Vater, Mutter, Kind« am wenigsten etwas anfangen. Die Glorifizierung von Kinderreichtum und der Rolle der Mutter hat dadurch enorm abgenommen. Wäre auch auf diesem Gebiet eine Renaissance angebracht, welcher Art auch immer? Hätten Sie da eine Idee?
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    Weiten wir das Thema etwas aus: Die Frage nach der Familie ist ebenso eine Frage nach der Ehe, nach Lebensgemeinschaften, nach der Haltbarkeit von Partnerschaften. Das ist ein Feld, das sich kaum in wenigen Sätzen abhandeln lässt. Aber ich will es versuchen. Natürlich ist in erster Linie der Einzelne gefordert, wenn es darum geht, wie er sein Leben gestalten will, und der Staat lässt ihm ja auch diese Freiheit. Dass der Staat hier eingreift und sagt: »Das musst du so und nicht anders machen«, das lässt unser Grundgesetz nicht zu. Aber wir sollten uns durch die Kirchen und durch andere Gemeinschaften zum Nachdenken anregen lassen. Und wenn wir schon über Kinder reden: Ist für den Einzelnen ein Kind nicht eine der größten Freuden, die er im Leben haben kann?
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    Das kann ich als Mutter nur bejahen.
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    Und wenn ich mir vorstelle, dass dieses Kind eines Tages nicht nur mir, sondern ebenso anderen helfen wird, dann erhöht das die Freude. Ich nehme ja für mein Wohlergehen auch die Leistungen der Kinder anderer in Anspruch. Das sind Gedanken, die ich in diesem Zusammenhang zur Diskussion stellen möchte. Im Übrigen: Wenn ein katholisches Paar streng nach den Regeln der Kirche leben und entsprechend der Enzyklika »Humanae vitae« Pauls VI. auf

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