Wie wollen wir leben
nicht. Wenn Leute dort die Voraussetzungen für ALG 2 nicht erfüllen, wenn sie Schwarzarbeit leisten oder sonst irgendwie Geld hinzuverdienen, muss gegen sie vorgegangen werden, da stimme ich Buschkowsky zu. Aber eine allgemeine Absenkung der ALG-2-Leistungen rechtfertigt das nicht. Das hat er meines Wissens auch nicht verlangt.
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Sie meinen, das Niveau, das wir jetzt haben, ist ausreichend?
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Das Bundesverfassungsgericht hat es nicht beanstandet. Es hat, wie schon gesagt, die Berechnungsweise beanstandet, aber nicht die Höhe. Nach dem, was ich persönlichen Gesprächen entnehme, kann man â schwierig genug â davon eben gerade leben. Wobei ich uns allen empfehle, einmal zwei Wochen lang mit diesem Geld auszukommen. Dann wissen wir besser, wovon die Rede ist.
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Von 364 Euro im Monat. Ihrer Meinung nach sollte dieser Regelsatz keinesfalls gesenkt werden, eher vielleicht noch moderat angehoben, und ein Mindestlohn würde reichen, um das Abstandsgebot zu erfüllen. Nicht zu vergessen die Besteuerung der Vielverdienenden auf der anderen Seite. Würde das reichen, um die Kassen wieder zu füllen? Würde das funktionieren, um die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland ein wenig zu schlieÃen?
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Das alles sind MaÃnahmen, die eine erhebliche Bedeutung haben. Aber ich wäre vorsichtig zu sagen: »Wenn man das macht, dann ist die Kluft geschlossen.« Es gibt noch ganz andere Probleme, die für das mangelnde Beieinandersein in dieser Gesellschaft eine Rolle spielen. Dazu gehört etwa die Bildung. Das Auseinanderdriften wird auch dadurch bewirkt, dass bei den sogenannten unteren Schichten die Zahl der Aufsteiger, die Zahl derer, die Hoffnung haben, gesellschaftlich nach oben zu kommen, geringer geworden ist. Da muss neu über das Bildungssystem nachgedacht werden. Und wir haben noch gar nicht in diesem Zusammenhang über die Migranten gesprochen. Die Kluft ist nicht nur eine materielle, sondern ebenso eine sprachliche und eine ethnische Kluft. Wahrscheinlich könnte man noch andere Bereiche aufzählen, aber neben der Lebensexistenz sind Bildung und Integration die wichtigsten Aspekte bei dieser Problematik.
Ãber die Gier, ein Schlamassel und das Leben mit zu wenig Kindern
Die Linke weist gern darauf hin, dass der Staat viel Geld für Zahlungen aufwenden muss, um beispielsweise â immer noch â Banken zu retten, Landesbanken, es aber an Mitteln für Bildung und Integration fehlt. Für Ihre Vorschläge zu Erhöhung bestimmter Steuersätze würde man Sie bei den Linken willkommen heiÃen, da bin ich mir ziemlich sicher.
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Da bin ich aber gespannt. Aber letztlich sind dies populistische ÃuÃerungen. Glauben Sie denn wirklich, es ginge den Menschen besser, wenn die Banken zusammenbrechen, wenn das Finanzsystem zusammenbricht? Geht es dann denen da unten besser? Ich glaube das nicht. Im Gegenteil: Der Staat wäre in einer Situation, in der sich seine Hilfsmöglichkeiten wahrscheinlich drastisch verringern würden. Und man hat doch Banken nicht geholfen, damit sie weiterhin so verantwortungslos wirtschaften wie bisher.
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Aber dann muss man darüber reden, wie Bildung und Integration angesichts unserer Staatsverschuldung finanziert werden sollen.
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Herr Schäuble würde darauf antworten: »Mit den unerwarteten Mehreinnahmen und durch Rückzahlungen der Banken.« Allheilmittel kann ich Ihnen jedoch nicht nennen. Aber mir hat imponiert, dass Grün-Rot in Baden-Württemberg die Grunderwerbsteuer anheben will, um etwa den Ausbau von Kinderkrippen zu finanzieren.
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Tatsächlich flossen an die Landesbanken schon Zahlungen in Milliardenhöhe. Bei diesen Summen muss die Gerechtigkeitsfrage doch gestellt werden!
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Ja. Die Länder mussten als Träger gegenüber ihren Landesbanken durch die Krise notwendig gewordene Verpflichtungen eingehen oder Beteiligungen erhöhen und sogar Geld transferieren. Wie viel
davon wieder an die Träger zurückflieÃen könnte, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber auch hier ist zu fragen: Wäre der Zusammenbruch der Landesbanken für die Allgemeinheit die bessere Lösung?
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Da Sie ein Optimist sind, glauben Sie also, dass man an dieses Geld herankommt.
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Ich habe nicht gesagt, dass ich es glaube. Es ist eher eine Hoffnung. Aber die Landesbanken sind schon ein trauriges Kapitel. Denn der Staat war ja auch in Zeiten der
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