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Wiedergaenger

Wiedergaenger

Titel: Wiedergaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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grässlich.« Hennyist zurück, sie trägt
jetzt einen engen, dunklen Rollkragenpullover, der sie schmaler
erscheinen lässt, als sie ist.
    Â»Kein Problem.«
    Livs Großmutter nimmt Platz und atmet tief durch. »Weißt
du, wo Tönges steckt?«
    Â»Nein. Wieso? Ich habe ihn Ostern auf Fehmarn zuletzt
gesehen.«
    Â»Dann ist er verschwunden«, sagt Henny bestimmt.
»Verschwunden? Was meinst du damit? Er wohnt doch hier.«
    Â»Nicht mehr. Eine Woche nach Ostern ist er ausgezogen.«
    Â»Ach.« Liv denkt an ihre vergeblichen Anrufe auf
seinem Handy vor der Sprengung in Herrenwyk. Danach hat sie es nicht
mehr probiert, enttäuscht über sein Desinteresse an dem für
sie so wichtigen Auftrag. »Und wohin ist er gezogen?«
    Â»Er wollte erst mal in die Laube.Aber da ist er nicht. Ich
habe heute Vormittag nachgesehen. Seine Sachen waren dort, er aber
nicht.«
    Â»Das muss nichts heißen«, sagt Liv, um Zeit zu
gewinnen. Die Nachricht über Tönges'Auszug trifft sie
unerwartet, ob-schon sie von der geplanten Scheidung ja wusste. Dass
er seiner Frau das gemeinsame Haus überlässt, scheint
naheliegend. Es bedeutet ihr mehr als ihm, sie hat es nach ihren
Wünschen gestaltet und die meiste Zeit darin verbracht.
    Â»Hat er sich bei dir gemeldet?«, fragt Henny.
    Liv schüttelt den Kopf.
    Â»Wir hatten nämlich heute früh eine Verabredung
mit unserem Rechtsanwalt, und Tönges ist nicht erschienen. Das
war bereits das zweite Mal.« Henny nimmt einen Haferkeks und
knabbert mit trotzigem Gesicht darauf herum. »Mir reicht es.
Ich werde mir einen eigenen Anwalt nehmen. Wenn er denkt, er kann die
Angelegenheit aussitzen, täuscht er sich.«
    Eine Pause entsteht. Liv lässt ihre Großmutter nicht
aus den Augen.Wie sich zeigt, hat sie die Situation falsch
eingeschätzt: Henny ist verärgert wegen Tönges, nicht
besorgt um ihn.
    Â»Hat er sich wirklich nicht bei dir gemeldet, Liebes?«
    Â»Nein, hat er nicht, ich schwöre es. Sag mal, war die
Scheidung eigentlich seine oder deine Idee?«, fragt Liv, einer
Eingebung folgend.
    Henny zögert. »Spielt das eine Rolle? Wir waren uns
einig, er und ich.«
    Â»Ja, ja. Das sagtet ihr bereits.Aber wer hat die Initiative
ergriffen?«
    Â»Ich«, sagt Henny, und es klingt stolz. »Das
hättest du nicht gedacht, oder?« »Nein.«
    Wieder dieser trotzige Blick. »Du bist wie Tönges. Ihr
ändert euch nie. Es wird mir ewig ein Rätsel sein, warum
ihr beide euch eigentlich für so unangreifbar haltet.«
    Liv schweigt. Sie hält sich keineswegs für unangreifbar,
weiß aber, worauf die Bemerkung abzielt. Ihre Ehe mit
Janko:Anfangs hat er sich oft bei Henny beklagt, weil er Liv für
eine schlechte Frau hielt, distanziert und rücksichtslos, und er
glaubte, dieses Verhalten habe sie gewissermaßen von Tönges
übernommen.Als Henny vermitteln wollte, hat Liv überreagiert.
Ein fürchterlicher Streit. Die Erinnerung daran erweckt die
Gefühle von damals wieder zum Leben und bringt Liv erneut gegen
die Großmutter auf, obwohl ihr Verstand ihr sagt, dass diese
nur ihr Bestes wollte. Im Sog der Auseinandersetzung kam es auch zu
einem Zerwürfnis zwischen Tönges und Henny. Sie hat nicht
vergessen, wie unangemessen ihr Großvater und sie die gegen sie
gerichteten Vorwürfe damals fanden. Es stimmt, keiner von ihnen
hätte jemals die Möglichkeit in Betracht gezogen, vom
Ehepartner verlassen zu werden.Als Janko sich trennen wollte, hielt
sie das schlicht für eine Kompetenzüberschreitung. Er hatte
gebettelt wie ein Hund, um sie zur Heirat zu bewegen, inklusive
kirchlicher Trauung. Was gab ihm nun das Recht, sein Eheversprechen
zu widerrufen? Wo es ihm doch so verdammt heilig war.
    Inzwischen denkt sie anders darüber. Nachdem Jahre vergangen
sind, glimmt ab und zu ein Funken Verständnis für seine
Haltung auf.An guten Tagen. Er ist genauso unvorbereitet wie sie in
die Ehe gegangen, er wollte seine Sache gut machen, zumindest
anfangs, während sie darauf bedacht war, sich so zu geben, als
hätte das alles nichts mit ihr zu tun. Sie war wie gelähmt
von der Vorstellung, den Rest ihres Lebens mit ihm zu verbringen, sie
waren ja nicht mal richtig ineinander verliebt, keiner von ihnen. Und
Mutter hatte sie auch nie werden wollen. Nach allem, was sie zu Hause
erlebt hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dafür besser
geeignet

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