Wiedersehen in Barsaloi
bereits nach einigen Stückchen Fleisch, satt zu sein, und ernten bei den erstaunten Brüdern dafür lautes Gelächter.
Als wir von unserem Besuch bei Pater Giuliani erzählen, fällt mir mein kleiner Rekorder ein. Während der Messe hatte ich die wunderschönen Gesänge aufgenommen. Nun schalte ich das Gerät ein und alle lauschen neugierig.
Die aufgeweckte Saruni kommt sofort zu mir, drückt es entzückt an ihr Ohr und beginnt, begeistert zur Musik mitzuwippen. Sogar ihren scheuen Bruder Little Albert kann sie herbeilocken, bis auch er sich das Kästchen ans Ohr halten lässt und seine Augen immer größer und runder werden. Erheitert schauen wir den beiden zu.
Nur Lketinga wirkt ernst und sagt kaum etwas. Ich glaube zu spüren, dass er sich schon mit dem Abschied befasst, denn er beobachtet mich ständig und intensiv. Unvermittelt fragt er: »Um welche Zeit geht ihr morgen?« »Wenn wir alles eingepackt haben, besuchen wir den Pater, um uns zu verabschieden, und danach kommen wir in den Kral und trinken noch einmal Chai mit Mama.« »Okay, no problem, Mama möchte euch segnen und Enkai mit auf den Weg geben. Und ich werde euch nach Maralal begleiten.« Ich bin überrascht und erfreut, denn so können wir den Abschied wenigstens in Etappen vollziehen.
Stefania hat sich mittlerweile mit den Kindern in den Schlafraum zurückgezogen. Bald treten auch wir den Weg zur Mission an, da alle müde sind. Lketinga begleitet uns bis zum Missionstor und wünscht uns eine gute Nacht.
Wie jeden Abend sitzen wir eine Weile auf den Campingstühlen und reden über unsere Eindrücke vom heutigen Tag. In gewisser Weise finden wir alle, dass dem Abend etwas Festliches gefehlt hat. Den Gästen jedoch scheint es, wie uns mehrfach beteuert wurde, gut gefallen zu haben.
Dann beraten wir den weiteren Ablauf unserer Reise. Albert muss in Richtung Nairobi aufbrechen, da er von dort in zwei Tagen seinen Rückflug antreten will, während ich noch eine weitere Woche in Kenia bleiben werde. Weil ein weiterer Besuch beim Filmset nicht sinnvoll erscheint und noch mehr Regen droht, beschließen wir, morgen gemeinsam nach Nairobi zu fahren. Nur das Spital in Wamba möchte ich unbedingt noch besuchen. Hier wurde ich mehrmals aufgenommen und erfolgreich behandelt, als mein Leben an einem seidenen Faden hing, und auch meine geliebte Tochter Napirai kam in diesem Krankenhaus zur Welt. Ich möchte ihr von dort ein paar Fotos mit nach Hause bringen. Immerhin war sie das erste Mischlingskind, das in Wamba geboren wurde. Meine Begleiter verstehen mein Anliegen und so wird eine Route nach Nairobi ausgesucht, die über Wamba führt.
Nächtlicher Tanz
Während wir noch unsere Pläne schmieden, vernehmen wir erst leise, dann immer lauter Singen und Klatschen. Es hört sich nach einem Kriegertanz an und scheint ganz in der Nähe zu sein. Meine Müdigkeit ist wie weggeblasen. Ich schlage vor, uns auf die Suche zu begeben, damit Albert und Klaus auch einmal einen solchen Tanz miterleben können. Ich wickle mir eine dunkle Decke um den Körper, damit ich nicht friere und etwas getarnt bin. Schließlich wollen wir nicht stören. Doch als wir im Dunkeln das Tor des Missionsgeländes erreichen, stellen wir zu unserem Erstaunen fest, dass es abgeschlossen ist. Wir wussten gar nicht, dass wir nachts immer eingeschlossen wurden. Enttäuscht will ich mich zu unseren Zelten zurückbegeben, als in Albert offensichtlich der Krieger erwacht und er trotz später Stunde an die Haustüre der Mission klopft. Tatsächlich wird für uns nochmals geöffnet, damit wir den Tanz nicht verpassen. Früher habe ich viele dieser Tänze miterlebt und war jedes Mal völlig verzaubert, wenn die schlanken, graziösen Männer in die Höhe sprangen, stampften und dabei gesungen und rhythmisch geklatscht wurde.
Wir laufen durch das vom Mondschein erhellte Dorf, immer dem Gesang nach. Nach einigen Minuten erreichen wir die Ebene, wo sich eine kleine Gruppe versammelt hat. Wir setzen uns unter eine Akazie, damit wir nicht gleich erkannt und als störend empfunden werden. Nur wenige junge Männer und Mädchen sind anwesend. Schnell erkenne ich, dass es sich um Boys, um unbeschnittene Jungen handelt, die noch keine Krieger sind. Diese Tatsache könnte morgen zwar zu Diskussionen führen, weil es sich nicht gehört, dass ich als »verheiratete« Frau eines ehemaligen Kriegers unbeschnittenen Boys beim Tanzen zusehe, aber ich bin vom Zauber des Tanzes schon zu sehr gefangen. Auch Albert und
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