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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stirling
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Mutter ihm nicht mit einem Löffel einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf gegeben hätte.
    »Wenn du anfängst, sternhagelvoll im Haus herumzukrakeelen«, warnte Agnes ihn, »dann werde ich jede einzelne dieser Flaschen zerschlagen, die du dort oben versteckt hast.«
    »Oooh«, sagte Henry, »Sie hat deinen Vorrat gefunden, Tom.«
    Agnes nickte. »Aye, und die Flaschen im Pferdestall auch. Wie viele genau hast du Mr. McCaskie eigentlich gestohlen?«
    »Oh, nein, nein«, widersprach Tom ohne jede Zerknirschung. »Ich bin vielleicht ein Dieb, Mam, wie ihr anderen auch, aber ich bestehle nur die Krone, nicht die Hand, die uns füttert. Der Brandy ist der Rest von Daddys Totenwache, und den Rotwein habe ich vom Junggesellen-Club mitgebracht, gekauft und bezahlt.«
    Der Tisch war bereits mit Schüsseln, Löffeln und Gabeln gedeckt. Agnes kniete neben dem Feuer und rührte in einem deftigen Rindfleisch-Eintopf, der um diese magere Jahreszeit eine unvorstellbare Köstlichkeit war. Auf einen Stuhl gestützt, mit einem Nähkorb zu ihren Füßen und einer Nadel, die sie immer wieder im Mund hielt, suchte Janet eine ausgefranste Naht an einem zerschlissenen Unterrock und nähte sie sorgfältig wieder zusammen.
    »Und was ist mit dem Whisky?«, wollte Janet wissen. »Woher hast du den Whisky?«
    »Du hast mir also auch nachspioniert?«, stellte Tom fest.
    »Der Whisky gehört mir«, schaltete sich Henry ein. »Es ist nur ein kleiner Krug, falls du denkst, dass ich ebenfalls dabei bin, vor die Hunde zu gehen.«
    »Ebenfalls?«, fragte Tom.
    »Auch«, sagte Henry.
    Tom zog sich einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf. Er wippte darauf wie auf einem Schaukelpferd und rutschte immer näher an Henry heran, der an seiner Pfeife zog und den Kopf seines Bruders absichtlich in eine Rauchwolke hüllte. »Grammatikalisch korrekt, wenn auch nicht inhaltlich«, sagte Tom. »Aber sag mir, Mann, hältst du mich wirklich für einen Trunkenbold, mit dem es ein schlimmes Ende nehmen wird, jetzt, da wir Reichtümer hinter unseren Träumen von Habgier haben?«
    »Jenseits«, erwiderte Henry, »jenseits unserer Träume von Habgier; eine hübsche Redewendung, geprägt von Dr. Johnson, wie ich meine.«
    »Ich bekenne mich zu meinem Fehler«, räumte Tom ein. »Aber wenn wir schon Haarspaltereien betreiben, wie würdest du das Wort ›tugendhaft‹ definieren?«
    »Ich muss es gewiss nicht definieren, wenn ich so viele seiner Bedeutungen erfülle. Bin ich in deinen Augen denn nicht die Tugendhaftigkeit in Person, Tom?«
    »Aye, Mann, das bist du.«
    »Nüchtern, keusch und arbeitsam?«
    »Hochnäsig, eingebildet und selbstgerecht«, erwiderte Tom.
    »Betsy«, sagte Agnes scharf. »Hilf mir, den Topf an den Tisch zu tragen!«
    »Warte, Betsy«, meinte Tom. »Lass dich von meinem tugendhaften Bruder einmal ansehen.«
    »Sei nicht albern, Tom!«, sagte Henry. »Lass das Mädchen das Essen auftragen! Ich bin am Verhungern.«
    »Nein, nein«, widersprach Tom. »Gib uns deine Einschätzung von unserer Betsy hier! Sag mir, was ein Tugendbold wie du wirklich von ihr hält.«
    »Herrgott noch mal, Tom!«, rief Henry aus.
    »Lasst Betsy in Frieden«, befahl Agnes, beharrte aber nicht darauf.
    »Antworte mir, Henry!«, forderte Tom. »Antworte mir, wenn du dich traust!«
    »Betsy ist die beste Arbeiterin ...«
    »Ha!« Tom schlug sich aufs Knie. »Ich wusste, dass du das sagen würdest.«
    »Die beste Arbeiterin und eine äußerst angenehme Gesellschaft«, ergänzte Henry.
    »Angenehme Gesellschaft«, wiederholte Tom. »Ah, jetzt kommen wir der Sache schon näher. Siehst du, Betsy, wie er sich langsam an die Wahrheit heranschleicht? Du bist verliebt in das Mädchen, Henry, habe ich recht? Komm schon, sei wenigstens Manns genug, es zuzugeben.«
    »Hört auf. Bitte hört auf!«, flehte Betsy.
    »Ich habe großen Respekt vor Betsy«, erklärte Henry. »Großen Respekt.«
    »Tugendbold!«
    »Und ... und empfinde Zuneigung für sie.«
    »Sie ist eine Magd, Mann, eine einfache Magd«, sagte Tom. »Bei Gott, Sir, ein Bursche in deiner Position sollte sich nicht in eine Bauernmagd vernarren.«
    Henry klopfte sorgfältig den Tabakrest aus seiner Pfeife und legte sie auf das Regal über dem Kamin. Seine Miene war ausdruckslos, seine Bewegungen anmutig. Er ging um den Stuhl seiner Schwester. Tom beobachtete ihn argwöhnisch. Henry streifte Betsy und berührte sanft ihren Arm, dann trat er an den Tisch. Er zog sich seinem Bruder gegenüber einen Stuhl heran,

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