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Wiedersehen in Stormy Meadows

Wiedersehen in Stormy Meadows

Titel: Wiedersehen in Stormy Meadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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die mich in die kleine, geschützte Senke führt. Als ich dort ankomme, bin ich froh, dass ich nicht aufgegeben habe. Ich setze mich hin und lehne mich wieder an den glatten Granit. Geborgen wie in einem Kokon, vor der Außenwelt geschützt, mit dem Himmel über mir und dem Meer unter mir spüre ich, wie mein Körper sich ein wenig entspannt. Der Friede und die Stille dieses Ortes beschützen mich, und alles wird still.
    Ich schiebe die Hände tief in die Manteltaschen. Mit den Fingerspitzen der rechten Hand spüre ich etwas, es ist glatt, wie ein Foto. Meine Hand schließt sich darum, und ich ziehe es ans Licht.
    Es ist die Postkarte, die ich in Trenrethen im Café geschrieben habe. Ich hatte sie vor Orlaithe versteckt und dann vergessen. Jetzt lese ich sie noch einmal.
    Lieber, lieber Rob,
    ach, wärst du hier. So fangen Postkarten üblicherweise an, aber ich glaube, noch nie kam dieser Wunsch so aus tiefstem Herzen wie heute hier. Ich bin so einsam ohne dich.
    In Liebe, wie immer
    N.
    Ich greife noch einmal in die Manteltasche und ziehe die beiden Briefumschläge heraus. Diese Briefe habe ich Rob in den frühen Morgenstunden geschrieben, als ich so einsam war, dass ich einfach irgendwie mit ihm kommunizieren musste. Wenn ich doch jetzt nur mit ihm sprechen könnte. Oder wenn er wenigstens die Gedanken lesen könnte, die ich auf diesen Seiten festgehalten habe. Vielleicht kann ich sie ihm über den Wind schicken – sie in die Luft werfen, damit der Wind sie dorthin trägt, wo Rob sich jetzt aufhält.
    Im Felsgestein unter mir ist eine Spalte. Sie führt tief hinunter in die Dunkelheit, ins Unbekannte. Ohne zu überlegen nehme ich die Postkarte und die Briefe und stecke sie hinein. Ich drücke mein Auge an die Spalte und beobachte, wie meine Post in der Finsternis verschwindet, bis nichts mehr zu sehen ist.
    Als ich nach Hause komme, ist Laura nicht da. Vermutlich ist sie irgendwo auf den Weiden unterwegs. Ich möchte sie gern versöhnlich stimmen und bereite daher das Abendessen zu, oder zumindest versuche ich das. Fischauflauf. Das Rezept klingt ganz einfach, aber die Wirklichkeit sieht ein bisschen anders aus. Als ich das Gericht schließlich serviere, entlockt es Cas ein ängstliches: »Was ist das denn?« Es muss wohl daran liegen, dass alles farblos ist – der Fisch, der Kartoffelbrei, die Soße und auch der Blumenkohl, den ich etwas ungeschickt als Beilage ausgesucht habe.
    Zum Glück schmeckt es nicht so fade, wie es aussieht. Und zum Glück ist Laura wieder genauso gesprächig und freundlich wie sonst auch. Mitten während unserer Mahlzeit allerdings klingelt das Telefon, und meine Mutter lässt meinen Fischauflauf stehen und hat es so eilig, vom Tisch wegzukommen, dass ich beleidigt sein könnte. Aber Cas wispert mir zu, dass der Anrufer ein Mann ist, und es dauert nicht lange, da föhnt Laura sich oben schon die Haare, nachdem sie in Windeseile geduscht hat.
    »Ich glaube, sie hat einen Freund«, vertraut meine Stieftochter mir an, kaum dass meine Mutter aus dem Haus gestürzt ist. In einem schicken Wollkostüm und von einer Chanel-Wolke umgeben hat Laura behauptet, sie müsse zu einer »geschäftlichen Besprechung«.
    Ich sehe Cassie an. »Wirklich? Sie hat doch nie was von einem Freund erzählt«, antworte ich vorsichtig.
    »Na, was glaubst du denn, warum sie sich sonst so aufbrezeln würde?«
    »Da könntest du recht haben.«
    »Von wegen könnte .« Cassies Tonfall ist ziemlich barsch, aber als ich sie anschaue, sehe ich nichts von der üblichen Feindseligkeit in ihrem Blick.
    »Warum hat sie denn noch gar nichts von ihm erzählt? Laura ist doch sonst nicht verschwiegen«, taste ich mich weiter vor.
    »Stimmt. Sie muss einen Grund dafür haben.« Nachdenklich beißt Cas sich auf die Unterlippe und legt den Kopf schräg. »Ich kenne eine Frau, die höchstwahrscheinlich etwas weiß«, meint sie. »Und diese Frau ist nicht so diskret, dass sie ihr Wissen für sich behalten würde.«
    »Orlaithe?«
    Cas nickt. »Was meinst du?«
    »Eigentlich geht es uns ja nichts an.«
    »Stimmt«, bestätigt Cas, sieht mich aber trotzdem mit fragend hochgezogenen Brauen an.
    Zwanzig Minuten später steigen wir, durch unser gemeinsames Ziel vereint, aus meinem Wagen und betreten das hell erleuchtete Ship Inn. Es ist Freitagabend, und im Pub drängen sich speisende und trinkende Gäste, sowohl Einheimische als auch Touristen. Orlaithe ist hinter der Theke beschäftigt. Sie entdeckt uns und winkt, aber schon bald wird

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