Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen in Stormy Meadows

Wiedersehen in Stormy Meadows

Titel: Wiedersehen in Stormy Meadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
hätte ich nicht nur meinen Vater verloren, sondern meine Mutter noch dazu. Sie war plötzlich so kalt. So abweisend. Sie hat mich ausgeschlossen, von allem. Dabei brauchte ich sie doch. Ich war erst sechs, ich hatte gerade meinen Vater verloren, und ich brauchte meine Mutter …«
    Meine Stimme erstirbt. Es ist das erste Mal, dass ich diese Gefühle einem anderen Menschen gegenüber ausspreche. Nicht mal mit Rob habe ich darüber geredet. Natürlich fragte er ein paarmal nach, wieso ich Laura so selten besuchte, aber ich bin ihm jedes Mal ausgewichen, habe das Thema gewechselt, als wäre es mir peinlich, ein solches Verhältnis zu meiner Mutter zu haben. Als würde ich mich dafür schämen, dass ich, als ich erwachsen war, natürlich verstehen konnte, weshalb sie sich nach dem Tod meines Vaters so dramatisch veränderte, dass ich aber trotzdem nicht in der Lage war, die Verletzung, die sie mir damit zugefügt hatte, den Schmerz über die Zurückweisung zu überwinden.
    Ich hatte das Gefühl, das sei ein Makel, und ich wollte doch, dass Rob mich perfekt fand. Mit Connor ist das anders. Connor muss mich nicht für perfekt halten. Aber er soll nicht glauben, dass ich mich emotional nicht weiterentwickelt habe, seit ich mit sechzehn weggezogen bin. Ich lächle ihn an. Es ist ein beherztes Lächeln, mit dem ich unterstreichen will, dass ich über all das hinweg bin.
    »Das ist lange her. Je älter ich werde, desto besser verstehe ich die Zusammenhänge.«
    »Ja, aber verstehen reicht nicht. Du musst auch verzeihen.«
    »Tu ich doch. Ich habe ihr verziehen. Jeder ist selbst für sein Leben verantwortlich. Ich kann mich nicht darauf verlassen, dass andere Menschen mich glücklich machen.«
    »Aber was ist mit deiner Mutter, Natalie? Du sitzt hier und erzählst mir, du hast ihr verziehen, dass sie nicht für dich da war, als du sie am meisten brauchtest – andererseits hast du sie, seit du sechzehn warst, nur ungefähr fünfmal besucht.«
    »Ich dachte, du wolltest James Bond werden, nicht Sigmund Freud?«
    »Ich weiß. Tut mir leid. Für die Probleme anderer hat man immer im Handumdrehen eine Lösung parat. Aber ich weiß selbst, wie es ist, jemanden zu verlieren, der einem sehr viel bedeutet, und du weißt, wie es ist, jemanden zu verlieren, den man liebt. Man will dann alle anderen Menschen, die einem etwas bedeuten, möglichst weit von sich schieben, aus Angst, irgendwann noch einmal denselben Schmerz empfinden zu müssen. Wer nichts empfindet, dem kann auch nichts wehtun. Wenn man nichts hat, was einem weggenommen werden kann, kann man auch nichts verlieren. Diese Gleichgültigkeit kann man vielleicht anderen Menschen vorspielen, aber sich selbst kann man auf Dauer nichts vormachen. Und dann hat man zu allem Überfluss auch noch Schuldgefühle. Vielleicht war man daran schuld, dass der geliebte Mensch gestorben ist. Vielleicht würde jeden anderen, den man zu nah an sich heranließe, das gleiche Schicksal ereilen. Sieh dir Cas an. Und wie sie dich ausgrenzt.«
    »Das tut sie, weil sie mich nicht leiden kann«, brumme ich düster und nippe an meinem Brandy.
    »Das ist kompletter Blödsinn, und das weißt du ganz genau.«
    »Ach, ja? Ich kann mich nicht entsinnen, von ihr jemals ein Signal der Zuneigung gesendet bekommen zu haben. Im Gegenteil, sie macht sich einen Sport daraus, mir immer wieder auf neue Art und Weise unter die Nase zu reiben, wie wenig ich ihr bedeute.«
    »Wenn du ihr so wenig bedeutest, warum sollte sie sich dann so verdammt viel Mühe mit dir geben?« Er stellt sein Glas ab, lehnt sich zurück und sieht mich fragend an.
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, lüge ich, weil ich will, dass er weiterredet.
    »Wenn Cas dich wirklich nicht leiden könnte, würde sie dich einfach ignorieren, sie würde dich links liegen lassen und nicht ständig versuchen, dich zu provozieren. Aber wenn ich so weitermache, kannst du mich bald nicht mehr leiden, weil mich das Ganze im Grunde überhaupt nichts angeht. Laura ist halt bloß eine richtig gute Freundin von mir. Eine gute Freundin und ein guter Mensch.«
    Ich nicke. »Ich weiß. Sie geht so toll mit Cassie um. Die beiden verstehen sich super.«
    »Ist das nicht schrecklich für dich?«, bohrt er nach.
    »Ich finde es klasse, dass sie so gut miteinander auskommen. Cas braucht wirklich dringend jemanden, mit dem sie reden kann …«
    »Aber im Grunde deines Herzens wärst du gern dieser Jemand?«
    »Ja«, räume ich schließlich ein. »Ist das verwerflich?«
    Er

Weitere Kostenlose Bücher