Wiedersehen in Stormy Meadows
etwas sagen, doch dann lächelt er einfach nur und sagt Gute Nacht. Ich warte, bis ich die Tür zum Wohnzimmer unter mir höre, dann ziehe ich mich aus.
Von Connors Schlafzimmer führt eine Tür direkt in das Badezimmer, das außerdem eine weitere Tür zum Flur hat. Ich dusche und wickle mich in ein Handtuch aus dem Wäscheschrank und setze mich auf das Bett.
Seltsames Gefühl, hier zu sein. In Connors Schlafzimmer.
Ich fühle mich ein wenig beklommen. Die Beklommenheit rührt nicht daher, dass ich nicht hier sein möchte oder dass es mir unangenehm wäre, mich in Connors privatestem Zimmer zu befinden. Nein, die Beklommenheit kommt ebendaher, dass ich dort sein möchte. Das ist das Problem. Ich bin so unendlich traurig, allein in diesem Zimmer zu sein, und gleichzeitig habe ich die größten Gewissensbisse, weil hier und jetzt, in diesem Augenblick, der Mensch, den ich mir an meiner Seite wünsche, nicht Rob ist, sondern der Mann, der nur wenige Schritte oder einen kurzen Ruf entfernt ist. Ein Mann, dem es gelungen ist, ganz ohne Vorsatz und Aufforderung durch meinen Schutzpanzer hindurchzudringen zu einem Herzen, das ich für tot gehalten hatte. Ein Mann, der, wenn ich ihm die Hand reichte, diese ergreifen würde, dessen Wärme ich spüren könnte, der mir Liebe und Hoffnung geben würde.
Die Sehnsucht ist kaum auszuhalten, aber ich unterdrücke sie. Unzählige Gedanken rasen mir so laut kreischend im Kopf herum, dass ich fürchte, nie wieder zur Ruhe zu kommen. Doch der leise Klang von Musik im Erdgeschoss, der Wein und der Brandy schaffen es, mich schläfrig werden zu lassen.
Ich klettere in Connors Bett, spüre die frische Bettwäsche auf meiner Haut und schaudere unwillkürlich. Ich schließe die Augen, davon überzeugt, dass ich ohnehin nicht werde einschlafen können. Doch es dauert gar nicht lange, und ich sinke in einen wunderbar traumlosen Schlaf.
8
A ls ich am nächsten Morgen in diesem fremden Bett aufwache, weiß ich sofort sehr genau, wo ich bin. Und in wessen Bett ich liege. Mein Kopf auf dem Kissen, das sonst seins ist.
Ich schäme mich dafür.
Obwohl die Bettwäsche frisch aufgezogen war, riecht sie nach ihm. Das ganze Zimmer riecht nach ihm. Nach Connor Blythe. Der Duft steigt mir in den Kopf. Löst ein Kribbeln im Bauch aus. Sinnlichkeit pur. Ich strecke die Hände aus, streiche mit den Fingerspitzen über die kühle Baumwolle und recke und strecke dann genüsslich den ganzen Körper. Vielleicht lässt sich die erotische Spannung so ein wenig vertreiben.
Laut Radiowecker ist es noch nicht mal acht. Draußen regnet es immer noch, aber längst nicht mehr so heftig, und der Sturm hat sich gelegt. Die schwarzen Wolken sind jetzt fast weiß, und hinter ihnen meine ich am sanft-grauen Himmel den orangefarbenen Schimmer der aufgehenden Sonne ausmachen zu können. Da sehe ich einen hellen Strahl, dann noch einen. Sie zwängen sich zwischen den Wolken hindurch wie jemand, der sich durch einen schmalen Durchgang quetscht.
Kaum ist die Sonne hinter einem größeren Wolkengebilde hervorgetreten, erschließt sich mir der Sinn der verschiedenen Wandfarben. Die hellere Wand soll das Licht reflektieren, das durch die beiden Fenster rechts und links des Bettes in das Zimmer fällt. Selbst das unruhige Glitzern des Meeres ist an der Wand zu erahnen und lässt diese fast wie eine Filmleinwand wirken. Ich könnte stundenlang hier liegenbleiben und dem hypnotischen Lichtspiel zusehen. Es ist wie Balsam für meine müde Seele.
Erstaunlich ruhig ist es hier. Ich höre nichts außer dem Rauschen der See, jenem regelmäßigen, unablässigen Brausen, das fast so klingt, als würde jemand atmen. Kein Gackern, kein Blöken, kein Wiehern – einzig das Flüstern des Meeres … Ich nicke wieder ein. Als ich ganz in der Nähe eine Tür gehen höre, blinzele ich verschlafen. Dann höre ich nebenan die Dusche. Sofort stelle ich mir Connor vor, wie das Wasser an seinem nackten Körper herunterläuft, wie er das Gesicht dem Duschstrahl zuwendet …
Kurz darauf öffnet sich die Tür zum Badezimmer, und ebenjenes Gesicht schaut mit großer Zurückhaltung zu mir herein. Ich glaube, ich werde rot.
»Hi. Gut geschlafen?«
Ich nicke und ziehe die Bettdecke bis zum Kinn. Ich fühle mich ertappt.
»Muss mir nur schnell was zum Anziehen holen. Tut mir leid, hab ich gestern Abend vergessen.« Mit einem weißen Handtuch um die Hüften marschiert er einmal quer durchs Zimmer. Seine Haare sind nass, Rücken und Schultern mit
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