Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wiedersehen in Stormy Meadows

Wiedersehen in Stormy Meadows

Titel: Wiedersehen in Stormy Meadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
erster Berufswunsch war Tiefseetaucher. Woran Jacques Cousteau nicht ganz unschuldig war«, erklärt er grinsend, als ich fragend die Augenbrauen hochziehe. »Dann wollte ich natürlich James Bond werden. Ich glaube, fast alle Jungen sind mal an dem Punkt, an dem sie irgendein Superheld werden wollen.«
    »Klar – und James Bond hat ja auch immer reichlich Frauen abgekriegt.«
    »Mag sein, das hat mich damals aber nicht so sehr interessiert wie seine Autos. Die Vorzüge seiner Aston Martins hatte ich schon viel früher erkannt als die seiner Gespielinnen. Das kam dann aber später.«
    »Als ich klein war, wollte ich fliegen«, gestehe ich scheu, den Blick auf den Teller gerichtet.
    »Du wolltest Pilotin werden?«
    »Nein. Ich wollte mich nicht in ein Flugzeug quetschen. Ich wollte einfach nur fliegen. Wie ein Vogel. Die Arme ausbreiten und aufsteigen. Manchmal träume ich davon. Ich träume, dass ich einfach so fliege, dass ich so virtuos herumsause wie eine Schwalbe, hoch über den Köpfen aller, und ich fühle mich dabei immer ein bisschen überlegen. Ich kann fliegen, während alle anderen wie mit Betonfüßen am Boden bleiben.«
    Er schenkt mir Wein nach.
    »Ich habe mal irgendwo gelesen, dass der Wunsch zu fliegen daher kommt, dass man vor seinen Problemen flüchten will«, füge ich leise hinzu.
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass du, wenn du dann schon mal da oben bist, auch einer Reihe von Leuten ganz gern mal auf den Kopf kacken würdest?«, fragt er mit bierernster Miene.
    Ich verschlucke mich fast am Wein vor Lachen und bekomme einen Hustenanfall.
    »Ist das Essen so schlecht?«, fragt er mit Unschuldsmiene, während ich mit der Hand vor dem Mund versuche, wieder normal zu atmen.
    »Nein, nein, das Essen ist ganz wunderbar. Aber der Witz …«
    »Ach, den fandest du also schlecht? Dann hast du aber noch nicht den von dem Kaninchen gehört, das zum Schlachter geht und ›Hattu Kohl?‹ fragt …«
    Jetzt kennt er kein Halten mehr. Er feuert einen Witz nach dem anderen ab, allesamt so albern, dass sie schon wieder lustig sind. Eine halbe Stunde lang komme ich aus dem Lachen überhaupt nicht mehr heraus und ebenso lange nicht dazu, weiterzuessen. Bis Connor plötzlich innehält und besorgt auf meinen Teller schaut.
    »Du hast ja kaum was gegessen. Wie wär’s mit Nachtisch? Obst oder so?«
    Ich schüttle den Kopf und tätschle mir den Bauch. »Da geht nichts mehr rein. Aber es war köstlich, ehrlich. Danke.«
    »Wie wär’s mit einem Glas Brandy?«
    Der Wein war ziemlich stark, mir ist schon ein bisschen schwummerig. Aber ich habe Blut geleckt.
    »Gerne, danke.«
    Er nimmt unsere Teller, stellt sie neben der Spüle ab und holt eine Flasche Cognac aus einem der Küchenschränke, während ich den Rest vom Tisch räume. Neben dem Fenster hängt ein gerahmtes Schwarz-Weiß-Foto an der Wand. Es zeigt drei Menschen, die vor einem dem Loft nicht unähnlichen Cottage stehen. Eine Frau, flankiert von zwei Männern.
    »Wer ist das?«
    »Meine Eltern mit meinem Onkel. Meine Mutter ist die in dem Kleid, wer hätte das gedacht, der Mann rechts mein Vater und der alte Mann links mein Onkel Vernon. Der Einzige von den dreien, der noch lebt. Ist inzwischen siebenundachtzig und immer noch fit wie ein Turnschuh. Schwört Stein und Bein, dass er das den drei Gläsern Guinness zu verdanken hat, die er jeden Abend trinkt, seit er vierzehn war.«
    »Ist das in Irland aufgenommen?«
    »Ja.«
    »Lebst du schon lange hier?«
    »Hier in England oder hier in Cornwall?«
    »Sowohl als auch.«
    »Also, nach England bin ich mit neunzehn gekommen, genauer gesagt, nach London. Da habe ich gelebt, bis ich siebenundzwanzig, achtundzwanzig war, dann hatte ich genug und bin hierher nach Cornwall gezogen.«
    »Nach Hause wolltest du nicht wieder?«
    »Nach Hause?«
    »Nach Irland?«
    »Da bin ich bloß geboren – das heißt noch lange nicht, dass es meine Heimat ist. Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt. Das bestimmt man völlig selbst.«
    Er setzt sich wieder an den Tisch und schenkt uns beiden großzügig ein. Ich setze mich wieder ihm gegenüber.
    Er schiebt eins der Gläser zu mir herüber und prostet mir mit seinem zu: »Zum Wohl.«
    »Zum Wohl«, antworte ich. Ich trinke eine Spur zu gierig und muss husten, als mir die Flüssigkeit brennend die Speiseröhre hinunterläuft. »Hast du denn irgendwelche Verwandtschaft?«, frage ich, als ich wieder normal atmen kann.
    Er nickt. »Einen Bruder. Fünf Jahre jünger als ich, verheiratet

Weitere Kostenlose Bücher