Wiedersehen in Virgin River
zusammen, suchte seine Rezepte heraus. Und mit dem Tag ihrer Abreise hörte er auf, sich den Schädel zu rasieren. Schon nach vier Tagen bedeckte eine Mütze aus kurzem schwarzen Haar seinen Kopf.
„Was tut sich denn hier?“, sagte Mel lachend, griff hoch und fuhr mit einer Hand über seinen borstigen dunklen Schopf.
„Mein Kopf wurde kalt“, erklärte er.
„Mir gefällt das. Lässt du dir jeden Winter die Haare wachsen?“
„Hab ‘ noch nie im Winter einen so kalten Kopf gehabt.“ Und er war auch noch nie im Winter in eine Frau verknallt gewesen, die ihren Lebensunterhalt einmal mit Haareschneiden verdient hatte.
„Hast du Paige schon erzählt, dass du Haare auf dem Kopf hast?“
„Warum sollte ich das tun?“, fragte er zurück.
Sie hob die Schultern. „Dinge, die für Frauen eine große Neuigkeit sein können, sind für Männer vermutlich weniger interessant“, meinte sie. „Hast du in dieser Woche schon etwas von ihr gehört?“
„Sie hat angerufen. Sie hat erzählt, dass ihnen der Besuch viel Spaß macht. Ihre Freundin hat einen Hund, und Chris ist ganz verrückt nach diesem Hund.“ Er wischte über den Tresen. „Glaubst du, dass ein Hund hier im Weg wäre?“
Sie musste über ihn lachen. „Preacher, was ist los? Vermisst du sie so sehr?“
„Nee, ist schon alles in Ordnung“, wehrte er ab. „Paige hat ihre Freundin seit Jahren nicht gesehen.“
„Er macht mich fertig“, wandte Mel sich leise an Jack. „Sieh ihn dir an. Er ist ganz unglücklich. Er ist so verliebt in sie, dass er schon gar nicht mehr denken kann. Aber spricht er etwa darüber? Mit irgendjemandem? Und ohne diesen kleinen blonden Engel auf seiner Schulter ist es, als wäre er amputiert. Er muss sie anrufen. Ihr sagen, dass er sie vermisst.“
Jack zog eine Augenbraue hoch und sah seine Frau zweifelnd an. „Du willst dich da nicht einmischen“, warnte er. „Er könnte versuchen, dir das Kinn zu brechen.“
Am Abend, nachdem Jack schon nach Hause gegangen war und auch der letzte späte Gast sich verabschiedet hatte, stieg Preacher die Treppe hinauf zu Paiges Schlafzimmer und öffnete die Tür. Dass sie so viele Dinge hiergelassen hatte, Christophers Spielzeug eingeschlossen, gab ihm keine Hoffnung. Er konnte einfach nicht glauben, dass sie hierher zurückkehren würde. Zu ihm. Wenn sie überhaupt noch einmal zurückkam, dann sicher nur, um ihre Sachen abzuholen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er ihr mehr als einen sicheren Hafen bieten könnte, und das und mehr war bei Jeannie und ihrem Mann vermutlich auch gegeben.
Ihr Nachthemd hatte sie aufs Bett geworfen. Er hob es an die Nase und atmete ihren frischen Duft ein. Tränen standen ihm in den Augen.
Die Vorbereitung eines größeren Essens hatte schon immer geholfen, Preacher von anderen Dingen abzulenken. Es sollte nur eine kleine Gesellschaft von Leuten aus Virgin River sein, aber es war kein kleines Mahl. Außer Jack, Mel und Doc würden noch Hope McCrea, Connie, Ron und Liz, Rick und seine Großmutter Lydie, Joy und Bruce dabei sein.
Am Thanksgiving Day kamen Mel und Jack gegen Mittag in die Bar, um ihm beim Kochen zu helfen. Mel rollte den Teig für Preachers Pasteten aus und schälte Kartoffeln, während Jack die Kochtöpfe spülte. Sie sprachen darüber, wie sie Weihnachten bei seiner Familie in Sacramento verbringen würden und dass ihr Baby beim nächsten Weihnachtsfest dabei wäre. Preacher war still bei der Arbeit. Er hatte seine Rezeptbücher vor sich aufgestellt, stopfte die Füllung in einen elf Kilogramm schweren Vogel, schlug Sahne, füllte Pastetenhüllen und stellte sie in den Ofen. Dabei wirkte er die ganze Zeit bedrückt. Als er in die Bar ging, um Teller und andere Utensilien zu holen, fragte Jack: „Was ist nur mit Preacher los? Er wird doch nichts ausbrüten?“
„Doch, er brütet da etwas aus“, flüsterte Mel ihm zu. „Paige und Chris heißt die Krankheit. Er scheint zu glauben, sie kämen nie wieder zurück.“
„Aber Montag ist doch der Rückflug, nicht wahr?“
„Natürlich! Er hat ihr die Tickets gekauft, ihr gesagt, sie solle gehen, und jetzt bringt es ihn um. Er sieht so nett aus mit seinen Haaren, ich wünschte, sie könnte ihn sehen. Er hat es für sie getan. Da bin ich mir sicher. Wer hätte ahnen können, dass an seinem Gesicht so viel mehr ist als nur diese große Glatze und die buschigen Brauen?“
Da Preacher seine Person nie sonderlich in den Mittelpunkt rückte, fiel seine getrübte Stimmung auch nur
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