Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
schuldig. Obwohl sie im Allgemeinen der Meinung war, dass sich jeder um seine eigenen Angelegenheiten kümmern sollte, machte sie anderen nicht gerne etwas vor. Nachdem sie jetzt schon fast zwei Monate lang mit Cade zusammengearbeitet hatte, sah sie ihn als Freund an – sie gingen zusammen zu Starbucks , besprachen ihre Fallstrategien, und sie hatte sogar versucht, ihn mit Rae zu verkuppeln. Und trotzdem log sie ihn nun an.
Du lügst nicht. Du sagst nur nicht die Wahrheit.
Offenbar hatte ihr Unterbewusstsein mit solchen Haarspaltereien weniger Probleme als sie.
Dann ist es vielleicht an der Zeit, Kyle Lebewohl zu sagen.
Offenbar war ihr Unterbewusstsein außerdem ein unberechenbares Miststück.
Cade zuliebe rang sich Rylann ein Lächeln ab und schob die Selbstreflexion und innere Zerrissenheit so lange beiseite, bis der Erzfeind ihres Freundes nicht mehr in der Tür stand.
»Wow, zwei Dutzend Anrufe«, sagte sie. »Ich wette, das war ein großer Spaß.«
»Zum Totlachen. Rhodes scheint so etwas wie ein Bumerang zu sein – er kommt immer wieder zurück.« Er grinste. »Ich wette, du bist froh, dass du dich nicht mehr mit ihm herumschlagen musst.«
Na klar! Sie fragte sich, ob Cade sieben Runden wilden Sex noch als »herumschlagen« bezeichnen würde.
»Um ehrlich zu sein, hat es mir nicht viel ausgemacht, mit Kyle zusammenzuarbeiten«, erwiderte sie. »Er ist kein Schurke, weißt du?«
Cade rollte mit den Augen. »Sag mir nicht, dass es dich jetzt auch erwischt hat. Was hat dieser Kerl bloß an sich? Die halbe Milliarde Dollar? Diese Haare? Wusstest du, dass ich Todesdrohungen von verrückten und wütenden Weibern bekommen habe, die mich als den Antichristen bezeichnet und Rhodes’ sofortige Freilassung aus dem Gefängnis verlangt haben?« Er hob seine Hand. »Ich schwöre bei Gott.«
»Na, das würde der Antichrist bestimmt niemals tun.«
Cade lachte. »Schwärme ruhig für ihn, Pierce, aber ich glaube, du wirst da wenig Erfolg haben. Laut der Klatschpresse vergnügt sich der Twitter-Terrorist momentan mit einer dunkelhaarigen Sexbombe.«
Rylann benötigte ihr gesamtes Schauspieltalent, um ein ernstes Gesicht zu bewahren. »Stimmt. Hab ich auch gehört.«
Von diesem Moment an wurde ihr Tag – der mit der Nachricht über Kyle und Twitter so gut begonnen hatte – immer unangenehmer. Sie hatte einen Gerichtstermin wegen eines Falls von Kreditkartenbetrug, eine Sache, der sie sich ziemlich sicher war. Auch wenn der Secret Service einen Großteil der Ermittlungen geleitet hatte, war die ursprüngliche Durchsuchung des Grundstücks des Beschuldigten von zwei Chicagoer Polizeibeamten durchgeführt worden. Diese hatten auf einen Anruf wegen häuslicher Gewalt reagiert, den die Ehefrau des Beschuldigten getätigt hatte. Nachdem die Polizisten eingetroffen waren – und natürlich nachdem sie die Zustimmung der Ehefrau eingeholt hatten –, war das Haus durchsucht worden, einschließlich des Schlafzimmerschranks, in dem sie über tausend auf verschiedene Namen ausgestellte Kreditkarten gefunden hatten.
Oder zumindest dachte Rylann, dass es so gewesen war.
Denn im Zeugenstand gaben die beiden Polizisten plötzlich zu, dass die Ehefrau – ups! – ihre Einwilligung »technisch gesehen« zurückgenommen hatte, als sie ins Schlafzimmer hatten gehen wollen. Aber da sie bereits im Haus gewesen waren, hatten sie die Durchsuchung einfach fortgesetzt.
Und so hatte Rylann am Tisch der Anklage gesessen und nichts tun können außer zuzusehen, wie ihr Fall in Flammen aufging, da der Richter dem Antrag der Verteidigung natürlich stattgab und die über tausend gefundenen Kreditkarten nicht als Beweismittel zuließ.
Das war nicht gut.
Danach hatte sie den Rest des Tages damit verbracht, sich das Gemaule der beiden Agenten vom Secret Service anzuhören, die die Ermittlung von der Polizei übernommen hatten, während sie überlegen musste, ob es jetzt noch einen Beweis gab, der diesen Fall irgendwie retten konnte. Und zu allem Überfluss merkte sie, wie sich außerdem ein Migräneanfall anbahnte. Bis sie um achtzehn Uhr dreißig das Büro verließ, pulsierte ihr Kopf. Darüber hinaus war ihr schlecht, und selbst das dämmrige Licht der untergehenden Sonne tat ihr in den Augen weh.
Als sie endlich zu Hause war, zog sie sich sofort eine Jogginghose und ein T-Shirt an, verdunkelte die Fenster, nahm zwei Schmerztabletten und legte sich auf die Couch, wo sie darum betete, einschlafen zu können.
Eine Stunde später wurde
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