Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
fragte die Empfangsdame.
Lächelnd verstaute Kyle sein Handy wieder in seiner Jackentasche. »Nein danke, ich glaube, ich habe alles, was ich brauche.«
Um kurz vor zehn am nächsten Morgen stieg Kyle vor dem Hotel in ein Taxi.
»Sieben neun fünf Folsom Street«, teilte er dem Fahrer mit. Als das Taxi ein paar Minuten später am Ziel anhielt, blickte Kyle aus dem Fenster und musterte das moderne sechsstöckige Gebäude vor sich. Nachdem er den Fahrer bezahlt hatte, nahm er den Aufzug in den obersten Stock. Er sah zu, wie die Stockwerksanzeige quälend langsam hochzählte. Als die Türen endlich aufsprangen, befand sich dahinter eine schlichte, minimalistisch gehaltene Lobby.
An einem weißgrauen Empfangstisch aus Marmor saß eine Mitarbeiterin, die die Augen weit aufriss, als Kyle aus dem Aufzug trat. An der Wand hinter ihr hingen keine Bilder, sondern nur der wohlbekannte Name der Firma in Kleinbuchstaben:
twitter
»Sie sind tatsächlich erschienen!«, stieß sie ungläubig hervor. »Wir haben die ganze letzte Woche darum gewettet, ob Sie Ihren Termin einhalten würden. Eine Menge Leute dachten, dass es sich um eine Art Scherz handeln würde.«
Kyle hatte mit den Anwälten der Firma viele Stunden am Telefon verbracht, um dieses Treffen zu ermöglichen – nach dieser Tortur hätte er auf keinen Fall gekniffen. »Dann nehme ich an, dass ich mich nicht vorstellen muss?«, fragte er.
»Auf keinen Fall. Sie sind hier ziemlich bekannt.« Die Empfangsdame hob den Telefonhörer und drückte einen Knopf. »Kyle Rhodes ist hier, um Sie zu sprechen.« Sie hörte einen Moment lang zu, dann sah sie zu Kyle auf und sprach in den Hörer. »Mr Donello wird Sie gleich empfangen. Sie können sich so lange setzen, wenn Sie mögen.«
Kyle betrachtete das braune Cordsofa mit den zwei Kissen, auf die jemand die Worte »Home Tweet Home« gestickt hatte.
»Ich glaube, ich stehe lieber«, teilte er der Mitarbeiterin mit. Halb erwartete er schon, dass ihn Donello den ganzen Morgen über warten lassen würde, um ihm dann doch abzusagen, aber ein paar Minuten später klingelte das Telefon. Nachdem die Frau mit gedämpfter Stimme hineingesprochen hatte, legte sie auf und erhob sich. »Mr Donello ist jetzt bereit für Sie. Bitte folgen Sie mir.«
Sie führte ihn am Empfangstisch vorbei, durch eine satinierte Glastür und dann in den Hauptbürobereich. Abgesehen vom hellen Ahornparkett war fast alles weiß gestrichen. Der Raum beherbergte mehrere Reihen Arbeitsplätze.
Und jede Person an jedem einzelnen Arbeitsplatz war aufgestanden, um ihn vorbeigehen zu sehen.
Sie starrten ihn mit einer Mischung verschiedener Gesichtsausdrücke an, wobei Kyle die meisten von ihnen nicht als freundlich beschrieben hätte. Als sie das große Eckbüro am Ende des Gangs erreicht hatten, schenkte ihm die Empfangsdame ein halbes Lächeln. »Viel Glück!«
Kyle betrat das Büro und sah Rick Donello, den Geschäftsführer von Twitter, an seinem Schreibtisch sitzen. Er war ein relativ junger Mann – etwa Mitte dreißig – mit Brille, dünner werdendem Haar und einem Blick in den ernsten Augen, der irgendwo zwischen Unglaube und Verachtung lag.
»Eines sage ich Ihnen: Ihre Eier müssen die Größe von Wassermelonen haben, Rhodes.« Er bedeutete Kyle, Platz zu nehmen, dann nickte er der Empfangsdame zu, die beim Hinausgehen die Tür hinter sich schloss.
Sobald sie unter sich waren, kam Donello gleich zum Geschäftlichen. »Sie haben sechzig Sekunden, um mir zu erklären, warum ich mit Ihnen etwas anderes tun sollte, als Sie rauswerfen zu lassen.«
Ganz wie er wollte. Kyle war es sehr recht, den ganzen Blödsinn zu überspringen. »Wie die halbe Welt vor sieben Monaten gesehen hat, haben Sie Sicherheitslücken in Ihrem Netzwerk, durch die ich mit einem Lastwagen fahren könnte. Meine Firma kann Ihnen dabei helfen, diese Lücken zu schließen.«
Donello lachte humorlos. »Ich bin kein Idiot, Rhodes. Nachdem Sie uns gehackt haben, wurde alles aktualisiert. Ich bezweifle, dass es Ihnen dieses Mal genauso leicht fallen würde.«
»Wie viel von den Einkünften Ihrer siebenhundert Werbekunden sind Sie bereit, darauf zu verwetten?«
Donellos Blick war eisig. »Sie haben noch vierzig Sekunden, also spucken Sie aus, was Sie mir zu sagen haben. Auch wenn es mir nichts weiter bringt als die Gelegenheit, später etwas Witziges darüber zu twittern.«
Kyle lehnte sich auf seinem Stuhl vor. »Ich habe alle Interviews gelesen, Donello. Als Sie die Firma vor einem
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