Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
las die ganze Nachricht, dann lehnte sie sich zurück, um über ihre Bedeutung nachzudenken. Angesichts der Tatsache, dass es sich dabei um ihre erste Korrespondenz seit fast sechs Monaten handelte, war es verlockend, zu viel in Jons Worte hineinzuinterpretieren. Glücklicherweise war er rücksichtsvoll genug gewesen, um ihr dies zu ersparen.
Nach drei Jahren Beziehung, von denen sie ein Jahr lang zusammengewohnt hatten, und sechs Monaten der Trennung hatte er nur ein einziges Wort geschrieben.
HI.
13
» Hi ? Das ist alles?«
Rylann schnappte sich noch ein Stück Möhre und tunkte es in den Hummus-Dip, den sie und Rae bestellt hatten. »Japp. Das ist alles, was er geschrieben hat.« Sie wedelte mit der Möhre in der Luft herum. »Was soll das überhaupt bedeuten? Hi .«
»Es bedeutet, dass er ein Arschloch ist.«
Rae hatte immer schon das Talent besessen, direkt auf den Punkt zu kommen.
»Will er damit die Lage abchecken oder so was?«, fragte Rylann. »Er wirft mir erst mal ein ›Hi‹ hin, um zu sehen, ob ich zurückschreibe?«
»Na ja, zum einen ist es ein Zeichen, dass er an dich denkt«, erwiderte Rae.
Der Barkeeper kam mit ihren Martinis zurück – nach dem Treffen mit Kyle und Jons bescheuertem »Hi« hatte Rylann ihre Freundin angerufen und eine Notfall-Happy-Hour in einer Bar zwischen ihrem und Raes Büro ausgemacht.
Sie mümmelte an ihrer Möhrenstange und dachte über Raes Worte nach. Dann schüttelte sie den Kopf, »Weißt du was? Ich habe auf diesen Mist keine Lust mehr. Ich habe schon so viel Zeit damit verbracht, jedes einzelne Wort meiner letzten paar Unterhaltungen mit Jon zu analysieren und zu hinterfragen.« Das war Stufe eins ihres Sechsmonatsplans gewesen, um über die Trennung hinwegzukommen – eine Stufe, die nirgendwohin geführt hatte.
»Darauf trinke ich.« Rae stieß mit Rylann an und nahm einen Schluck von ihrem French Martini. »Und hast du vor, ihm zu antworten?«
»Na klar! Wie wär’s mit ›Bye‹?«
Rae lachte. »Wahrscheinlich nicht die Antwort, die er sich erhofft. Aber Jon hat in den letzten sechs Monaten ein erschreckendes Unvermögen gezeigt, dich auch nur ansatzweise zu verstehen. Also sollte uns diese Aktion wohl nicht allzu sehr überraschen.«
»Länger als sechs Monate, da wir bis zu der Italiengeschichte offensichtlich auch nicht auf der gleichen Wellenlänge waren«, bemerkte Rylann.
Rae schnaubte zustimmend. »Ich habe keine Ahnung, wie er auf den Gedanken kommen konnte, dass dir diese Idee gefallen würde.«
Genau das hatte Rylann seit der Trennung auch schon mehrfach gesagt, aber irgendetwas an der Art, wie Rae es jetzt wiederholte, weckte in ihr den Drang, etwas richtigzustellen. »Genau. Weil es an diesem Punkt meines Lebens vollkommen idiotisch von mir gewesen wäre, meine Stelle zu kündigen und einem Mann nach Italien zu folgen, der mich nicht mal heiraten will.«
Rae stellte ihr Glas ab. »Auf jeden Fall. Aber darüber hinaus hätte er wissen sollen, dass du sowieso niemals mit ihm gegangen wärst.«
Rylann gefiel nicht, wie das klang. »Also, niemals würde ich nun nicht sagen.«
Rae warf ihr einen Blick zu, der besagte: Mach dir nichts vor! »Oh bitte! Du nach Italien? Du hast doch deine Pläne, oder?« Sie hob unschuldig die Hände. »Warum siehst du mich so an? Komm schon, das weißt du selbst doch am besten.«
»Stimmt. Aber wenn du das sagst, lässt mich das so … langweilig wirken.« Alarmiert beugte sie sich vor und senkte die Stimme. »Ich bin nicht langweilig, oder?«
»Süße, du bist nicht langweilig.«
Rylann hob ihr Glas. »Sieh doch nur, ich trinke unter der Woche Martinis – das ist doch nicht langweilig, oder? Und wir haben das sogar spontan gemacht.«
Rae lächelte. »Du weißt, dass ich dich lieb habe, nicht wahr?«
Rylann warf ihr einen misstrauischen Blick zu. »Das ist normalerweise der Einstieg, um sich selbst die Erlaubnis zu geben, jemandem etwas zu sagen, das er nicht hören will.«
»Okay, dann fangen wir mit dem Teil an, den du hören willst : Du bist eine hervorragende Staatsanwältin, Ry. Und das verdankst du teilweise deiner Fähigkeit zu planen. Du bist den anderen immer drei Schritte voraus und bist schon lange auf die Lösung des Problems gekommen, bevor die anderen überhaupt bemerkt haben, dass es eines gibt.«
Rylann schniefte und fühlte sich teilweise besänftigt. »Sprich weiter!«
»Aber lass uns ehrlich sein: Hat irgendein Teil von dir auch nur für eine Sekunde darüber nachgedacht,
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