Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
Trennung leben.
Ihre Laune besserte sich schlagartig, als ihr etwas klar wurde. Plötzlich war der Druck, die perfekte Antwort zu schreiben, verschwunden, und sie verließ sich einfach auf ihr Bauchgefühl.
H EY DU – ICH HOFFE , ES GEFÄLLT DIR IN R OM UND ES IST S O , WIE DU ES DIR ERHOFFT HAST . K ANNST DICH JA IN WEITEREN SECHS M ONATEN WIEDER BEI MIR MELDEN , WENN DU Z EIT HAST .:)
Fertig. Sie las es sich noch einmal durch und fand, dass sie genau den richtigen Ton getroffen hatte. Freundlich – sie hatte sogar einen Smiley hinzugefügt –, aber nicht zu freundlich. Angenommen, Jon hatte die E-Mail nur geschrieben, um nachzuhören, wie es ihr ging. Dann vermittelte ihre Antwort die Botschaft, dass er keinerlei Verpflichtungen hatte und es vollkommen in Ordnung war, wenn er sein Leben so weiterführte, wie es ihm gefiel.
Und auch, dass das Gleiche für ihr Leben galt.
14
Kyle manövrierte seinen Wagen vorsichtig in eine enge Parklücke und versuchte, bei Dex’ Anblick auf dem Bürgersteig nicht laut aufzulachen. Sein Freund trug eine Tennismütze über einem Wust aus wirr abstehenden Haaren, der einfach nur lächerlich aussah.
Nachdem er den Motor abgestellt hatte, ergriff Kyle den Flügeltürgriff seines Mercedes und schob die Tür nach oben.
Dex grinste. »Alter, ganz egal, wie oft ich dich das schon habe machen sehen. Dieses Auto ist so verdammt cool.«
Wo er recht hatte, hatte er recht. Kyle verschloss den Wagen mit einem Knopfdruck und deutete auf den Kopf seines Freundes. »Gibt es dafür eine Erklärung?«
»Ein Schäferstündchen, das etwas länger gedauert hat.«
»Ich hoffe, sie hat dich beim Hinausgehen nicht gesehen. Ich glaube, ich habe da nämlich gerade ein Vogelnest entdeckt.« Da sie sich im Abschlusssemester an der Uni und in den zwei Jahren darauf eine Wohnung geteilt hatten, war dies nicht das erste Mal, dass Kyle Dex in einem nicht besonders präsentablen Zustand sah.
»Echt witzig, Mann.«
»Dachte ich mir. Und wie war das Schäferstündchen?«
»Gut genug, um bis zum Mittag zu dauern«, antwortete Dex grinsend. Dann wandte er sich der Sache zu, wegen der sie hier waren. »Sollen wir uns den Laden mal ansehen?«
»Auf jeden Fall«, erwiderte Kyle.
Nachdem Dex eine Campuskneipe in Champaign geleitet hatte, war er vor acht Jahren nach Chicago gezogen und hatte im Norden der Stadt eine Sportbar eröffnet. Da dieses Projekt gut lief, eröffnete er nun seine zweite Bar, einen gehobenen Nachtclub namens Firelight im Herzen der »Goldküste«, dem reichsten Viertel Chicagos.
Im Inneren des Clubs zeigte Dex Kyle zuerst die Hauptbar. Die schwarzen Wildledersessel, die große gebogene Getränketheke und der geschmackvolle Einsatz von intensiven Rot- und Kupfertönen ließen vermuten, dass Dex keine Kosten gescheut hatte.
Als Nächstes führte Dex ihn ein paar Stufen hinauf, die zu einer VIP-Lounge führten. »Wir eröffnen in vier Wochen. Man hat mir gesteckt, dass die Tribune dieses Wochenende einen Artikel in ihrem Restaurantteil bringen wird, in dem unser Event als die mit der größten Hochspannung erwartete Eröffnung der Saison bezeichnet wird.« Er deutete mit einem Finger auf ihn. »Du wirst doch da sein, oder?«
»Nicht mal zehn US-Marshals auf einmal könnten mich davon abhalten.« Kyle blickte zur Decke und bewunderte die funkelnde Dekoration aus rotem und orangefarbenem Glas. »Wie Feuer. Nette Idee.«
»Ich habe mit dem Inneneinrichter fast einen Monat lang daran gearbeitet.« Dex schob die Tennismütze hoch, um sich an der Stirn zu kratzen, als er Kyles Grinsen bemerkte. »Komm schon. So schlimm ist die Frisur auch nicht.«
»Du siehst aus, als hättest du in eine Steckdose gefasst.«
Bevor Dex etwas erwidern konnte, klingelte Kyles Handy. Er zog es aus seiner Tasche.
Rylann Pierce.
Wie interessant!
»Diesen Anruf nehme ich besser allein entgegen«, teilte er Dex mit. Er verließ die VIP-Lounge und ging dran. »Frau Anwältin. Welchem Umstand verdanke ich dieses Vergnügen?«
Im Hintergrund waren Autohupen und ein Pressluftbohrer zu hören. »Wir sind so weit. Donnerstag um vierzehn Uhr. Nur Sie, ich, ein Gerichtsschreiber und eine dreiundzwanzigköpfige Jury.«
»Wo sind Sie gerade?«, fragte Kyle. Sie klang ein wenig atemlos.
»Vor dem Gerichtsgebäude. Ich versuche, ein Taxi zu kriegen, weil ich in zwanzig Minuten am FBI-Gebäude verabredet bin.«
Er sah sie in ihrem Trenchcoat und ihren Stöckelschuhen bildlich vor sich. Zweifellos trug sie ihre treue
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