Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
lerne: Du brauchst mindestens vierzehn Zeichen. Benutze zufällige Buchstaben, keine Worte. Hier ist ein Tipp: Denk dir einen Satz aus und benutze die Anfangsbuchstaben der Worte. Wechsel zwischen Groß- und Kleinschreibung. Dann wählst du zwei Zahlen, die eine Bedeutung für dich haben – aber kein Geburtsjahr oder so etwas –, und packst sie zwischen die Buchstaben. An den Anfang setzt du noch ein Satzzeichen und an den Schluss ein Symbol, etwa ein Dollarzeichen.«
»Jawohl, Sir.« Jordan schnappte sich einen Stift und einen weiteren Notizzettel. »Äh, könntest du noch mal alles wiederholen, was nach abwechselnder Groß- und Kleinschreibung kam?«
Kyle nahm ihr den Stift aus der Hand. »Ich denke mir einfach was für dich aus.« Dann wedelte er mit seiner Hand in der Luft herum. »Und jetzt verschwinde! Verkaufe Wein oder so was! Wenn ich jemanden brauche, der den Einschaltknopf drückt, rufe ich dich.« Ihm fiel noch etwas ein. »Übrigens, wann hast du zum letzten Mal die Firmware auf deinem Router aktualisiert? Okay, dein ausdrucksloses Gesicht sagt mir, dass die Antwort ›Noch nie‹ lautet.«
Kurz nachdem sie gegangen war, klingelte sein Handy, und Kyle sah, dass Rylann anrief. Die beiden hatten schon den ganzen Nachmittag über Telefon-Pingpong gespielt – nicht, dass es ihn besonders störte, ihre sexy Stimme auf seiner Mailbox zu hören.
Dank der Presseerklärung, die die Staatsanwaltschaft am vergangenen Freitag veröffentlicht hatte, wusste er, dass die Grand Jury Adam Quinn angeklagt hatte. Seitdem hatte ein gewisses Medieninteresse an dem Fall bestanden. Ein Wärter, der den Mord an einem Gefangenen in Auftrag gab, war genau die Art von saftigem Korruptionsskandal, über den die Chicagoer Journalisten gerne berichteten. Doch glücklicherweise war kein Zeugenname an die Öffentlichkeit gedrungen. Es kam ihm sehr entgegen, das Rampenlicht in dieser Sache so lange wie möglich zu meiden.
»Es sind wohl Glückwünsche angebracht, Ms Pierce«, sagte er, als er den Anruf entgegennahm. »Wie ich sehe, haben Sie Ihre Anklage bekommen. Ich glaube, dass mir ein gewisser Jemand versprochen hatte, sich zu melden, wenn das passiert.«
»Ich habe auf einen Moment gewartet, in dem ich mehr als fünf Sekunden Zeit habe.«
»Oh!« Kyle lehnte sich gegen die Theke. Das klang gut. »Ich fühle mich geschmeichelt.«
»Weil ich Sie um einen weiteren Gefallen bitten muss.«
Das war ja klar gewesen. »Wissen Sie, Frau Anwältin, diese Karte, die Sie da ausspielen – die, auf der ›Um der alten Zeiten willen‹ steht –, ist offiziell abgelaufen.«
»Oh, oh, das prüfe ich direkt mal nach.« Am anderen Ende der Leitung entstand eine Pause. »Nein, Mai 2012. Immer noch gültig.«
Er unterdrückte ein Grinsen. »Was brauchen Sie?«
»Ich habe noch ein paar Fragen bezüglich Quinn«, antwortete Rylann. »Es sollte nicht länger als zwanzig Minuten dauern. Eine halbe Stunde höchstens. Passt es Ihnen gerade?«
Wie aufs Stichwort steckte Jordan den Kopf durch die Tür ihres Büros. Als sie ihn am Telefon sah, deutete sie auf ihren Computer und flüsterte: »Ist er wieder in Ordnung?«
Kyle schüttelte den Kopf. Nein. Hau ab!
Er wartete, bis Jordan wieder verschwunden war, bevor er Rylann antwortete. »Ich bin gerade im Weinhandel meiner Schwester mit etwas beschäftigt. Kann ich Sie zurückrufen?«
Sie zögerte. »Was meinen Sie, wie lange das dauern wird?«
»Vielleicht eine halbe Stunde.«
»Ich habe heute Abend noch etwas vor, daher wollte ich Feierabend machen, nachdem ich mit Ihnen geredet habe. Sie waren der letzte Punkt auf meiner Liste«, sagte sie. »Vielleicht können wir uns stattdessen morgen unterhalten?«
»Leider verlasse ich morgen für eine Woche die Stadt«, erklärte er ihr. Er flog nach Seattle, San Diego und dann nach New York, um mit drei potenziellen Kandidaten für eine Managerposition in seinem Start-up-Unternehmen zu sprechen. Angesichts des ganzen Twitter-Debakels hatte es ziemlich viel Überredungskunst erfordert, diese drei dazu zu bringen, sich überhaupt mit ihm zu treffen.
»Ich hatte gehofft, diese Sache in den nächsten paar Tagen abhaken zu können …«, überlegte sie laut. »Wie wäre es, wenn ich Sie anrufe, sobald ich zu Hause bin? Ich wohne im Roscoe Village, also sollte es etwa dreißig Minuten dauern. Würde Ihnen das passen?«
»Das Roscoe Village ist ganz in der Nähe vom Geschäft meiner Schwester. Das DeVine Cellars auf der Belmont Avenue. Warum kommen
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