Wiedersehen mit Mrs. Oliver
sich ihm bot. Dann wandte er sich zögernd an Poirot.
»Verzeihung, bitte – ist dies das Haus von Sir George Stubbs?«
»Jawohl.« Poirot machte eine kurze Pause und erkundigte sich dann: »Sind Sie vielleicht der Vetter von Lady Stubbs?«
»Ich bin Etienne de Sousa.«
»Mein Name ist Hercule Poirot.«
Sie verbeugten sich. Poirot unterrichtete de Sousa über das Gartenfest. Kurz darauf kam Sir George über den Rasen und gesellte sich zu ihnen.
»De Sousa? Ich freue mich, Sie kennen zu lernen. Hattie hatte Ihren Brief heute Morgen bekommen. Wo liegt Ihre Jacht?«
»Sie liegt in Helmmouth vor Anker. Ich bin in meinem kleinen Motorboot hergefahren.«
»Wir müssen Hattie suchen, sie muss irgendwo in der Nähe sein … Werden Sie uns das Vergnügen bereiten, bei uns zu Abend zu essen?«
»Sie sind sehr liebenswürdig …«
»Möchten Sie bei uns wohnen?«
»Das ist ebenfalls sehr liebenswürdig, aber ich werde auf meiner Jacht schlafen, das ist am einfachsten.«
»Wie lange werden Sie hier bleiben?«
»Zwei Tage, oder vielleicht drei – es kommt darauf an …«
De Sousa hob die eleganten Schultern.
»Hattie wird sich bestimmt sehr freuen«, bemerkte Sir George höflich. »Wo steckt sie denn nur? Ich habe sie doch vor kurzem noch gesehen …«
Er sah sich suchend um.
»Sie sollte beim Kostümwettbewerb der Kinder sein … Unverständlich … bitte entschuldigen Sie mich einen Moment, ich werde Miss Brewis fragen.«
Er eilte fort. De Sousa blickte ihm nach. Poirot betrachtete ihn.
»Haben Sie Ihre Kusine schon längere Zeit nicht gesehen?«
Der andere zuckte die Achseln.
»Ich habe sie nicht gesehen, seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr. Bald danach wurde sie ins Ausland geschickt – in eine französische Klosterschule. Sie war damals schon ein hübsches Kind.«
Er sah Poirot fragend an.
»Sie ist eine bildhübsche Frau geworden«, versicherte Poirot. »Und das ist ihr Mann? Er scheint – wie man so sagt – ein netter Bursche zu sein, etwas ungehobelt vielleicht? Aber es kann ja nicht ganz leicht gewesen sein, einen Gatten für Hattie zu finden.«
Poirot sah den anderen leicht erstaunt an. De Sousa lachte.
»Ich bitte Sie – das ist kein Geheimnis. Mit fünfzehn war Hattie geistig unterentwickelt, ein bisschen schwachsinnig – ist das der richtige Ausdruck? Ist sie noch immer so?«
»Es hat den Anschein«, bemerkte Poirot vorsichtig.
»Macht ja nichts, warum sollte man von Frauen verlangen, intelligent zu sein«, meinte de Sousa leichthin. »Das ist ganz unnötig.«
Sir George kam zusammen mit Miss Brewis zurück; er schien sehr ärgerlich zu sein. Miss Brewis war außer Atem.
»Ich habe keine Ahnung, wo sie sein könnte, Sir George. Ich habe sie zuletzt beim Zelt der Wahrsagerin gesehen, und das war vor zwanzig Minuten oder sogar vor einer halben Stunde. Sie ist nicht im Haus.«
»Wäre es möglich, dass sie das Resultat von Mrs Olivers Mörderjagd sehen will?«, fragte Poirot.
»Das ist eine Idee«, meinte Sir George sichtlich erleichtert. »Könnten Sie mir einen großen Gefallen tun, Poirot? Ich bin hier im Augenblick nicht abkömmlich, und Amanda hat auch alle Hände voll zu tun. Würden Sie sich nach ihr umsehen? Das Terrain ist Ihnen ja bekannt.«
Es war ihm zwar nicht bekannt, aber Miss Brewis beschrieb ihm den Weg, so gut sie konnte, bevor sie mit de Sousa ins Haus ging. Poirot murmelte vor sich hin: »Tennisplätze, Kameliengarten, das Folly, die obere Baumschule, das Bootshaus …«
Als er an der Kokosnussbude vorbeikam, stellte er belustigt fest, dass Sir George dieselbe junge Italienerin, die er am Morgen hinausgeworfen hatte, mit einem strahlenden Lächeln begrüßte und ihr Holzbälle in die Hand drückte. Das junge Mädchen konnte dieses veränderte Benehmen offensichtlich nicht verstehen.
Er machte sich auf den Weg zum Tennisplatz, aber dort befand sich nur ein alter, militärisch aussehender Herr, der den Hut über die Augen gezogen hatte und auf einem Gartenstuhl fest eingeschlafen war.
Poirot kehrte zum Haus zurück und ging in die Richtung des Kameliengartens. Dort fand er Mrs Oliver, die in einer eleganten, purpurroten Toilette mit düsterem Gesicht auf einer Bank saß. Sie bedeutete ihm, sich neben sie zu setzen.
»Hier ist der zweite Anhaltspunkt«; zischte sie ihm zu. »Ich fürchte, es ist zu schwierig. Bisher war noch niemand hier.«
In diesem Augenblick betrat ein junger Mann in kurzen Hosen, ausgestattet mit einem hervorstehenden Adamsapfel, den
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