Wiedersehen mit Mrs. Oliver
niemals daran gedacht, dass es umgekehrt sein könnte, nämlich, dass Hattie nicht die wirkliche Hattie war.
In der schwierigen Situation, die durch de Sousas Brief entstanden war, hätte man verschiedene Wege einschlagen können. Lady Stubbs hätte Krankheit vortäuschen und so ein Zusammentreffen mit de Sousa vermeiden können, aber falls er längere Zeit in England geblieben wäre, hätte das nicht geklappt. Außerdem gab es bereits eine weitere Schwierigkeit: Der alte Merdell, der etwas geschwätzig geworden war, sprach oft mit seiner Enkelin Marlene. Wahrscheinlich war sie die einzige Person, die sich Zeit nahm, ihm zuzuhören, und selbst sie glaubte das meiste nicht, weil sie ihn für ›verblödet‹ hielt. Jedoch machten einige seiner Erzählungen genügend Eindruck auf Marlene, dass sie etwas davon Sir George gegenüber andeutete. Sie sprach von ›einer Frauenleiche im Wald‹ und davon, dass ›Sir George eigentlich der Mr James wäre‹. Und damit unterzeichnete sie natürlich ihr eigenes Todesurteil. Sir George konnte es nicht zulassen, dass sich diese Gerüchte verbreiteten. Ich nehme an, dass er ihr kleinere Summen als ›Schweigegeld‹ gab und dann entsprechende Pläne machte.
Ihr Sohn und seine Frau trafen ihre Vorbereitungen mit größter Sorgfalt. Sie wussten bereits, an welchem Tag de Sousa in Helmmouth erwartet wurde, und zwar war es der Tag, für den das Gartenfest geplant war. Die Umstände, unter denen Marlene ermordet werden sollte, und das Verschwinden von Lady Stubbs würden dazu beitragen, den Verdacht auf de Sousa zu lenken. Deshalb auch die Bemerkung: ›Er ist ein schlechter Mensch‹ und die Anschuldigung: ›Er bringt Leute um.‹ Lady Stubbs würde für immer verschwinden (möglicherweise würde eine bereits unkenntliche Leiche später von Sir George identifiziert werden), und eine andere Person würde an ihre Stelle treten. Tatsächlich sollte es darauf hinauslaufen, dass ›Hattie‹ wieder ihr ursprüngliches italienisches Selbst werden würde. Sie hatte die Doppelrolle nur für etwa vierundzwanzig Stunden zu spielen, und das war mit Sir Georges Hilfe nicht schwer. Am Tag meiner Ankunft sollte ›Lady Stubbs‹ bis kurz vor dem Nachmittagstee in ihrem Zimmer bleiben. Dort wurde sie nur von Sir George gesehen. Tatsächlich rückte sie aus, fuhr mit dem Autobus oder mit dem Zug nach Exeter und reiste von Exeter in der Gesellschaft eines anderen Mädchens, dem sie die Geschichte von der Freundin, die eine schlechte Fleischpastete gegessen hatte, anvertraute. Sie kommt in der Jugendherberge an, belegt ein Bett und geht auf ›Erkundungsfahrt‹. Um die Teezeit ist Lady Stubbs im Wohnzimmer. Lady Stubbs geht kurz nach dem Abendessen ins Bett, aber Miss Brewis sieht sie kurz danach aus dem Haus schlüpfen. Sie verbringt die Nacht in der Jugendherberge, geht aber frühzeitig weg und ist – wieder als Lady Stubbs – zum Frühstück in Nasse House. Wieder verbringt sie angeblich den Morgen mit ›Kopfschmerzen‹ in ihrem Zimmer, während sie tatsächlich als Studentin, die unbefugterweise die Besitzung betreten hat, erscheint. Sie wird von Sir George, der am Schlafzimmerfenster seiner Frau steht, vom Grundstück gewiesen. Sir George dreht sich während dieses Vorfalls um und gibt vor, mit seiner Frau im Innern des Zimmers zu sprechen. Die Verkleidungen waren nicht schwierig: Unter einem ihrer übereleganten Gewänder zog Lady Stubbs einfach kurze Hosen und eine Sportbluse an. Das weißgeschminkte Gesicht der Lady Stubbs wurde von einem breitkrempigen Kulihut beschattet; das italienische Mädchen trug einen lustigen Bauernschal, der rötliche Locken und ein sonnengebräuntes Gesicht umrahmte. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass diese beiden ein und dieselbe Frau waren.
Und dann wurde das endgültige Drama inszeniert. Lady Stubbs bat Miss Brewis kurz vor vier, Marlene ein Tablett mit Erfrischungen zu bringen, und zwar deshalb, weil sie fürchtete, dass Miss Brewis von selbst auf diesen Gedanken kommen könnte und weil es eine Katastrophe gewesen wäre, wenn Miss Brewis im falschen Augenblick im Bootshaus erschienen wäre. Vielleicht bereitete es ihr außerdem ein teuflisches Vergnügen, es so zu arrangieren, dass sich Miss Brewis um die ungefähre Zeit des Verbrechens am Tatort aufhielt. Dann wählte sie den richtigen Zeitpunkt, um in das leere Zelt der Wahrsagerin zu schlüpfen, unbemerkt durch die rückwärtige Zeltklappe hinauszugehen und sich im Schutz der dichten Hecke
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