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Wiegenlied Roman

Titel: Wiegenlied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Cantz
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Leidenschaften der Madame Stopfkuchen weniger aussichtslos erscheinen zu lassen, um ihr für den Vormittag die Kalesche abzuluchsen, denn das Gespräch, das sie zu führen gedachte, war nichts für den festen Boden.
    Seit einer geschlagenen Stunde wartete sie nun schon vor der Charité, um Helene abzufangen, für den Fall, dass sie sich nicht zum Frühstück bei ihr einfinden würde. Sie hatte noch immer keine Idee, wie sie vorbringen sollte, worum die
Fürstin gebeten hatte. Elsa wusste nur, dass die Fürstin Einfluss auf den Kunstgeschmack des Königs hatte. Seit sie mit ihm verheiratet war, wurde vermehrt Schiller gegeben, Shakespeare und Goethe hatten sich wieder zwischen einfältige Lustspiele auf den Spielplan des Königlichen Schauspiels geschlichen. Elsa brannte darauf, Fausts Gretchen zu spielen. Seit ihrem persönlichen Sündenfall fühlte sie sich für diese Rolle prädestiniert.
    Sie öffnete den Deckel des Korbes, den Eveline mit allerlei guten Dingen gefüllt hatte, unter anderem mit Kaffee, der inzwischen vermutlich unter seinem Filzhut kalt geworden war, so wie ihr unter der Wolldecke.
    Sie hörte den Kutscher rufen und stieß den Wagenschlag auf, als sie Helene durch den Sprühregen laufen sah.
    »Wie komme ich denn zu dieser Ehre?«
    Außer Atem ließ Helene sich Elsa gegenüber in die Polster fallen.
    »Ich hatte mir eine Spazierfahrt mit Picknick ausgedacht. Nun spielt das Wetter nicht mit, und wir müssen improvisieren.«
    »Eine himmlische Idee.« Helene schloss die Augen, als die Kutsche sich in Bewegung setzte. »Es könnte nur passieren, dass ich einschlafe.«
    Sie war blass und hatte tiefste Schatten unter den Augen, doch darauf konnte Elsa heute keine Rücksicht nehmen. Sie legte ihr eine Decke über die Beine und überlegte, ob sie es wagen konnte, während der schaukelnden Fahrt Kaffee in einen Becher zu schenken, ohne sich ihr Kleid zu verderben.
    »Wo willst du denn mit mir hin?«, murmelte Helene.
    Elsa biss sich auf die Lippen und betrachtete ihre Schwester, die tatsächlich im Begriff war einzuschlafen.

    »Ich müsste lügen, wenn mir ein idealer Ort für einen heiklen Gesprächsgegenstand eingefallen wäre, der zudem allergrößter Geheimhaltung bedarf.«
    Helene öffnete die Augen und setzte sich langsam auf.
    »Was meinst du mit heikel?«
    »Es geht nicht um mich«, sagte Elsa schnell. »Und auch nicht um das, was du möglicherweise befürchtest.«
    »Ich beginne zu befürchten, dass du in Schwierigkeiten steckst oder dich geradewegs hineinbegibst.«
    Die Kutsche kam zum Stehen; sie hatten das Ende des Schiffbauerdamms erreicht. Helene erkannte die Zugbrücke, die in den Tiergarten führte. Der Regen war stärker geworden und schlug gegen die Scheiben. Elsa beugte sich vor.
    »Man bittet uns um Hilfe«, sagte sie mit gesenkter Stimme. »Es ist eine Person von Stand. Aus allerhöchsten Kreisen.«
    »Ich glaube, du solltest nicht weitersprechen«, sagte Helene. »Mir gefällt schon jetzt nicht, was du vielleicht sagen willst. Was heißt überhaupt, man bittet uns ? Ich hoffe, du hast keine voreiligen Versprechungen gemacht.«
    »Das habe ich nicht, aber ich bitte dich sehr, Helene, lass mich dir erst einmal sagen, um was es geht, ohne dass du gleich grollst.«
    »Ich habe wohl keine andere Möglichkeit.«
    Elsa nestelte aus dem Korb die Kanne mit dem Kaffee hervor und stellte erleichtert fest, dass dieser noch warm war, als sie einen Becher füllte. Helene trank davon und nahm auch den süßen Wecken an, den sie ihr mit einer Serviette reichte.
    »Die Person, deren Identität ich geheim halten muss, will einer engen Freundin helfen, die in Bedrängnis geraten ist.«
    »Durch eine Schwangerschaft, nehme ich an.«

    »Ja.« Elsa flüsterte jetzt. »Doch die Lage der Frau unterscheidet sich von der meinigen, als ich dich um Hilfe bat. Sie hat viel Zeit vergehen lassen, da sie es so lange nicht glauben wollte, bis sie Kindsregungen verspürte.«
    Während Helene sich fragte, ob es Kalkül war, dass ihre Schwester sie daran erinnerte, wie sie von ihr im Stich gelassen worden war, oder ob sie es tatsächlich noch nicht verwunden hatte, hielt Elsa ihrem forschenden Blick stand.
    »Kennst du die Schwangere?«
    »Nein.«
    »Was bewegt dich dann, dem Wunsch dieser ominösen Dame von Stand nachkommen zu wollen?«
    »Ich schätze diese Dame sehr. Sie würde mich niemals mit einer solchen prekären Bitte behelligen, wenn nicht größte Not es erforderlich machte.«
    »Wie kommt es, dass sie

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