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Wiener Requiem

Wiener Requiem

Titel: Wiener Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Jones
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eigennütziger Bürokrat, der nach Beförderung strebte, und kein Polizist, dachte Werthen. Wie konnte sich jemand so gerissen durch die byzantinischen Verwicklungen höfischer Politik manövrieren und gleichzeitig so ahnungslos in den einfachsten Mechanismen der menschlichen Psyche sein?
    »Ich habe Sie nicht hergebeten, um zu streiten, sondern um sicherzustellen, dass wir auf derselben Seite stehen«, erklärte Meindl schließlich und versuchte, seinen Worten einen gnädigen Anstrich zu geben. »Ich möchte gerne wissen, wohin Ihre Untersuchungen Sie führen und wen Sie befragen. Das würde uns allen Zeit ersparen. Wir wollen schließlich nicht unsere Aufgaben doppelt erledigen.«
    Gross seufzte. Sie kamen nicht umhin, wenigstens zum Schein eine Zusammenarbeit mit Meindl zu versuchen.
    »Es handelt sich allerdings um eine recht komplizierte Angelegenheit«, begann Gross.
    Zwanzig Minuten später beendete der Kriminologe eine präzise Zusammenfassung des Falles bis zum aktuellen Stand. Darin enthalten war eine kurze Aufzählung der Verdächtigen,wie auch mögliche Alibis zu den jeweiligen Tatzeiten. Er erwähnte auch die Richtung, die ihre Nachforschungen noch nehmen würden, nämlich die Überprüfung von Freunden und Feinden aus Mahlers Vergangenheit, seiner Zeit als Student in Wien. Mit keinem Wort jedoch erwähnte Gross die neue, viel umfassendere Ermittlung, in der es vielleicht um eine ganze Reihe miteinander zusammenhängender Morde an einigen der größten Musiker Wiens ging.
    Meindl nickte weise während des ganzen Vortrages, aber Werthen bezweifelte, dass er viel mitbekommen hatte. Offenbar vertraute er Drechsler und dessen genauen Notizen.
    »Wir sollten uns auf jene konzentrieren, die sich in Altaussee aufhielten«, erklärte Meindl zum Abschluss. »Schließlich gibt es für diesen Vorfall eine überschaubare Zahl von Verdächtigen.«
    »Jedenfalls solange Sie ausschließen, dass jemand die Bremsen nahezu durchtrennt hat, bevor das Fahrrad überhaupt ausgeliefert wurde.« Werthen konnte nicht anders, das selbstzufriedene Grinsen musste von Meindls Gesicht verschwinden. »Oder es war ein Besucher, der mitten in der Nacht unbemerkt gekommen war. Die Fahrräder standen draußen vor dem Haus und wurden nicht bewacht.«
    »Selbstverständlich«, sagte der Kommissar, doch es klang nicht sehr überzeugt. An Gross gewandt, fuhr er fort: »Es war sehr umsichtig, dass Sie daran gedacht haben, einen Mann zum Schauplatz aufs Land zu schicken.«
    Gross schüttelte einfach nur den Kopf zu dieser Bemerkung.
    Als sie gingen, gab ihnen Meindl noch eine weitere Bemerkung mit auf den Weg:
    »Die Zeit ist von höchster Bedeutung, meine Herren. Bis jetzt ist es mir gelungen, alle Spekulationen über einen Anschlag auf Mahler von der Presse fernzuhalten. Aber ich kann nicht dafür garantieren, dass diese Vorfälle noch sehr viel länger geheim bleiben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein einfallsreicher, oder vielleicht sollte ich lieber sagen: ein sensationssüchtiger Journalist die Tatsachen aufdeckt und sie genüsslich auf der Titelseite einer Wiener Tageszeitung ausbreitet. Dann wird unser Täter abtauchen, oder schlimmer, noch entschlossener zuschlagen, um die Sache hinter sich zu bringen.«
    Werthen gestand sich das zwar nicht gerne ein, musste aber zugeben, dass Meindl nicht ganz unrecht hatte. Die Zeit spielte tatsächlich gegen sie.
    Gross und er wurden von Drechsler aus dem Präsidium am Schottenring geführt. Es wurde allmählich wärmer. Gross schlug vor, eine Kleinigkeit zu essen, aber Drechsler schützte dringende Aufgaben vor.
    Bevor er sie verließ, hatte er noch eine Neuigkeit für sie. »Es gibt eine neue Entwicklung im Fall Gunther. Wir haben endlich eine Zeugin gefunden, eine junge Frau aus etwas anrüchigem Gewerbe, Sie wissen schon, was ich meine, die in der Nacht seines Todes an einer Straßenecke nicht weit von Gunthers Wohnung stand. Einer meiner findigen jungen Wachtmeister hat den nächtlichen Schauplatz in den angrenzenden Straßen observiert, um herauszufinden, ob eine der Frauen dort ihrer Beschäftigung nachgeht. Es hat zwar einige Zeit in Anspruch genommen, aber schließlich haben wir diese Frau ausfindig gemacht.«
    Gross war weniger daran interessiert, wer alles aufgeboten wurde, um diese Zeugin zu finden, als vielmehr, was sie zu sagen hatte. »Heraus damit, mein Herr.«
    »Sie erwähnte einen Mann, der das Gebäude in den frühen Morgenstunden verließ. Ein größerer Mann, der zu Fuß

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