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Wiener Schweigen

Wiener Schweigen

Titel: Wiener Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Strohschein
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aber keine brauchbare   DNA   mehr ermitteln. Der Stein ist im Feuer gelegen, und das hat das Material sehr beeinträchtigt.«
    Liebharts Telefon läutete, er sprach schnell und hastig. Nachdem er aufgelegt hatte, sagte er zu Rosa: »Die Leiche von Frau Zehetmair wurde soeben zur Exhumierung freigegeben.«
    »Das ging schnell. Ich schätze, dass das Blut von ihr stammt.«
    »Das glaube ich auch.«
    »Ich denke, dieser Fund bestätigt meine These. Irgendjemand hat im Kahlenbergerdorf ein paar besonders wertvolle Stücke aus einem Kirchenschatz versteckt. Er poliert sie und er verteidigt sie; wenn es sein muss, geht er sogar über Leichen.«
    Liebhart ballte die Fäuste, als sie das Dorf erwähnte.
    »Haben die   DNA -Analysen der Familien, die Andrzej erwähnt hat, etwas ergeben? Passt eine Probe zu der   DNA , die ihr an seinem Rucksack gefunden habt?«
    »Nein, es passt keine. Trotzdem stecken die Bewohner vom Kahlenbergerdorf alle unter einer Decke. Zieliński hat bei der Suche nach der Ikone an etwas gerührt, das auf keinen Fall ans Licht kommen soll.«
    »Ja, die Nacht, in der der Teufel mit den Menschen dort getanzt hat«, meinte Rosa und schlang die Arme um ihren Körper.
    Auf dem Weg nach Brunn rief sie Schurrauers Frau an und erkundigte sich nach seinem Befinden. Frau Schurrauer erzählte ihr, dass er heute schon die Augen aufgemacht habe, es gehe ihm den Umständen entsprechend gut. Rosa legte erleichtert auf und nahm sich vor, ihn morgen zu besuchen.
    Als sie am Friedhof von Brunn vorbeifuhr, schlug die Kirchturmuhr sechsmal. Sie parkte ihr Auto und lief in die kleine Trafik auf dem Hauptplatz, um einen Stapel Zeitungen zu kaufen. Als sie wieder aus dem Laden trat, fiel ihr der alte knorrige Stamm des Geißblattes ins Auge, der sich in üppigem Grün um die niedrige Friedhofsmauer rankte. Sie ließ ihren Blick kurz über die gusseisernen Grabkreuze schweifen und hielt plötzlich inne.
    »Der Hang gehört der Kirche!«, rief sie laut und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Erna Peier, die gerade grüßend an ihr vorbeieilte, um noch in die Trafik zu kommen, bevor diese schloss, hätte es vor lauter Schreck beinahe der Länge nach hingeschlagen.
    Zu Hause rief Rosa zuerst Johanna, danach Ludwig an. Sie überlegte kurz, ob sie Liebhart in ihre Pläne einweihen sollte, verwarf den Gedanken aber wieder, da ihr sein »Du bist zu voreilig«-Geschwafel auf die Nerven ging.

15
    »Nein, ich denke nicht, dass sich Aschenbecher in Form von menschlichen Organen gut verkaufen.« Rosa legte die Stirn in Falten, um ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen.
    »Das kann ich nicht nachvollziehen«, raunzte Ludwig. »Es gibt doch schon Aschenbecher in Herzform, und die sind äußerst beliebt. Wieso dann nicht einen Schritt weiter denken und Aschenbecher in Nieren- oder Leberform mit authentischer Bemalung …?«
    Rosa verscheuchte eine Fliege, die ihr vor dem Gesicht herumschwirrte. »Weil die Aschenbecher, die du in Herzform bekommst, nicht im Mindesten einem echten Herz ähneln. Täten sie das, wäre das nicht nur ekelhaft, sondern auch geschmacklos.«
    »Habt ihr gewusst, dass diese Herzform eigentlich auf die Form einer aufgeschnittenen Feige zurückgeht?«, fragte Johanna und blieb schnaufend stehen.
    Schweiß rann ihr über das Gesicht, und Rosa bereute es, die beiden gestern Abend gebeten zu haben, mit ihr den Waldbachsteig hinaufzuwandern. Durch die Mure war ein Großteil des unteren Nasenweges, der eigentlich näher am Unglücksort lag, abgegangen. Der obere Weg, der von der Leopoldskirche wegführte, war noch gesperrt.
    »Ich dachte, die Form kommt vom Efeublatt, das in griechischen, römischen und frühchristlichen Kulturen als ein Zeichen unsterblicher Liebe gegolten hat.« Sowie Rosa den Satz beendet hatte, wusste sie, dass es ein Fehler gewesen war zu antworten.
    Johanna hob mit pfeifendem Atem den Zeigefinger und wollte zu einem Wissenswatschentanz ansetzen, winkte jedoch ab und setzte den Weg fort. »Wegen physischen Zusammenbruchs geschlossen« war alles, was sie hervorbrachte.
    Rosa atmete auf, eine Diskussion mit Johanna hätte sie jetzt genauso wenig brauchen können wie ein Loch im Knie. Die sanfte Steigung des Waldbachsteiges war aufgrund der Hitze anstrengend, der Tag machte dem Sommer alle Ehre.
    Ludwig blieb mit einem spitzen Aufschrei stehen. »Meine Güte, habt ihr den dicken Käfer gesehen?«
    »Ludwig, wir sind in der Natur, da gibt es nun einmal alle möglichen Tiere«, meinte Rosa,

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