Wienerherz - Kriminalroman
Schwimmbäder, in denen ihre Kinder baden, werden geschlossen! Geld für Schulen, Universitäten oder das Gesundheitssystem fehlt!«
»Aber viele bewundern die Typen doch insgeheim dafür, wie ›raffiniert‹ sie sind.«
»Bis ich sie erwische.«
»Bis du sie erwischst.«
»Brauchst dich gar nicht lustig zu machen. Es regt mich einfach auf! Verstehst du nicht? Die Leute haben Angst vor Ausländern, dabei sind es diese Einheimischen, die unser Gemeinwesen wirklich zerstören. Was isst du?«
Freund hätte gern einen Backhenderlsalat bestellt. Doch beim Studium der Speisekarte schob sich sein Bauch so penetrant ins Blickfeld, dass er an Claudias spitze Bemerkungen denken musste. Er zwang sich zur Disziplin, bemitleidete sich ein wenig selbst und wählte schweren Herzens die Variante mit den gegrillten Hühnerstreifen. Soda Zitron statt eines Gläschen Weins.
»Aber jetzt raus damit«, sagte sie, als der Kellner mit der Bestellung verschwunden war. »Warum sitzen wir hier?«
»Ich habe da einen Toten, über dessen Geschäfte mir niemand Genaueres sagen kann, nicht einmal seine Sekretärin.«
»Und dann soll ich sie kennen?«
»Du kennst doch alle größeren Wirtschaftstreibenden in diesem Land und was sie so treiben.«
»Und da gehört er dazu?«
»Seine Familie auf jeden Fall.«
Sie trommelte mit den Fingern auf den Tisch, lehnte sich zurück, spitzte die Lippen, ließ ein paar Sekunden verstreichen.
»Florian Dorin«, sagte sie schließlich.
Freund legte den Finger auf den Mund.
Sie zuckte mit den Schultern. »Früher oder später wird es in den Medien landen. Ist es wahrscheinlich schon, und jemand lässt es sich stolze Summen kosten, eine Veröffentlichung zu verhindern. Der Flurfunk meldet, es war Selbstmord.«
»War es vermutlich auch.«
Trotz der Sonnenbrille erkannte Freund, dass Tognazzi hellhörig wurde.
»Was treibt dich dann um?«
»Das ›vermutlich‹. Außerdem ist mir heute ein Verdächtiger abgehauen.«
»Ein Verdächtiger?«
»Der Ex-Freund von Dorins letzter Freundin.«
Tognazzi schob ihre Sonnenbrille auf den Kopf, um wenigstens die wildesten Locken zurückzuhalten.
»Wozu brauchst du dann noch den Wirtschaftsteil?«
»Man weiß ja nie. Verabredet hatten wir uns außerdem schon davor.«
Die Glocken der Servitenkirche bimmelten. Dorfplatz, wirklich.
»Haben seine Geschäfte mit deinen Vermutungen zu tun?«
»Ich weiß es nicht, weil ich diese Geschäfte nicht kenne. Ich suche Motive, um den Täter – oder die Täterin – zu finden …«
»Wenn es den oder die denn gibt.«
»Vielleicht finde ich hier was. Vielleicht steckt auch eine seiner zahllosen Frauengeschichten dahinter. Oder ganz etwas anderes.«
»Oder er hat sich wirklich das Leben genommen.«
»Oder das.«
»Na gut. Florian Dorin. Was weißt du schon?«
Freund fasste zusammen, was er im Internet gefunden und ihm die Brüder erzählt hatten.
»Das ist, was man so liest«, erwiderte Tognazzi darauf. »Wenn man genauer hinsieht, wagen ein oder zwei Journalisten sogar etwas mehr anzudeuten, aber du weißt ja, wie das in diesem Land ist. Solange man erfolgreich ist, hat man recht. Oder soll ich sagen, ist man im Recht?«
»Du Defätistin.«
»Ich Realistin.«
»Sag schon, was wird angedeutet?«
Sie verstummte, als der Kellner mit den Getränken kam. Als er verschwunden war, fuhr sie fort. Voll Neid schielte Freund auf Tognazzis G’spritzten.
»Florian Dorin hatte ein Talent. Er konnte Menschen für sich einnehmen. Ich habe ihn ein paarmal kurz persönlich getroffen. Er war nett, witzig, unterhaltsam und versprühte den unbeschwerten Charme des ewigen Buben. Diese Gabe allein macht dich natürlich noch nicht zwangsläufig erfolgreich. Im Gegenteil, wir kennen beide genug Strizzis, die sich ihr Leben lang auf ihren Schmäh verlassen und damit irgendwann auch verlassen sind, wenn nichts dahintersteckt. Bei Florian Dorin kam die Gnade der Geburt dazu. Wenn du von klein an auf Du und Du mit den Reichen und Mächtigen bist, hast du später natürlich schöne Möglichkeiten. Dank seines Talents konnte er die auch nützen, als er aus dem Familienunternehmen ausschied. Was sich damals im Übrigen nicht so darstellte, wie es sein lieber Bruder geschildert hatte, nämlich dass Florian nicht geeignet sei. Er wurde in höchsten Tönen gelobt, auch für seinen Unternehmergeist, es außerhalb der Familienbetriebe zu wagen.«
»Aber wussten Insider beziehungsweise Leute, die etwas von Geschäften verstehen, nicht
Weitere Kostenlose Bücher