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Wienerherz - Kriminalroman

Wienerherz - Kriminalroman

Titel: Wienerherz - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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lächelte sie. »Gut.«
    »Wir erwischen ihn ja trotzdem.«
    »Das glaube ich auch. So clever ist er weiß Gott nicht.«
    »Warum ist er denn davongelaufen, was glauben Sie?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Keine Ahnung. Er hat ab und zu gekifft oder sich einen Trip eingeworfen. Vielleicht deshalb?«
    »Sie wussten davon?«
    »Ist ja nicht so schlimm. Er nahm keine harten Drogen. Und bevor Sie mich jetzt ansehen wie mein Vater« – wie bitte?, dachte Spazier, wenn jemand altersmäßig fast dein Erzeuger hätte sein können, dann Florian Dorin –, »ich habe das Zeug nicht angerührt. War auch einer der Gründe, warum ich nicht mehr mit ihm wollte.«
    »Haben Sie eine Idee, wohin er sein könnte?«
    Sie schlürfte ihren Kaffee, wiegte den Kopf hin und her wie eine Inderin, die »Ja« sagt.
    »Ein paar seiner Sportsfreunde vielleicht.«
    Spazier notierte Namen, Adressen und Telefonnummern. Er hätte gern weiter mit ihr geplaudert, wenn auch nicht über andere Männer. Doch vorläufig war ihre Rolle in diesem Spiel noch zu unklar. Nur so viel war eindeutig: Sie war Teil des Falls. Er war Ermittler. Wie kam er überhaupt dazu, etwas anderes zu denken?

Gern einen Backhenderlsalat
    Von seinem Dienstsitz hatte Freund nur ein paar Minuten zu Fuß ins Servitenviertel. Auf dem Platz rund um die gleichnamige Kirche fühlte er sich mitten in der Stadt wie auf einem Dorfplatz. An den Tischen der kleinen Lokale genossen die Menschen die herbstliche Mittagssonne. Jeder wusste, dass nicht mehr viele solche Tage zu erwarten waren, und versuchte, aus den letzten Strahlen so viel Kraft wie möglich für den nahenden Winter zu saugen, der gern wochenlang graue Hochnebeldecken über die Stadt legte.
    Serena Tognazzi hatte einen Sonnenplatz ergattert. Mit der Juristin aus der Abteilung für Wirtschaftskriminalität, einer gebürtigen Italienerin, verband ihn seit Jahren eine Bekanntschaft. Sie begrüßten sich mit zwei Küsschen auf die Wangen. Wie üblich hatte sie ein betörendes Parfum aufgetragen. Sollte er je auf die Idee kommen, Claudia zu betrügen, Tognazzi wäre seine erste Wahl. Ob er auch die ihre war, hatte er allerdings nicht die leiseste Ahnung. Heute verschwand ihr schmales Gesicht fast hinter einer gigantischen Sonnenbrille. Sie grinste ihn an.
    »Muss ja wichtig sein, wenn du mich zum Essen einlädst.«
    »Wieso?« Er gab den Empörten. »Darf ich dich nicht einfach …?«
    »Vergiss es, Laurenz! Du bist ein guter Ermittler, aber ein miserabler Diplomat. Und ein noch schlechterer Lügner. ›Mangelnde Soft Skills‹ sagt man dazu heute wohl.«
    »Ich wollte mich nicht bei dir bewerben.«
    »Ich würde dich sofort nehmen. Nicht zuletzt genau deswegen. Die ganzen Durchlavierer und Schönredner in den Ministerien hängen mir so zum Hals heraus. Nach den Skandalen, die in den vergangenen Jahren enthüllt wurden, brauchen wir eigentlich zehnmal so viel Personal. Die Amerikaner schaffen es, einen Multimilliardenbetrüger binnen weniger Monate zu verurteilen. Bei uns dauert es bis zu einer Hausdurchsuchung ein Jahr.«
    »Kommt auf den Beschuldigten an.«
    »Bohr in offenen Wunden!«
    »Ihr habt doch jetzt ein paar Millionen zusätzliches Budget bekommen.«
    »Ein Tropfen auf den heißen Stein! Bei uns gibt es immer noch Vernehmungsbeamte, die auf Schreibmaschinen – ja, Schreibmaschinen! – arbeiten müssen.«
    »Weiß ich.«
    »Dabei richtet ein einziger dieser Verbrecher im Nadelstreif oder die korrupten Politiker mehr volkswirtschaftlichen Schaden an als alle Einbrecherbanden und Ladendiebe zusammen!«
    »Ein Wohnungseinbruch entsetzt die Leute nun einmal mehr als Korruption oder der Wertverlust von ein paar Aktien, die sie ohnehin nicht besitzen, sondern nur die ihrer Ansicht nach ›G’stopften‹, die es ohnehin nicht besser verdienen. Das ist zu abstrakt. Der Einbrecher, der Fremde in der eigenen Privatsphäre, ist nun einmal viel bedrohlicher, auch wenn er dir in Wahrheit weniger stiehlt.«
    »Entschuldige bitte, die Menschen spüren doch auch die Wirtschaftsverbrechen unmittelbar. Das Geld fehlt ja woanders, bei der Bildung, der Forschung, dem Straßenbau, dem Betrieb von Museen oder Schwimmbädern, in Pensionskassen, Landes- und Gemeindekassen, überall.«
    »Solange du keine Idee hast, wie du das für die Menschen so unmittelbar erlebbar machst wie eine aufgebrochene Tür und eine verwüstete Wohnung, sehe ich schwarz.«
    »Aber sie erleben es doch! Straßen, auf denen sie fahren, werden nicht repariert!

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