Wikinger der Liebe
Glanz an der Seite Eures stolzen Herrn, der nicht den geringsten Groll zeigte?«
Krysta hob die Schultern, konnte ihr Selbstmitleid aber nicht abschütteln. Wie eine Klette schien es an ihr zu kleben. »Und was bedeutet das nach deiner Meinung? Dass alles gut wird?«
Ungeduldig schnalzte Raven mit der Zunge. »Ich finde, Ihr seid viel besser dran, als zu erwarten war. Aber ich habe die Männer nie verstanden. Also, was bekümmert Euch? Nein, sagt nichts, ich hab’s erraten. Die grässliche Daria war hier und hat ihr Gift versprüht.«
»Ist das so offensichtlich?«
»O ja, für mich und alle anderen in dieser Festung. Die Leute reden nur noch davon, wie schön Ihr gestern Abend wart, wie Lord Hawk Euch ansah, wie Ihr ihn angesehen habt und so weiter.« So viel Dummheit bewog Raven, seufzend den Kopf zu schütteln. Dann warf sie Krysta einen prüfenden Blick zu. »Natürlich wagen sie nur zu flüstern. Die Macht liegt immer noch in den Händen dieser Frau. Und die will sie auch behalten.«
»Auf keinen Fall möchte ich Zwietracht unter dem Dach meines Bräutigams säen.«
»Oh, die steht längst in voller Blüte. Die Zwietracht ist alles, was dieses Knochengerüst kennt. An dieser Frau klebt keine Unze Fleisch, und sie verfolgt nur ein einziges Ziel, die Menschen zu quälen. Außerdem ist’s das gute Recht Seiner Lordschaft zu entscheiden, was in seinem Haus geschehen soll und was nicht. Nach allem, was ich gestern Abend beobachtet habe, begehrt er Euch.«
»Was keineswegs heißt, er würde mich lieben.«
»Angeblich fängt die Liebe bei den meisten Männern mit der Leidenschaft an.« Als Raven merkte, dass ihre Worte die Herrin nicht trösteten, ächzte sie: »Seid Ihr nicht aus härterem Holz geschnitzt? Hat Euch diese Frau so entmutigt? Das glaube ich nicht.«
»Was sie mir erzählt hat, bereitet mir Sorgen. Lord Hawk war schon einmal verheiratet. Wusstest du das?«
Unbehaglich wich Raven dem Blick ihres Schützlings aus. »Da oder dort habe ich was gehört. Sie starb vor langer Zeit. Und die Leute sagen, er würde sie nie erwähnen.«
»Ebenso wenig seine Kämpfe gegen die Dänen. Damals war er noch blutjung. Trotzdem muss ihm jener Krieg viel bedeutet haben.«
»Seine Frau nicht, behaupten die Bewohner von Hawkforte. Nun hoffen sie, Ihr würdet Eure Sache besser machen, mein Mädchen.«
»Das würde mir sicher gelingen, wäre er nicht in eine andere verliebt.«
Ruckartig hob Raven das Kinn. »Was? Welche Frau liebt er denn?«
»Ihren Namen hat Daria nicht genannt. Sie teilte mir nur mit, Lord Hawk hätte beabsichtigt, eine echte, vornehme Lady zu heiraten.«
»Und Ihr nehmt diesen Unsinn für bare Münze ? Was hat Euer Gehirn benebelt, Mädchen? Wenn er vorhatte, eine andere zu heiraten, heißt das keineswegs, er würde sie lieben. Liebe und Ehe haben nichts miteinander zu tun.« Hastig unterbrach sich Raven. »Nicht immer. Und wenn Daria von einer echten, vornehmen Lady spricht, bedeutet das wahrscheinlich, dass sie genauso verknöchert ist wie sie selber. Kein Wunder, dass sie Seine Lordschaft nicht vor den Altar gelockt hat! Eigentlich müsste er den Dänen auf den Knien danken, weil sie ihm so viel Ärger gemacht und dieses Bündnis verursacht haben.«
Endlich lächelte Krysta. »Du meinst, er wäre den Dänen dankbar? Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen.«
Aber dieser Gedanke gefiel ihr und amüsierte sie immer noch, nachdem Raven davongeeilt war. Tiefe Stille erfüllte die Halle. Noch hatten die Vorbereitungen für das Abendessen nicht begonnen. In den Sonnenstrahlen, die durch einige Fenster hereinströmten, tanzten Staubkörnchen. Krysta zog die Knie an, stützte ihre Arme darauf und blickte über Hawkforte hinweg. Seit der Besichtigungstour mit Edvard kannte sie die Festung etwas besser. Trotzdem blieb noch einiges zu entdecken. Von der Stadt unterhalb der Festung wusste sie fast nichts. Nach den zahlreichen neuen Häusern zu schließen, lebten die Bewohner im Wohlstand. Eine so große Gemeinde war ihr fremd und rätselhaft, und sie hatte nie erwartet, sie würde eines Tages von so vielen Menschen umgeben sein. Auch daran musste sie sich erst noch gewöhnen. Während sie überlegte, welchen Platz sie zwischen all den Fremden einnehmen sollte, kam Hawk in die Halle.
In ihre Gedanken versunken, sah sie ihn nicht. Aber er entdeckte sie sofort und blieb wie festgewurzelt stehen. Die Dienerin mit den glanzlosen schwarzen Haaren war verschwunden, ebenso die ätherische Göttin vom
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